Habecks Heizungsgesetz hat bessere Kritiker verdient
Liberale und Konservative, die den Klimaschutz ganz dem Markt überlassen wollen, suchen nur einen Vorwand fürs Nichtstun.
Alles anzeigen[...] Neoliberale Ökonominnen und Ökonomen haben etwas von abgehalfterten Schlagerstars, die vor Jahrzehnten einen Hit gelandet haben und seither auf jeder Bühne dasselbe Lied zum Besten geben. Die Umwelt- und Klimaökonomik geht in ihrer neoklassischen Form auf Arthur Pigou zurück, wurde jedoch in den 1960er Jahren von den Chicago-Boys Ronald Coase und George Stigler, die wie Friedrich Hayek und Milton Friedman der Mont Pèlerin Society angehörten, neoliberal umgedeutet. Diese Strömung begreift die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen als Marktversagen und setzt folglich die Integration der außerhalb des Marktes liegenden Externalitäten in den Preismechanismus als einzig geeignete Lösungsstrategie: »Getting the prices right« wird zum ökologischen Allheilmittel.
Es gibt sicherlich einiges, was rund um die Novelle des GEG kritisiert werden muss. Das dazugehörige Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung aus dem Bauministerium kommt zu spät, was dazu führen kann, dass individuell Entscheidungen getroffen werden, die gesamtheitlich technisch nicht die effizientesten sind. Zum Beispiel ist die Installation einer Wärmepumpe unnötig, wenn das Haus zukünftig ans Fernwärmenetz angeschlossen werden kann. Auch die finanzielle Förderung und der Mieterschutz sind bisher ungenügend ausgestaltet, was den Menschen verständlicherweise Angst bereitet. Unsere energetische Infrastruktur wurde bisher nicht in ausreichendem Maße um- und ausgebaut und wir sind im Handwerk mit einem Fachkräftemangel konfrontiert.
Es ist aber wiederum illusorisch, zu glauben, dass ein ausgeweiteter Emissionshandel diese Probleme für uns lösen würde. Hierbei handelt es sich vor allem um den Versuch, eine soziale und ökologische Krisensituation zu depolitisieren. Anstelle von entschlossenem politischem Handeln wird ein vermeintlich neutraler Mechanismus eingesetzt, der den Menschen angeblich ihre Wahlfreiheit lässt.
Aber von welcher Wahlfreiheit sprechen wir hier? Dass unterschiedliche technische Lösungen in verschiedenen Kontexten angebracht sind, ist nicht gleichbedeutend mit pauschaler »Technologieoffenheit«, die ganz auf den Markt als Entscheidungsmechanismus setzt. Durch eine kommunale Wärmeplanung könnte hingegen ziemlich genau festgestellt werden, welche Art des Heizens für eine Region am sinnvollsten ist.
Auch die fehlende soziale Unterstützung ist ein Problem selbstgesetzter politischer Beschränkungen. Denn natürlich brauchen wir die Einnahmen aus dem Emissionshandel nicht, um den Menschen Klimaschutzhilfen bereitzustellen. Wie auch beim Sondervermögen für die Bundeswehr wäre das Geld da – es fehlt am politischen Willen. In Wirklichkeit ist die desaströse Sozialpolitik der FDP – und Regierungen aller Couleur zuvor – daran schuld, dass selbst eine moderate Verteuerung von Energie zu finanziellen Verwerfungen bei einem Großteil der Bevölkerung führt.
Doch beim Emissionshandel sind steigende Preise notwendigerweise das Steuerungsinstrument. Ein vollständiger Ausgleich der Mehrkosten wäre nach dieser Logik völlig sinnfrei. Letztendlich sollen die Menschen dazu gezwungen werden, ihre Heizung zu tauschen, weil der Betrieb des alten Modells für sie nicht mehr bezahlbar ist. Wie das die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Technologiewandel beim Heizen erhöhen soll, ist nicht nachvollziehbar. [...]