Klimawandel [Sammelthread]

  • ob die Menschen des globalen südens in Massen auf unser Mittelstandsniveau verzichten wollen.

    Steht überhaupt nicht zur Debatte, weil die Menschen des Globalen Südens - mal abgesehen von der Oberschicht - überhaupt nicht in Massen ein Mittelstandsniveau erreichen können, auf dass sie dann verzichten müssten.


    Du machst hier astreinen Eurozentrismus und projizierst einfach die deutsche bürgerliche Ideologie auf den Rest der Welt, nur um dann konstatieren zu können, dass man den Menschen die dort leben ja wohl nicht vorschreiben dürfe, auf welchen bürgerlich-deutschen Lebensstil sie zu verzichten hätten.


    Die Milliarden von Menschen die für unseren Wohlstand in Armut gehalten werden, haben eine viel engere Beziehung zu ihren tatsächlichen Bedürfnissen, weil sie täglich damit zu kämpfen haben, dieselben überhaupt befriedigt zu bekommen. Der deutsche Mittestandsbürger geht hingegen auf die Straße zum Protestieren und schreit "Diktatur", wenn er mal dazu gezwungen ist, ein paar Monate auf Theater, Kino und Kneipe zu verzichten und sich stattdessen halt zu Hause Netflix reinzuziehen und das Essen, mit dem er sich den Wanst vollschlägt, bis er nicht mehr kann, beim Lieferdienst zu bestellen.


    Die Degrowther - die mitnichten nur aus dem globalen Norden kommen - plädieren dafür, den westlichen Überfluss dadurch zu reduzieren, dass man statt die Steigerung von energiehungrigem privatem Wohlstand zum obersten Ziel allen Wachstums zu machen, die Ressourcen und Produktivkräfte lieber für sehr viel sparsameren gemeinschaftlichen Wohlstand nutzen sollte.

    Damit würden dann auch Ressourcen frei gemacht, die in den Ländern des globalen Südens, wo man ohnehin noch viel mehr auf gemeinschaftliche Hilfe angewiesen ist, zur Förderung solchen, von allen geteilten Wohlstandes genutzt werden können.


    Denen vorzuwerfen, sie verhielten sich...

    bevormundend gegenüber dem globalen Süden

    ...ist die hohe Kunst der Tatsacheverdrehung im Sinne einer westlichen ideologie, die ihren bürgerlichen Wohlstands- und Freiheitsbegriff auf individuellen, privaten Wohlstand und auf die permanente individuelle Konkurrenz um die dazu nötigen Ressourcen am Markt gründet, und nicht auf gemeinschaftliche Nutzung von Gütern und Dienstleistungen, die das allgemeine Wohlstandsniveau gerade für jene Menschen deutlich steigern würde, die - auch hier im deutschen Paradies der Exportweltmeister - mangels individueller Kaufkraft bisher davon weitgehend ausgeschlossen bleiben.

  • Deshalb ist es wichtig, dass wir auch bei uns EE ausbauen, um unseren Beitrag zu leisten. Dass unser EE Ausbau nicht zu mehr globalem Wachstum sondern automatisch zu gewünschtem lokalem Degrowth führt, habe ich versucht zu erklären. Unser EE Ausbau ist ein aktiver Beitrag zur Klimagerechtigkeit.

    Das zweifle ich ja nicht an. Die Behauptung aber wir könnten ohne Folgen unsere Verbrennerflotte gegen Teslas ersetzen halte ich für Illusorisch. Nur wenn der Ausbau erneuerbarer mit Einsparungen in allen anderen Bereichen einhergeht werden wir überhaupt einen nennenswerten Beitrag leisten können. Das wird aber gar nicht politisch Diskutiert.

  • Leider hat Utan dann wieder mit platter Kapitalismuskritik derailt.

    Ja Mensch. Immer diese Krittelei am Kapitalismus. Dabei hat der doch mit dem Klimawandel und dem ganzen anderen Ärger überhaupt nichts zu tun und wir sollten als gute deutsche Naturwissenschaftler und Ingenieure lieber das ganze Problem als eine rein technische Herausforderung betrachten.


    Probleme sind ja eigentlich nur dornige Chancen!

  • Meiner nicht repräsentativen Lebenserfahrung nach, habe ich gar nicht das Gefühl, dass unser Lebenskonzept in weniger wirtschaftlich entwickelnden Gesellschaften als sehr erstrebenswert angesehen wird.


    Damit meine ich natürlich alles ab einer bestimmten, lebensnotwendigen Grundversorgung. Das Hamsterrad aber, in dem wir uns abhetzen und ständig versuchen eine gesunde Work/Life-Balance hinzukriegen, erscheint anderenorts als sehr bemitleidenswert.

    Beispiel die Buen Vivir Bewegung in Südamerika


    https://www.rosalux.de/publikation/id/5621/buen-vivir

  • Meiner nicht repräsentativen Lebenserfahrung nach, habe ich gar nicht das Gefühl, dass unser Lebenskonzept in weniger wirtschaftlich entwickelnden Gesellschaften als sehr erstrebenswert angesehen wird.

    Das halte ich für eine ethno-romantische Position, die man tatsächlich nur durch nicht repräsentative Lebenserfahrung erlangen kann.

  • Ich bin voll deiner Meinung, dass es viele im globalen Süden gibt die einen Lebensstil des westlichen Mittelstands wollen. Ich hab mich mit einigen Geflüchteten darüber unterhalten, aber denen ist vollkommen klar, dass das nur durch Migration in den Westen möglich ist diesen Lebensstil zu erfahren, ebenso wie dass der Westen jegliche Entwicklung in ihren Herkunftsländern unterbindet.


    Deine Vermutung, dass irgendjemand im globlen Süden glaubt, dass diese Entwicklung im globalen Süden stattfinden könnte, teilte niemand mit dem ich geredet habe.


    Die Realität des Imperialismus ist bei den Ausgebeuteten viel präsenter als bei den Profiteuren in unserem Land.

  • Das halte ich für eine ethno-romantische Position


    Da ist überhaupt nichts "romantisches" dran.


    Die aus indigenen Bewegungen hervorgegangenen Zapatisten in Mexiko zum Beispiel haben ihr gemeinschaftliches Projekt, Kaffee in kooperativen anzubauen und zu exportieren, ohne dass sich dabei irgendein Konzern die Taschen vollmachen kann nicht gegründet, weil sie reiche Hippies waren, die mal ein bisschen aussteigen wollten, sondern weil die Alternative gewesen wäre, sich für Hungerlöhne kaputt zu arbeiten, damit die großen Exporteure dann die geernteten Bohnen möglichst billig in den globalen Norden zur Weiterverarbeitung verkaufen, und sich dabei trotzdem noch dumm und dämlich verdienen können.


    Das ist trotzdem harte Arbeit auf den Plantagen, die sich auch nur lohnt, weil man mit Handelskooperativen im Westen, wo die zahlungskräftige Kundschaft sitzt, zusammenarbeitet, aber die Kaffebauern müssen sich halt nicht mehr unter übelsten Bedingungen von Kapitalisten ausbeuten lassen. Da geht's primär darum, einen menschenwürdigen Lebensunterhalt zu haben, und nicht darum, dass sich jeder ein Einfamilienhäuschen mit Garage und swimming pool leisten, und dreimal im Jahr in Urlaub fliegen kann.

  • Das Problem sind ja nicht eine Milliarde Bewohner des Westens, denen ein bisschen Degrowth gut zu Gesicht stünde, sondern die anderen sieben Milliarden in den Wachstumsmärkten. Die werden sich mit Degrowth nicht zufrieden geben. Egal ob im indischen Kapitalismus oder in der chinesischen Variante, wollen die alle noch ihren PKW und ihre Einbauküche.

    Aber wenigstens die reichen Chinesen und Inder müssen doch Degrowth machen? Oder ist das so ein westliches Kollektivschuld Dingens?


    Einen Zubau an PV und Windkraft können wir gar nicht durch Wachstum erreichen, weil die Summe der in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden nicht mehr zunehmen wird.

    Bei steigender Produktivität, müssten aber Arbeitsstunden frei werden.

  • Das ist rein rechnerisch vom CO2-Ausstoß der letzten anderthalb Jahrhunderte her betrachtet auf jeden Fall so ein westliches Kollektivschuld Dingens.

    Dann haben die reichen Chinesen und Inder nochmal Glück gehabt und dürfen ihren Luxus behalten.

  • Ja, die Diskussion hatte auch auf mich den Eindruck gemacht, als dass hier sinnbildlich nicht die mittelständische Angst vor dem sozialen Absturz in das Prekariat befürchtet, sondern die Degradierung Deutschlands zu einem Drittweltstaat beschworen wird. Ich mein, klar, die Angst ist nachvollziehbar und ich spür das auch ständig - aber das liegt daran, dass mir diese Sichtweise seit Geburt eingetrichtert wird. Scheiße nur, dass wir bei all dem Reichtum und Wohlstand in den letzten 80 Jahren hier ständig so beschissen drauf waren. Man hätte es ja auch einfach abfeiern können.

  • @Blechmann


    Bevor Du jetzt Schampus aufmachst, weil Du so eine schöne Milliardärsliste gefunden hast - Denk doch einfach nochmal darüber nach, warum die Liste mit den meisten Milliardären pro Land sich so deutlich von der mit dem größten Pro-Kopf Vermögen pro Land unterscheidet, und warum auf Letzterer unter den ersten dreißig Plätzen weder China noch Indien, noch sonst irgendein Schwellen- oder gar Entwicklungsland zu finden ist.

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