Was die Rohstoffe angeht; da habe ich ehrlich gesagt kein Wissen zu und will es auch nicht behaupten.
"Grüne Zentren, zerstörte Peripherien
Die Elektrifizierung des Individualverkehrs ist im Verkehrssektor die dominante Antwort auf die Klimakrise. Das E-Auto verspricht eine zukunftsweisende umwelt- und klimafreundliche Art der Fortbewegung, wodurch die Luftqualität verbessert, Lärmbelastungen reduziert und der Ausstoß von Treibhausgasen vermieden wird. Die Analyse der dem Ausbau der E-Mobilität zugrunde liegenden ressourcenintensiven Produktionsmuster zeigt jedoch, dass die automobile E-Mobilität nicht mit einer Reduzierung des Energie- und Materialverbrauchs einhergeht5.
[…] Positive ökologische und ökonomische Effekte entstehen durch die Senkung von Lärm- und Schadstoffbelastungen in ›grünen‹ Städten wie San Francisco und die dortige Ansiedlung von Unternehmen der Elektromobilitätsbranche. Die ökonomische Wertschöpfung findet außerdem primär in den US-amerikanischen industriellen Produktionszonen für E-Autos und Batterien statt, in denen insbesondere bei der Batterieherstellung hohe CO2-Emissionen entstehen.
Auch japanische, chinesische und US-amerikanische Bergbauunternehmen profitieren von der steigenden Nachfrage nach Rohstoffen für die Batterie-produktion. In der Regel finden die letzten Stufen der Rohstoffverarbeitung und damit der weitaus größte Teil der ökonomischen Wertschöpfung nicht in den ressourcenfördernden Ländern, sondern in den Herkunftsländern der Bergbauunternehmen statt. Zur Weiterverarbeitung wird Nickel von den Philippinen nach Japan, Kobalt aus der DR Kongo nach China und Lithiumaus Argentinien und Chile in die USA verschifft.
Auch wenn mit der Ausweitung des Bergbaus in begrenztem Umfang Arbeitsplätze und Infrastrukturenvor Ort geschaffen werden, tragen die Bergbauregionen in erster Linie die sozial-ökologischen Kosten des Rohstoffabbaus in Form von Umweltdegradationen, Beeinträchtigung von Lebensunterhalten und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen. Fernab der Orte der Nutzung von E-Autos im Globalen Norden geht die ökologische Modernisierung der imperialen Mobilitätsweise des Globalen Nordens (Brand/Wissen 2017) somit mit dem Zugriff auf metallische Rohstoffen im Globalen Süden und der Externalisierung von sozial-ökologischen Kosten in die Bergbaugebiete einher. […]
Klar ist, dass die konventionelle fossile Mobilität auch mit sozial-ökologisch schädlicher Rohstoffextraktion und zudem mit einem hohen CO2-Ausstoß einhergeht und daher keine Alternative darstellt. Stattdessen müsste einerseits die derzeit schon stattfindende Rohstoffförderung für die E-Mobilität stärker sozial- und umweltverträglich reguliert werden. Andererseits ist die absolute Reduktion des Ressourcenbedarfs und die Verkleinerung und Regionalisierung von GPN [globale Produktionsnetzwerke] unumgänglich, um die Externalisierung sozial-ökologischer Kosten einzuschränken.
Da dies mit einer autozentrierten Mobilitätsstrategie nicht machbar ist, braucht es eine an den Prinzipien der Ressourcensuffizienz und Ressourcengerechtigkeit orientierten Mobilitätswende durch den Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, der Fuß-und Radinfrastruktur und der Sharing-Angebote sowie die stadtplanerischeOrientierung am Leitbild der Stadt der kurzen Wege (Brunnengräber/Haas2018; Kalt/Lage 2019)."
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Tobias Kalt, E-Mobilität auf Kosten anderer? Zur Externalisierung sozial-ökologischer Kostenentlang globaler Wertschöpfungsketten, Bielefeld 2020, S. 319 - 321.(→PDF S. 13 -15)
Hmmm…
Ausbau
von ÖPNV, Fuß- und Radwegen - wer
da wohl was dagegen hat?
Unter anderem diese strahlende Lichtgestalt der kreativen Technologieverwertung hier:
[…] To much of the tech press, Musk’s every utterance is gospel. Alongside the frequent (positive) comparisons to Steve Jobs comes the idea that simply because Musk has built some successful companies, he must be infallible; if he claims to know the solution to the transportation crisis the United States is facing, he must be right. After all, he’s a rich entrepreneur, and if there’s anything the past couple decades of US political discourse has taught us, it’s that you always trust the entrepreneur.
But the reality is that Musk’s ideas around transportation are at best “half-baked” or at worst designed to delay the construction of transportation infrastructure that could pull the United States into the twenty-first century.
Does that mean everything Musk touches is problematic? Not necessarily. He definitely deserves some credit for elevating the profile of electric vehicles and helping to push the industry in that direction, but, with regard to transportation, that’s about it. His vision of the future is not emancipatory or even particularly innovative; it’s actually quite conservative.
Musk’s imagination struggles to stray outside the confines of automobility; every one of his supposed solutions has vehicles — Teslas — at its core.[...]
Aber natürlich ist auch dieser illustre Kreis deutscher Großentrepreneure hier ganz angetan von der Aussicht auf zukünftige Profite aus der Vermarktung des elektrifizierten Individualverkehrs:
"Grundsätzlich ist die deutsche Automobilindustrie der Idee von Elektroautos nicht abgeneigt, da sie den bisherigen Status des Autos in einer zukünftigen Mobilität aufrecht erhält: „Als Automobilhersteller bietet uns die Digitalisierung der Gesellschaft die Chance, auch in Zukunft dem Auto einen Platz in der Stadt zu sichern“, sagt Rupert Stadler, Vorstandsvorsitzender von Audi (zitiert nach: Roland Berger / BDI 2015).
Branchenvertreter*innen hoffen, dass Deutschland nicht nur Produktionsstandort für Elektroautos, sondern auch für die Batterie- und Zellproduktion werden kann.
Laut
McKinsey könnten bis zu 75 Prozent der Wertschöpfungskette in
Deutschland stattfinden, die restlichen 25 Prozent entfielen
lediglich auf den Einkauf von im Land nicht vorhandenen Rohstoffen.
Aus entwicklungspolitischer Perspektive ist dies höchst bedenklich,
da die Wertschöpfung nicht in den Ländern stattfindet, in denen die
Rohstoffe abgebaut werden. Stattdessen werden sie auf die Rolle des
Rohstoff lieferanten reduziert und müssen die sozialen wie
ökologischen Kosten des Abbaus alleine tragen (vgl. PowerShift 2012)"
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Hannah Pilgrim, Merle Groneweg, Michael Reckordt: Ressourcenfluch 4.0 Die sozialen und ökologischen Auswirkungen von Industrie 4.0 auf den Rohstoffsektor, Berlin 2017, S. 14-15 (-> PDF)
Unsere „Wirtschaft“ setzt sich ohnehin schon länger mit vollem Elan dafür ein, dass der Vermarktung neuer Technologie keine politischen Handelsbarrieren bei den Rohstofflieferketten in den Weg gestellt werden:
"[...] Anfang der 2000er-Jahre gründete sich der „Ausschuss für Rohstoffpolitik“ im BDI. Das Ziel war, die vorher nur in Fachgremien der Industrie diskutierte Rohstoffpolitik auf die bundespolitische Tagesordnung zu setzen. In dem Interessensverband der Industrie ist traditionell die rohstoffverarbeitende Industrie stark vertreten. Es begann eine kontinuierliche Lobbyarbeit mit mittlerweile fünf BDI-Rohstoff kongressen, um den politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen (Reckordt 2016a).
Dieter Ameling, damaliger Präsident der Wirtschaf tsvereinigung Stahl, kritisierte auf dem ersten Kongress im Jahr 2005 öffentlich, dass in der deutschen Politik in der Vergangenheit „der zentralen Bedeutung der Rohstoffversorgung nicht ausreichend Rechnung getragen“ wurde. Außenhandelspolitik sei vor allem als „Instrument zur Öffnung von Absatzmärkten“, aber nicht als „Beitrag zur Rohstoffsicherung“ verfolgt worden. Doch Deutschland könne nur „dann Exportweltmeister bleiben, wenn die Unternehmen freien und fairen Zugang zu den internationalen Rohstoffmärkten“ erhielten (zitiert nach: Fuchs und Reckordt 2013). Die zentrale Forderung wurde deutlich: der ungehinderte Zugang zu den globalen Rohstoffmärkten zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie.
Auf dem zweiten BDI-Rohstoffkongress 2007 wurden nicht nur die „Elemente einer Rohstoffpolitik“ von der damaligen großen Koalition vorgestellt, sondern auch ein Interministerieller Ausschuss (IMA) Rohstoffe gegründet. Darin tauschen sich alle beteiligten Ressorts unter Federführung des Wirtschaftsministeriums zur aktuellen Rohstoffpolitik aus. Mit dabei der BDI als „Sachverständiger“, aber keine Vertreter*innen von Gewerkschaf ten oder Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen.
Im Oktober 2010 präsentierte die Bundesregierung dann die „Rohstoffstrategie der Bundesregierung“ auf dem dritten BDI-Rohstoffkongress. Während die Industrie eng eingebunden war, wurden die Betroffenen in den Abbaugebieten oder die deutsche Zivilgesellschaft weder konsultiert noch einbezogen (Reckordt 2016a).
Die Rohstoffstrategie der Bundesregierung liest sich wie der Forderungskatalog der Industrieverbände: Diese beanspruchen weitere Freihandelsabkommen (vgl. Jaeger 2016), eine kohärente Rohstoffdiplomatie und Streitschlichtungsklagen im Rahmen der Welthandelsorganisation. Vor allem handelspolitische Maßnahmen anderer Länder, wie Exportzölle oder -quoten sowie Importvergünstigungen, sollen als Wettbewerbsverzerrungen mit harten Instrumenten (Klagen) und einer Rohstoffdiplomatie beschnitten werden. Die Strategie verspricht darüber hinaus eine stärkere Unterstützung der Industrie bei der Diversifizierung der Rohstoffquellen, etwa über staatliche Kredite und Investitionsgarantien, geologische Vorerkundungen und eine verbesserte Datenbereitstellung. Zur Beratung wurde die Deutsche Rohstoffagentur unter dem Dach der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe gegründet, die als Dienstleister der Industrie fungiert (Reckordt 2016a). [...]"
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ebd., S. 37-38