Mal nen Einblick aus der Praxis. Projekte, die wir (Stadtwerk in einem 50.000 Einwohner Dorf) innerhalb der nächsten 2-4 Jahre, wenn es nach mir ginge, unbedingt umsetzen sollten.
1. Verwertung von Bio- und Grüngut in Verbindung mitPflanzenkohle
Das Konzept ist gar nicht so schlecht. Seit Jahren wird unser Landkreis dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht gerecht und betreibt keine anständige Trennung von Bioabfall und Hausmüll. Es gab kein überzeugendes Konzept zur Verwertung. Nun könnte sich da eine Tür auftun. Gemeinsam mit den Kreiswerken und einem weiteren Investor soll eine Vergärungsanlage entstehen. Der Clou: Beheizt wird der Vergärungsprozess von einer Pyreg-Anlage, einer Anlage die emissionsfrei aus holzigem Grünschnitt Wärme und Pflanzenkohle generiert. Es handelt sich bilanziell um ein negatives CO2-Verfahren, da CO2, das über den Prozess der Kompostierung normal in die Atmosphäre gelangt wäre, nicht mehr an die Atmosphäre gelangt, sondern in der Pflanzenkohle gebunden wird.
Die Pflanzenkohle hilft anschließend bei der Vergärung und harmonisiert den Prozess. Die Methanausbeute steigt um ca. 6%. Das Methan wird anschließend über eine 3 Km lange Gasleitung zu einem BHKW transportiert, das in ein Heiznetz innerhalb eines Wohngebiets einspeist.
Die Gärreste ergeben gemeinsam mit der Pflanzenkohle, sowie dem normalen Kompost, ein sogenanntes „Terra-Preta“-Substrat. Ein besonderer Kompost mit dem die Indianer Südamerikas ihre Böden fruchtbar machten. Die Pflanzenkohle fungiert als Nährstoffschwamm, muss allerdings über Kompostierung oder Vergärung zuvor entsprechend aufgeladen werden. Die Böden brauchen dann kaum noch Dünger, sind hitzeresistenter und es wird auch viel weniger Nitrat ausgewaschen (Schwamm-Effekt)
Maximal 4.000 Tonnen CO2/a ließen sich somit bei uns einsparen. Mal schauen ob es etwas wird. Fördermittel gäbe es durchaus nennenswert.
2. Innovative KWK-Anlage
Ein „innovatives KWK-System“ besteht aus einer Power to Heat- Komponente, einer Wärmekomponente, die Umweltwärme ohne Verbrennungsprozesse einspeist (keine Abwärme) sowie einer klassischer BHKW-Anlage.
Um an die wirklich beachtlichen Fördermittel dafür zu kommen muss man dafür sorgen, dass 30% der eingespeisten Wärme aus der Umweltwärme kommt. Es werden nur 3.500 Volllaststunden der BHKW-Module pro Jahr bezuschusst.
Das heißt: Es handelt sich um ein System, das grundsätzlich elektrisch „überbaut“ ist (BHKWs sind keine Dauerläufer) und das Stadtwerke in unserer Größe in die Lage versetzt flexibel Wärme zu erzeugen, bzw. Strom abzunehmen oder zu erzeugen. Solche Anlagen sind als systemstabilisierend einzuordnen und können zudem von heute auf morgen auch völlig ohne Erdgas laufen.
CO2-Einsparungen lassen sich schlecht berechnen, da Kraftwerke preisabhängig vor allem an EE-schwachen Tagen laufen würden. Die Umweltwärme käme aus dem Fluss an welchem die Stadt liegt. Die Firma Johnson Controls stellt Hochtemperatur-Wärmepumpen her, die mit Quelltemperaturen von 8Grad durchaus mit 85Grad und mehr in einen Heizkreis-Vorlauf einspeisen kann...bei einem Wirkungsgrad th/El von 3....
3. Industrieabwärme nutzen
Am Rande unserer Stadt befindet sich ein großes Gewerbegebiet. Ansässig sind dort Metzgerei, Großbäckerei, Galvanisierungsprozesse, Glasfaserhersteller, ein Krankenhaus, Werkzeughersteller etc.. Schon lange denke ich darüber nach wie das energetische Nutzungsverhalten des einen Akteurs zum Nutzungsverhalten eines 2 Akteurs passen könnte, sodass in Summe CO2 gespart wird. Der Antrag auf Fördermittel für eine Studie ist jetzt beim Bürgermeister weil der im Gegensatz zu uns 95% gefördert bekommt. Das passiert aber...klar... bin gespannt was da drin ist, glaube aber, dass es erst so richtig Spaß macht wenn einzelne Komponenten wie Wärmepumpen, BHKWs, PV oder Solarthermieanlagen dazu gebaut werden. Das wird sicher ein wichtiger Teil des Ergebnisses sein.
Jo....das machen wir so gerade...bzw. würde ich es alles sehr gerne sofort umgesetzt sehen, wenn der kaufmännische Leiter nicht lieber irgendein Rückhaltebecken sanieren lassen würde und dann kein Geld mehr für mich hat. Manchmal denke ich ja, ich sollte hier Ideen klauen...aber so richtig machbar war bislang wenig...
Sollte jetzt mal son Blick darauf sein womit ich mich, bzw. mein Stadtwerk so beschäftigen. Es sind halt alles sehr langfristig zu planende Vorhaben, weil das Geld nicht besonders locker sitzt, obwohl die Fördermittel auf lange Sicht mehr als ausreichen...aber so ist das eben. Ich eskaliere da auch nur noch.