Populismus - Freund oder Feind der Linken?

  • Er spricht doch alle drei Punkte an. Er schreibt aber auch dazu, dass man Wagenknecht nicht alleine Verantwortlich machen sollte, und dass diese öffentlich vorgebrachten gegenseitigen Beschuldigungen auf beiden Seiten der Debatte die WählerInnen vergrault hätten.

    Und ich gehe mal davon aus, dass er da als Vorstandsmitglied durchaus die Haltung der neuen Parteiführung repräsentiert.


    Ich glaube auch, dass er damit völlig recht hat, weil die eine Hälfte der von der Fahne gegangenen WählerInnen Wagenknecht beim Wort, und DIE LINKE nur noch als Vertretung urbaner, elitärer "lifestyle-linker" Akademiker*innen wahrnahm, und die andere Hälfte sie im Gegenzug - nicht weniger hirnlos - für unwählbar erklärte, so lange sie eine angebliche Querfront-Rassistin wie Wagenknecht weiter in ihren Reihen dulde.


    Der Blick auf die im Artikel erwähnten DW-Enteignen und die Norwegische Linke, oder auf den Wahlerfolg der Grazer KPÖ zeigen deutlich, dass das eigentliche Problem nicht die Klärung einer binären Entscheidung zwischen diversity oder (gefühlter) Stammwählerschaft ist, sondern der traurige Umstand, dass sich die deutsche Linke (wie auch viele andere sozialistische Parteien in Europa) auf beiden Seiten dieser Debatte - auch Wagenknechts Position ist "akademisch" und stärker von persönlichen Befindlichkeiten als von einer echten Verbundenheit mit den "kleinen Leuten" geprägt - von der Beschäftigung mit den konkreten materiellen Verhältnissen entfernt hat und sich in moralisch überladenen Scheingefechten aufreibt, die für eine Mehrheit der Leute im Alltag eigentlich kaum Relevanz hätten, wenn man sie ihnen nicht ständig medial unter die Nase reiben und damit die konservative und "liberale" Erzählung von "den" Linken als wahlweise verkopfte, postmoderne Realitätsverweigerys oder als national-sozialistisches Spiegelbild des rechten Hufeisenpols vorhalten würde.

  • Korrigiere mal den Link Utan. Der führt nicht zu Telepolis.

    Ist das jetzt ein Vorwurf, dass Kritik ohne dabei selbst direkt ne Lösung zu präsentieren schlecht und schädlich ist?

    Oder geht der Vorwurf an den Zeitpunkt?

    Oder an die Antwort(en) auf die Kritik?

    Ich lese da vor allem den Vorwurf, sie würde rechte Themen beackern. Wenn der Hinweis darauf, dass die PiS (oder die AFD im Osten) mit sozialen Themen und lebensnaher Politik Wähler gewinnen, während die Linke mit dem Gegenteil in vielen Regionen ihre Identität aufgibt rechts sein soll, kann man diesen so gut relativieren. Gleiches gilt für die Kritik an der oft undifferenzierten Haltung zur Aufnahme von Flüchtlingen, die in meinem Freundeskreis nicht mal Grünenwählery so mittragen.


    Die Erklärung, die sich der gute Mann zurechtgelegt hat, ignoriert auf der einen Seite die vielen erfolgreichen internationalen linken (sozialdemokratischen) Kampagnen, auf die ja hingewiesen wurde. Auf der anderen Seite nimmt sie ausgerechnet die SPD als Vorbild, vermutlich wegen der aktuellen Ergebnisse und einem selektiven Blick auf die Wählerwanderung. Dass die SPD nur deshalb Wähler anzog, weil mit ihr noch Schlimmeres verhindert werden sollte, bleibt unberücksichtigt.


    Ich finde das insofern interessant, als ja ein immer wieder vorgebrachter Vowurf an W. war, sie sei nicht mehr links genug und vetrete bestenfalls noch sozialdemokratische Ideen von vorgestern.


    Ich glaube, ein in linken Kreisen immer wieder zitierter oder manchmal plagierter Beitrag eines Gewerkschaftsökonomen und wechselweise SPD- und Linkenmitglieds schaffte es zuletzt sogar zur Vorlage einer Sendung der Anstalt. Einen echten Hit hat der Mann da gelandet.


    Ich halte es auch für mythische Interpretation, welche die linksverachtenden Medien gerne aufnahmen, dass W. Mit ihrer Kritik in erster Linie Die Linke im Sinn hatte. In einem Interview erwähnte sie vor einer Weile wieder, dass gerade die SPD ihrer Ansicht nach noch viel stärker von der Entwicklung betroffen wäre. Die Grünen mit ihrer Selbstdemontage bei der Kandidatykür müssen wir da gar nicht weiter erwähnen.


    Man kann das jetzt so machen, wie dieser Bundesvostand und die Schuld suchen, ohne direkt Schuldzuweisungen zu machen. Oder man überlegt sich, wie man die Wähler überzeugt, für die man dem Programm nach immer noch antritt.


    Wenn sich die Linke jetzt an der SPD orientieren soll, gleicht das auf der einen Seite der völligen Selbstaufgabe und ist auf der anderen an Ironie nicht mehr zu übertreffen, auf etlichen Ebenen.


    Wem W.s Analyse nicht gefällt, für den gibt es noch genug andere, die vielleicht ein wenig diplomatischer formuliert sind, aber dafür dann ausschließlich an die Partei adressiert und nicht an das gesamte Lager.



    Um die Auseinandersetzung mit der Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Wähler wird man nicht herumkommen oder untergehen.


    Am besten fragt man da aber ohnehin nicht in der Partei nach Ursachen, sondern bei den Wählern, die weggewandert sind, wie De Masi ebenfalls anmerkte. Der fand es wohl auch daneben, als einige Parteimitglieder auf Twitter nach Ursachen fragten.

  • Korrigiere mal den Link Utan. Der führt nicht zu Telepolis.

    Den hatte ich zwar schon gut anderthalb Stunden vor Deinem Beitrag korrigiert und das extra nochmal drunter geschrieben...

    [Edit: falschen Link zum Artikel korrigiert]

    ...aber das war ja in diesem Fall offensichtlich gar nicht nötig, weil Du den Artikel entweder gar nicht gelesen, nicht verstanden, oder halt mit Gewalt so interpretiert hast, dass er Deiner offenbar von Wagenknecht und ihrem alternativmedialen Support aus dem NachDenkSeiten-Umfeld übernommenen Theorie von der LINKEN als Hort abgehobener Lifestyle-Linker passt, die Wagenknechts Kritik nicht hören wollten, denn sonst hättest Du ja Vorwürfe wie diesen hier nicht anbringen können:

    Wenn der Hinweis darauf, dass die PiS (oder die AFD im Osten) mit sozialen Themen und lebensnaher Politik Wähler gewinnen, während die Linke mit dem Gegenteil in vielen Regionen ihre Identität aufgibt rechts sein soll, kann man diesen so gut relativieren. Gleiches gilt für die Kritik an der oft undifferenzierten Haltung zur Aufnahme von Flüchtlingen, die in meinem Freundeskreis nicht mal Grünenwählery so mittragen.

    In dem Artikel wird mit keinem Wort behauptet, dass Wagenknecht aufgrund ihrer Kritik "rechts" sei, sondern nur festgestellt, dass sie Themen aufgreift, die sich auch Rechte zu eigen machen. Das ist ein Unterschied. Von "Flüchtlingen" ist überhaupt nur insofern die Rede, als der Autor konstatiert, eine Strategie, die...

    Etwas weniger Gendersternchen, Migration und etwas mehr nationale Identität

    als "Geheimrezept" behaupte, sei bei weitem nicht ausreichend, um das verlorene Arbeitermillieu im Osten wieder für die Linke zu gewinnen. Auch das ist kein Vorwurf an Wagenknecht, sich zu weit nach rechts bewegt zu haben, sondern eher einer, der ihr eine allzu oberflächliche Analyse bescheinigt.


    Es wird hingegen explizit und durchaus wohlwollend darauf verwiesen,...


    Im Gegensatz zu manch anderem macht sie sich über die Krise der Sozialdemokratie und den Aufstieg der Rechten wenigstens vertiefte Gedanken.

    ...dass Wagenknecht sich über den Aufstieg der Rechten im Gegensatz zu "manch anderem" "wenigstens vertiefte" Gedanken mache. Er fährt dann nur fort, indem er feststellt, dass eine Rückholung der WählerInnen, welche die AfD tatsächlich aus einer konservativen bis rechten Haltung gewählt hätten, indem man...

    Wagenknecht knüpft explizit an die internationale Debatte um den Rechtsruck an. Sie will die verlorenen Arbeiter von der AfD zurückholen und knüpft damit bewusst an viele Themen der Rechten an. Letztlich ist bei der AfD nicht viel zu holen, weil es eher konservative Arbeiter oder Jüngere ohne Parteibindung sind, die die AfD anspricht.

    Wichtiger wäre es die vielen ehemaligen Wählerinnen und Wähler der SPD gerade in diesen Gebieten zu gewinnen, statt die klare Abgrenzung nach rechts und damit das eigene Profil aufzuweichen. Und hier ließe sich tatsächlich etwas von den internationalen Diskussionen lernen.

    ...wie Wagenknecht, an rechte Themen "anküpft" (nicht: Sie sich voll und ganz zu eigen macht!), keine Aussicht auf Erfolg habe, und dass es vielmehr darum gehen müsse, NichtwählerInnen (an die die LINKE bei dieser Wahl mehr als drei mal so viele Stimmen verlor wie an die AfD), und vor allem all jene, die sie an die sPD verlor (fast sechs mal so viele wie an die sogenannte "Alternative") anzusprechen - und zwar explizit mit stärkerer Konzentration auf klassische Arbeitermillieus.


    Ebenfalls wird in dem Artikel keinesfalls erwähnt,...

    Wenn sich die Linke jetzt an der SPD orientieren soll, gleicht das auf der einen Seite der völligen Selbstaufgabe und ist auf der anderen an Ironie nicht mehr zu übertreffen, auf etlichen Ebenen.

    , die LINKE solle sich an der sPD orientieren. Der Autor schreibt sogar ganz explizit, dass es darum ginge WählerInnen abzuholen, die von der sPD enttäuscht wurden - was ja überhaupot der Grund dafür war, dass sich des sPD-Abtrünnigen Herrn Lafontaines WASG damals überhaupt mit der PDS vereinigte, und was auch immer wieder Jahre lang von Wagenknecht selbst als Ziel formuliert wurde.


    Es ist zudem eine schöne Verdrehung der Tatsachen, dass in dem Artikel...

    Man kann das jetzt so machen, wie dieser Bundesvostand und die Schuld suchen, ohne direkt Schuldzuweisungen zu machen. Oder man überlegt sich, wie man die Wähler überzeugt, für die man dem Programm nach immer noch antritt.

    irgendeine Schuld "ohne direkt Schuldzuweisungen" gesucht würde. Nur weil Du selbst gerne Schuldzuweisungen machst und sie dann ohne klare Adressaten passiv-aggressiv ins "Allgemeine" hinein raunst,...


    Ich finde das insofern interessant, als ja ein immer wieder vorgebrachter Vowurf an W. war, sie sei nicht mehr links genug und vetrete bestenfalls noch sozialdemokratische Ideen von vorgestern.


    Ich glaube, ein in linken Kreisen immer wieder zitierter oder manchmal plagierter Beitrag eines Gewerkschaftsökonomen und wechselweise SPD- und Linkenmitglieds schaffte es zuletzt sogar zur Vorlage einer Sendung der Anstalt. Einen echten Hit hat der Mann da gelandet.


    ...solltest Du vielleicht anderen Leuten nicht unterstellen, dass sie ebensowenig Mut haben, ihre Meinung klar zu äußern und zu adressieren.


    In dem Artikel wird vielmehr die auch schon von der Parteiführung vertretene Linie fortgesetzt, sich jetzt genau nicht in der Klärung der Schuldfrage oder irgendwelchen Personaldebatten zu ergehen (wie dass z.B. auch Herr Jung auf twitter forderte), sondern daran zu arbeiten, worauf die Partei zukünftig ihre inhaltliche Arbeit konzentrieren sollte:

    Zitat

    Aus Bewegungen wie Deutsche Wohnen & Co. enteignen muss die Linkspartei Kraft tanken ohne Arbeiter und Akademiker gegeneinander auszuspielen.[...]

    Dazu gehören eine linkspopulistische Ansprache, mehr Zuspitzung und ein Fokus auf soziale Themen und auch mehr Mut zur regionalisierten Ansprache. Die Menschen Bitterfeld ticken beim Klimathema eben anders als in Berlin.[...]

    Ob Klimaschutz oder Krisenkosten - beides wird massiv Geld verschlingen und sowohl die Grünen als auch die SPD haben dazu kaum Finanzierungsvorschläge gemacht. Kommt die Jamaika-Koalition werden die Kosten des Klimawandels mit großer Sicherheit über Gebühren und Steuern auf die Mehrheit der Bevölkerung abgewälzt.

    Das wird große Auseinandersetzungen und viel Unmut provozieren. Die Linke kann und muss dann gegen unsoziale Massensteuern auftreten - übrigens auch aus ökologischen Gründen. Wer Klimaschutz gegen die Mehrheit macht, nützt dem Menschheitsanliegen Klimaschutz null komma null. Das wird umso schwerer, weil die Fraktion sämtliche profilierte Klimapolitiker mit der Wahlniederlage verloren hat.[...]

    Zu wenig Beachtung findet bislang auch der sich verstärkende Fachkräftemangel. Weniger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt führt früher oder später zu erhöhtem Selbstbewusstsein bei den Beschäftigten. Wenn es dann zu stärkeren Auseinandersetzungen kommt, muss Die Linke endlich ihre Scheu vor einer aktiven Betriebspolitik ablegen und stärker in und mit den Gewerkschaften der Regierung für soziale Reformen Druck machen.


    Das ist alles keine radikale Kapitalimsukritik, sondern klassisch links-sozialdemokratische Themen die überhaupt nichts mit "lifestyle", Gendersternchen oder Identitätspolitik zu tun haben, und auch nichts mit irgendwelchen abgehobenen "Akademikermillieus "- es sei denn man betrachtet den Klimawandel als reines Luxusproblem des Bourgeoisie-Nachwuchses, oder als reine Panikmache irgendwelcher "Eliten", um nach dem Ende der Pandemie auch weiterhin ein Druckmittel für den Great Reset™ aufrecht zu erhalten.


    Man könnte also auch sagen, dass Wagenknechts Kritik in der Parteifühurng nicht nur gehört wurde, sondern zum Teil auch in die Tat umgesetzt werden soll. Aber das könnte man natürlich nur, wenn man sich mal von den "Narrativen" lösen würde, die man sich nicht nur in gewissen Alternativ-Medienkreisen über die "lifestyle"-Linken erzählt, sondern die auch ganz gezielt von den politischen Gegnern im bürgerlichen Mainstream verbreitet werden.


    Es ist jedenfalls gruselig-faszinierend, wie man sich so in ein Feindbild verbeißen kann, dass man alles was dazu geschrieben wird, darauf passend macht, auch wenn es überhaupt nicht darauf passt.

  • Wenn ich so überlege stimmt das schon in dem Artikel. Ich hab Wagenknecht auch vorgeworfen, dass sie die üblichen sozialdemokratischen Talkingpoints wiederholt wie alle anderen Parteien. Aber vielleicht gehts ihr ja gerade darum, die Wähler erstmal wieder genau dort abzuholen, bei normalen Reformen, die kurzfristig ihre Lebenssituation verbessern und weniger um die großen Alternativen, die können ja immernoch später kommen (müssen es auch). Guter Artikel und Posts Utan

  • Projection is a hell of drug, Utan.

    Ich hatte tatsächlich nur den von dir zitierten Teil gelesen, weil der Link nicht funktionierte, zum Zeitpunkt als ich darauf geklickt habe und die Geschichte für mich ohnehin erledigt ist. Warum du meinen Hinweis schon wieder als persönlichen Angriff wertest, weist wohl auch nur du.


    Tatsächlich muss ich mir vorwerfen, sogar den Auszug daher nur überflogen und die Sache mit der AFD und Rechts daher komplett missverstanden zu haben. Insofern ist meine Kritik in dieser Hinsicht natürlich verfehlt.


    Was meinen Hinweis auf den viral gegangenen Artikel von Michael Wendl angeht, bleibe ich aber dabei. Dessen Schlussfolgerung es handle sich um Klassenverrat wurde doch auch von dir vor einiger Zeit rezitiert. Auf diese Art und Weise hat man sich öffentlichkeitswirksam in Verbitterung auseinandergesetzt. Da hilft es dann auch wenig, wenn im Hintergrund einsichtig die Strategien anpasst werden. Die Spannungslinie bleibt medial präsent, Wortmeldungen aus dem Inneren tun dann ihr Übriges.


    Die W. ist als Person ohnehin verbrannt und wird für die nähere Zukunft bei den Linken garantiert keine Rolle in der ersten Reihe mehr spielen können. Die Konfliktlinie ist aber deshalb noch lange nicht aufgelöst.


    Man muss auch einfach anerkennen, dass die im Wahlkampf und vom Spitzenpersonal ausgebenden Themen nicht glaubwürdig vermittelt werden konnten, obwohl denen diesbezüglich gar nichts vorzuwerfen ist.

    Ich behaupte jedenfalls nicht, dass die Linke und besonders das Spitzenpersonal es damit nicht sogar ernst meinen würde. Aber die Partei als Ganzes vermittelt eben immer noch eine gespaltenen Eindruck, inklusive Sündenbockmentalität. Dementsprechend kann man es den Wählern überhaupt nicht übel nehmen, dass sie nicht daran glauben.


  • https://www.deutschlandfunk.de…ml?dram:article_id=503788


    Gysi: Das war überhaupt nicht hilfreich. Diese Gefechte sind wirklich – die sind auch so selbstsüchtig, wissen Sie. Es geht dann immer nur um die Person selbst, es geht ja gar nicht darum, wirklich Wählerinnen und Wähler zu gewinnen, also bei bestimmten Leuten, wobei ich Katja Kipping immer wirklich zugutehalte, sie geht wirklich zum Jobcenter, sie setzt sich dort ein für Hartz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger, sie redet auch mit ihnen. Das macht ja nun Sahra nicht. Insofern, Lifestyle-Linke haben wir wirklich mehrere, kann ich nur sagen. Ich erinnere mich zum Beispiel, kommunistische Plattform hatten wir ja mal, ich glaube, da gibt’s Reste immer noch, aber entscheidend ist, als ich bei den Kalikumpeln war in Bischofferode, die hungerstreikten für ihre Jobs, nie kamen die mit. Also revolutionäre Reden konnten sie halten auf dem Parteitag, aber da waren sie nie. Also das kenne ich, dass man sich dann um die konkreten Umstände nicht kümmert. Nur wir müssen...

    Heckmann: So was wie eine Salonbolschewistin im Prinzip, Sahra Wagenknecht?

    Gysi: Ja, so werde ich das nicht nennen, aber Sie dürfen es so nennen.

  • Seine definition von Life-Style Linken ist aber anscheinend: Leute, die nicht "on the ground" sind. Dabei werden eigentlich noch viele andere Dinge damit verbunden, wie ein bestimmter Lebensstil und Meinung bzw. bestimmter Schwerpunkt in der politischen Auffassung und Zielwählerschaft. Er schränkt die Definition halt gerade deswegen so stark ein (mit anekdoten), weil diese angeblichen Life-Style Linken sich eben dann doch für soziale Gerechtigkeit einsetzen und dieses reine "life-style" Denken wahrscheinlich eh nur bei einer kleinen Minderheit der Partei verbreitet ist.


  • Nächster Diskreditierungsversuch über "life-style links", der diesmal als Ziel DW Enteignen hat. Vermute, er hat hier ganz andere Motivationen für seinen Austritt. Ziemlich lächerliches mimimimi. Wahrscheinlich hat er schon die AfD gewählt und findet es passt nicht zu den anderen Leuten, die in der Bewegung sind. Oder er hat sich irgendwie Karrierechancen davon versprochen. (der rant ist nur auf facebook verfügbar)

  • Nächster Diskreditierungsversuch über "life-style links", der diesmal als Ziel DW Enteignen hat. Vermute, er hat hier ganz andere Motivationen für seinen Austritt. Ziemlich lächerliches mimimimi. Wahrscheinlich hat er schon die AfD gewählt und findet es passt nicht zu den anderen Leuten, die in der Bewegung sind. Oder er hat sich irgendwie Karrierechancen davon versprochen. (der rant ist nur auf facebook verfügbar)


    Da stimmt einer nicht bedingungslos allem zu und geht, dafür steckst du ihn in die Schublade bösester aller Feinde.

    Ich glaube du warst mit dem rant mitgemeint.

  • Seine definition von Life-Style Linken ist aber anscheinend: Leute, die nicht "on the ground" sind. Dabei werden eigentlich noch viele andere Dinge damit verbunden, wie ein bestimmter Lebensstil und Meinung bzw. bestimmter Schwerpunkt in der politischen Auffassung und Zielwählerschaft. Er schränkt die Definition halt gerade deswegen so stark ein (mit anekdoten), weil diese angeblichen Life-Style Linken sich eben dann doch für soziale Gerechtigkeit einsetzen und dieses reine "life-style" Denken wahrscheinlich eh nur bei einer kleinen Minderheit der Partei verbreitet ist.

    Das gilt aber wegen der demografischen Entwicklung, auf die der Kurswechsel die Antwort liefern sollte, leider nicht überall. Diese Klientel bleibt ja beschränkt auf urbane Regionen, wo das neue Konzept durchaus aufgeht. Anderswo bleibt die Arbeit an Basis der aber auf der Strecke, was man den Vernehmen nach durchaus als Ursache begriffen hat. Das Problem bleibt, dass es dafür auch Kapazitäten braucht, die gibt es nur durch Nachwuchs an der Basis.


    Insofern bleibt es aber auch ein Balanceakt für die Partei, wenn man Wege findet, sich anderswo wieder stärker zu etablieren. Denn auch wenn es im Grunde kein Entweder Oder ist, stellt sich ja am Ende die Frage, welche Themen man in den Vordergrund rücken soll. Das gilt besonders bei der kleiner werden medialen Sichtbarkeit.

  • Da stimmt einer nicht bedingungslos allem zu und geht, dafür steckst du ihn in die Schublade bösester aller Feinde.

    Ich glaube du warst mit dem rant mitgemeint.

    Frag mich halt, was die Ursache dafür ist, dass jemand sich an Sachen wie Fragen nach dem Pronomen oder Genderschreibweise oder mehr Diversität nach LGBTQ so derart aufhängen kann, dass er eine sehr erfolgreiche und historische Bewegung verlässt. Als wäre es das alles bestimmende Moment.

    Da vermute ich einfach tiefere Motive. Vermute, dass man das in Zukunft bei ihm auch sehen wird.

  • Er dreht das ja sogar noch um und behauptet, dass das zu weniger Diversität, führt weil angeblich eine bestimmt Schicht bevorzugt wird, das ist halt auch ein typisch rechtes framing, die sachen immer auf absurde Weise umzudrehen, er ist da voll auf linie und reiht sich da ein. Sprache schafft eben auch Weltbilder.

  • Was meinen Hinweis auf den viral gegangenen Artikel von Michael Wendl angeht, bleibe ich aber dabei. Dessen Schlussfolgerung es handle sich um Klassenverrat wurde doch auch von dir vor einiger Zeit rezitiert. Auf diese Art und Weise hat man sich öffentlichkeitswirksam in Verbitterung auseinandergesetzt. Da hilft es dann auch wenig, wenn im Hintergrund einsichtig die Strategien anpasst werden. Die Spannungslinie bleibt medial präsent, Wortmeldungen aus dem Inneren tun dann ihr Übriges.

    Der Artikel den ich da zitiert habe spricht aber erstens nicht vom "Klassenverrat", sondern von Wagenknechts Abkehr von der marxistischen Kapitalismuskritik und ihrer Zuwendung zum Mittelstand, und zweitens hat der Autor das nicht einfach aus irgendeiner Twitterblase gefischt, sondern er macht es an ganz gezielten, und mit Seitenzahlen benannten Passagen aus Wagenknechts letztem Buch fest.


    Das könnte man ja kritisieren, indem man z.B. - ebenfalls anhand des Textes - herausarbeitet, warum es der eigenen Aufassung nach nicht stimmt. Oder man könnte genauer ausführen, warum diese Analyse nicht rechtens, oder gar geeignet gewesen sei, "Verbitterung" zu erzeugen, wo Wagenknecht zuvor schon im ersten Teil des Buches eine astreine Polemik abliefert, die alleine sicher völlig ausreichte, um bei ihren GegnerInnen mehr als Verbitterung auszulösen.

    Und das tat sie um Größenordnungen öffentlichkeitswirksamer, als ein OXI-Artikel der mit kapitalismuskritischen und ökonomischen Fachsimpeleien gespickt ist, und der garantiert vom allergrößten Teil der potenziellen Linke-Wählerschaft niemals gelesen oder gar verstanden wurde.


    Aber man raunt halt lieber irgendwas von einer "Spannungslinie" zusammen und hält sich ansonsten im Ungefähren.

  • Wer ist denn der Meinung der Artikel sei nicht rechtens?


    Die (Nicht mehr-) Wählerschaft musste den Artikel auch gar nicht lesen, denn dessen Inhalt wurde ihr auch indirekt vermittelt, siehe z.B. Die Anstalt.


    Er hat auch keine zusätzliche Verbitterung erzeugt, sondern war eben nur Teil einer ganzen Reihe von Beiträgen aus dem Umfeld der Partei, der darauf schließen lässt, dass dort getroffene Hunde bellen. Der besagte Artikel war allerdings im Gegensatz zu vielen anderen eine durchaus ernstzunehmende Auseinandersetzung.

    Da sich niemand berufen fühlte, die angestoßene Kontroverse so zu moderieren, damit sie nicht in einem reinen Freundfeind-Denken endet und die Reihen geschlossen werden, sagt eigentlich auch viel aus. Genau, wie die jetzt noch zu lesenden Andeutungen zwischen den Zeilen. Obwohl man doch inzwischen sieht, dass man durchaus den Kern der Kritik anerkennt.


    Ich wüsste nicht, was es zu dem Zeitpunkt noch hätte bringen sollten außer der weiteren Eskalation. Ich hatte damals einen viel zu langen Beitrag dazu geschrieben, ihn dann aber doch nicht abgeschickt, aus Gründen.


    Ich erinnere mich dunkel, dass einer der Punkte, die mich störten, die ziemlich einseitige und verkürzte Sicht auf die Lohnentwicklung durch Arbeits-Migration war. Der Autor nimmt z.B. die Einführung des hart erkämpften und eher als unzureichende Minimallösung anzusehenden Mindestlohns zur Widerlegung dessen, was er zuvor selbst mit dem Beispiel Osterweiterung schon durch die Empirie entkräftet haben will. Gleichzeitig spricht er aber von einer Schutzfrist, die eben genau jene Wirkung verhinderte und lässt außen vor, dass z.B. die britische Wirtschaft bereits seit 2004 die Migration zuließ und damit größere kontinentaleuropäische Verwerfungen später abfing.


    Das Lohnniveau gerät also durchaus unter Druck, wenn man nicht reguliert. Das liegt auch daran, dass in einer solchen Arbeitsdynamik der Anteil derer sinkt, die sich gewerkschaftlich organisieren.

    Auch kein Wort dazu, dass der Reallohnverlust durch die Agenda 2010 gegenüber Ländern wie Frankreich danach nicht mehr aufgeholt werden konnte, selbst wenn er sich stabilisierte.

    An dieser Stelle müsste man noch darauf hinweisen, dass wir nicht nur von europäischer Arbeitnehmerfreizügigkeit sprechen, sondern auch von Anwerbe-Aktionen weltweit fahren, sogar in Südamerika und Asien. Insbesondere das Außerachtlassen der Wirkung in den Herkunftsländern war keine besondere Leistung. Wenn sich z.B. die Bundesländer unkritisch begleitet, um die in ihrem Heimatland ausgebildeten Ärzte streiten, sagt das viel über internationale und europäische Solidarität. Dieser Aspekt wurde gänzlich ausgeblendet.

    Wenn man diesen populistischen Ansatz schon erörtern will, was völlig legitim ist, dann sollte man es auch in Gänze tun. So entsteht eben auf beiden Seiten nur der Eindruck, es gäbe da eine einfache Wahrheit, obwohl die angebrachten Beispiele nur den Schluss zu lassen, dass eine Bewertung für den Zeitraum schwer möglich ist.


    Das könnte man noch weiter ausführen und für andere Punkte tun, muss aber als Beispiel reichen. Es wäre auch das Gegenteil vom Populismus und damit zumindest OT. Ich habe wenig Motivation, das an dieser Stelle auszudiskutieren, auch wenn ich mir deshalb Feigheit vorwerfen lassen muss.

  • Ich erinnere mich dunkel, dass einer der Punkte, die mich störten, die ziemlich einseitige und verkürzte Sicht auf die Lohnentwicklung durch Arbeits-Migration war. Der Autor nimmt z.B. die Einführung des hart erkämpften und eher als unzureichende Minimallösung anzusehenden Mindestlohns zur Widerlegung dessen, was er zuvor selbst mit dem Beispiel Osterweiterung schon durch die Empirie entkräftet haben will. Gleichzeitig spricht er aber von einer Schutzfrist, die eben genau jene Wirkung verhinderte und lässt außen vor, dass z.B. die britische Wirtschaft bereits seit 2004 die Migration zuließ und damit größere kontinentaleuropäische Verwerfungen später abfing.

    Das verstehe ich nicht. Was ist den das "dessen, was er zuvor selbst... entkräftet haben will"? Was wird da durch welche Empirie angeblich entkräftet, bzw. eigentlich doch nicht entkräftet?


    In Wendls Artikel steht dazu folgendes:


    [...] Die These vom Lohndruck durch Migration ist aus empirischer Sicht falsch. Es kann gezeigt werden (siehe DIW-Wochenbericht 7-2020), dass das Fallen der Löhne der unteren Dezile im den Jahren 2000-2007 am stärksten war und auf die Arbeitsmarktreformen der Regierung Schröder und die Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften beziehungsweise den Rückgang der Tarifbindung zurückzuführen ist. Der Druck der EU-Arbeitsmigration beginnt erst 2011, als die Übergangsfristen für die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Folge der EU-Osterweiterung ausgelaufen waren. In dieser Zeit stabilisiert sich die Lohnentwicklung wieder und ab 2015 steigen in der Folge der Einführung des Mindestlohns auch die Löhne in den untersten Dezilen real.[...]


    Er macht also ganz klar die Agenda 2010-Reformen von sPD und Grünen für das Sinken der Reallöhne bis 2007 verantwortlich. Das ist eine These, der sicher weder Sahra Wagenknecht noch sonst irgendein Mitglied der Linkspartei widersprechen würde, und die auch die allermeisten ÖkonomInnen die nicht direkt als PropagandistInnen für die Industrielobby arbeiten nicht anzweifeln.

    Der alte Sozialdemokrat und Freund der Familie Lafontaine-Wagenknecht Heiner Flassbeck ist Jahre lang durch die Republik getingelt und hat Vorträge darüber gehalten.


    Die "Schutzfrist" war, wie Wendel ja auch schreibt, eine "Übergangsfrist" im Entsendegesetz, die damals eingeführt wurde, um zu verhindern, dass nach der Öffnung des Arbeitsmarktes zur EU massenweise EU-Ausländer- vornehmlich aus den ehemaligen Ostblockstaaten - als von dort ansässigen Arbeitgebern "Entsendete" in Deutschland zu den deutlich niedrigeren Löhnen in ihren Heimatländern arbeiten konnten.

    Mit der Einführung des Mindestlohnes durch die Große Koalition wurde diese Regelung hinfällig, weil der Mindestlohn branchenübergreifend und im gesamten Bundesgebiet gezahlt werden muss - egal wo die abhängig Beschäftigten herkommen, oder bei wem sie angestellt sind.

    Dadurch sind die Reallöhne in den untersten Einkommensklassen tatsächlich gestiegen.

    Das Lohnniveau gerät also durchaus unter Druck, wenn man nicht reguliert. Das liegt auch daran, dass in einer solchen Arbeitsdynamik der Anteil derer sinkt, die sich gewerkschaftlich organisieren.

    Auch kein Wort dazu, dass der Reallohnverlust durch die Agenda 2010 gegenüber Ländern wie Frankreich danach nicht mehr aufgeholt werden konnte, selbst wenn er sich stabilisierte.

    Das Lohnniveau geriet hierbei nicht unter Druck, weil - wie die neoklassischer Theorie es vielleicht behaupten würde - das Angebot die Nachfrage am Arbeitsmarkt überstiegen hätte, sondern weil es ganz gezielt politisch unter Druck gesetzt wurde.


    Dass sowohl der Mindestlohn als auch die höheren Reallöhne seither viel zu schwach gestiegen sind, um den zuvor entstandenen Rückstand gegenüber Frankreich aufzuholen ist zwar eine Tatsache, aber es hat mit Wagenknechts These, die Zuwanderung sei für wachsenden Lohndruck in der alten Arbeiterklassse verantwortlich überhaupt nichts zu tun, weil der Grund dafür nicht in erhöhter Arbeitsmarktkonkurrenz liegt, sondern in der Fixierung der deutschen Industrie- und Wirtschaftspoliitik auf die Maximierung der Wettbewerbsfähigkeit durch relative Senkung der Lohnstückkosten gegenüber der Konkurrenz aus anderen EU-Staaten.

    Systematisch durchgesetzt wurde das dann nicht durch Anwerbung billiger Arbeitskräfte aus dem Ausland, so wie es konservative Propaganda schon Ende der 90er behauptete ("Kinder statt inder!"), sondern vor allem durch traditionell sPD-nahe, ur-deutsche Gewerkschaften - allen voran: die DGB-Führung - , die sich von Schröders neoliberalen ExpertInnen einreden liessen, dass allgemeine "Lohnzurückhaltung" bei Tarifverhandlungen im ureigensten Interesse der abhängig Beschäftigten in der Exportindustrie sei.


    Auch heute ist der Lohndruck durch Arbeitsmigration sicher nicht am stärksten dort zu spüren, wo die Genossin Wagenknecht das von den "Lifestyle-Linken" vernachlässigte Kernklientel der Linkspartei verortet - bei den noch relativ gut bezahlten und gut ausgebildeten FacharbeiterInnen aus der klassischen Mittelschicht - sondern hauptsächlich im grenzprekären Dienstleistungssektor, wo gute Sprachkenntnisse und formelle Ausbildung keine große Rolle mehr spielen, um etwa Pakete in Regale zu stapeln, hinter Verkaufstresen zu stehen, oder Essen auszuliefern.

    Die Aufblähung dieses Sektors war jedoch kein Resultat vermehrter Zuwanderung, sondern ganz klare und sogar explizit so erklärte Absicht der Schröder-Regierung und der Hartz-Reformen, um möglichst viele Menschen aus dem teuren Transferleistungsbezug hinaus zu "fördern und fordern" und sie in den "besten Niedriglohnsektor" Europas zu zwingen.


    Zudem arbeitet der größere Teil des Dienstleistungssektors - der mittlerweile weitaus mehr Lohnabhängige in Deutschland beschäftigt als das verarbeitende Gewerbe - entweder in den Verwaltungen von Unternehmen und staatlichen Behörden oder auch als FreiberuflerInnen im Informations- und kommunikationswesen - also in Berufen, die man nicht mal eben so für Mindestlohn ausüben kann, wenn man keine guten Sprachkenntnisse und keine qualifizierende Ausbildung vorzuweisen hat, und sich nicht mit deutschen Gesetzen und bürokratischen Gepflogenheiten auskennt.


    In den höherqualifizierten Berufen für AkademikerInnen mag es durchaus eine verstärkte Zuwanderung aus dem Ausland gegeben haben, die dort auch den berüchtigten "brain drain" zur folge hat, Aber das sind dann ganz sicher nicht die klassischen "Arbeiter"-Jobs. Eine promovierte Pharmakologin aus Polen, oder ein diplomierter Grafikdesigner aus Spanien nimmt sicher keinem "kleinen Mann" von der sächsischen Straße seinen Arbeitsplatz im ehemaligen Maschinenbaukombinat weg, sondern eher genau den urbanen, "abgehobenen AkademikerInnen", die Wagenknecht als neue Zielgruppe der "Lifestyle-Linken" identifiziert.


    Gerade dort, wo die AfD - von der Wagenknecht die WählerInnen zurückholen will - am stärksten ist, nämlich im tiefen Osten der Republik, ist die Migrationsquote ohnehin am allerniedrigsten.

    Dass dort durch billig-Konkurrenz aus dem Ausland die Löhne gedrückt würden, erscheint unwahrscheinlich.

    Viel eher wahrscheinlich ist, dass die Arbeitgeber den Mangel an Arbeitsplätzen in strukturschwachen Regionen ganz klassisch-kapitalistisch dazu nutzen, die Arbeitslöhne auf niedrigem Niveau zu halten (was eher die Abwanderung junger Menschen zur Folge hat). Die Angleichung der Löhne zwischen West und Ost ist folgerichtig auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch nicht erfolgt.


    Dafür ist sicher auch der immer geringere gewerkschaftliche Organisationsgrad der Belegschaften verantwortlich. Aber auch dies ist kein Resultat von zuviel Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt, sondern Folge der systematischen politischen Entmachtung der Gewerkschaften seit der neoliberalen Wende der sPD, von der sich erstere bis heute nicht wirklich erholt haben.


    Die wichtigste Passage in Wendls Text ist allerdings folgende:


    Zitat

    [...] Allerdings schließt sie [Wagenknecht]Arbeitsmigranten von ihrer Fürsorge aus. Hier verstößt sie fundamental gegen den Gedanken der inneren Klasseneinheit aller Lohnabhängigen, den es herzustellen gelte. [...] In der sozialistisch inspirierten europäischen Gewerkschaftsbewegung hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass die auf die Grenzenlosigkeit der Bewegungen des Kapitals und den politisch durchgesetzten Freihandel nicht erfolgreich mit einer Begrenzung der Mobilität der Arbeitskräfte reagiert werden kann und deshalb Migranten in die Gewerkschaften integriert werden müssen. Dieser Erkenntnis verweigert sich Wagenknecht.[...]


    So wie die derzeitige Lage ist, hätte auch eine nach Wagenknechtschen Vorstellungen zur klassischen "Arbeiterpartei" reformierte LINKE ohnehin die Zuwanderung selbst dann nicht aufhalten können, wenn sie als kleinster Koalitionspartner an einer Rot-Grün-Roten Regierung beteiligt worden wäre. Zumal mehr Zuwanderung - vor allem jüngerer Menschen - auch aus einer linken bis links-sozialdemokratischen Perspektive dringend nötig wäre, um eine alternde Gesellschaft vor der völligen konserv(atis)ierung der herrschenden Verhältnisse bis zum Stillstand zu bewahren.


    Wenn die Genossin Wagenknecht statt der Begrenzung der Zuwanderung - also dem Schutz von Privilegien der bereits ansässigen ArbeitnehmerInnen gegenüber all jenen, die nicht das Glück hatten, in einer immer noch stinkreichen westlichen Industrienation geboren worden zu sein - die Stärkung von Arbeitnehmerrechten und bessere Bezahlung für alle abhängig Beschäftigten fordern würde - ungeachtet deren Herkunft, Religion, Hautfarbe, etc. -, dann könnte man Wagenknecht tatsächlich als Verteidigerin klasssisch linker Positionen gegen den ja durchaus latent vorhandenen Trend zur "links"-Liberalisierung der Partei sehen.


    Aber so wie sie in ihrem letzten Buch argumentiert, zieht sie sich lediglich ein dünnes linkes Mäntelchen über ihre konservativen Kostüme, und singt das Lied des unternehmerischen deutschen Mittelstandes, während sie dem Rest der Partei vorwirft, er kümmere sich nicht verständnisvoll genug um dessen angestelltes Personal.

  • Guten Morgen Utan.


    Ich will es an der Stelle kurz halten. Ich habe den besagten Artikel zum Thema gemacht, darum bin ich zumindest inswoweit in der Pflicht verständlich darzulegen, was ich meinte.


    Ich behaupte nicht, dass seine epmirische Darstellung grundsätzlich falsch ist. Allerdings verneint er damit die These, dass Arbeitsmigration Lohndruck ausübe. ("Die These vom Lohndruck durch Migration ist aus empirischer Sicht falsch.") Die Einschränkung empirisch ist an dieser Stelle nicht hinreichend,


    Er nimmt eine zwei Erklärungen aus einem beestimmten Zusammenhang und will damit ein aus seiner Sicht zu pauschales Argument entkräften.

    Das ist in etwa so, als würde ich den Zusammenhang zwischen Erdöl- und Benzinpreis generell verneinen, weil in einem begrenzten Zeitraum Effekte wie Steuern oder Subventionen gegen das Füllen und oder Leeren von Reserven wirken.


    Es handelt sich aus meiner Sicht daher um eine Irreführung. Würde es heißen, Die These vom Lohndruck durch Migration ist aus empirischer Sicht nich zu belegen, wäre es ein schon etwas anderes. Aber dann wäre eben auch die Schärfe aus der Kritik genommen.
    Noch richtiger ist in meinen Augen die Schlussfolgerung, dass solange der Staat regulierend eingreift, Probleme beherrschbar sind.


    Zum Feindbild Wagenknecht möchte ich mit dir nicht weiter diskutieren. Helfen tut das ohnehin niemandem mehr.

  • Vorweg, ich bezog mich rein auf deine Zitate und meine Fragen ergaben sich dann verstärkt durch deine Unterstreichungen, denn die legten den aus meiner Sicht von dir intendierten Fokus. Wenn du das eigentlich nicht so siehst...ja warum unterstreichst du es dann, genau die beiden Sätze welche nur das zum Ausdruck bringen?


    Zitat

    von der Beschäftigung mit den konkreten materiellen Verhältnissen entfernt hat und sich in moralisch überladenen Scheingefechten aufreibt, die für eine Mehrheit der Leute im Alltag eigentlich kaum Relevanz hätten, wenn man sie ihnen nicht ständig medial unter die Nase reiben und damit die konservative und "liberale" Erzählung von "den" Linken als wahlweise verkopfte, postmoderne Realitätsverweigerys oder als national-sozialistisches Spiegelbild des rechten Hufeisenpols vorhalten würde.

    Da stimme ich dir zu, wobei die Gefechte auch nur medial aufgeblasen werden können, da sie andauernd stattfinden.

    Und selbst das Hufeisen und die Medien wird irgendwie gleich zum Einstieg bedient...

    Zitat

    Besonders bitter für die Linkspartei ist das Abschneiden der AfD im Osten.

    [...]

    Ein weitaus größeres Problem ist die inhaltliche Auszehrung der Partei, die durch das Aufkommen der AfD sichtbar wurde. Seit die AfD im Osten bei Wahlen antritt, konzentrieren sich die Mainstreammedien mit ihrer Kritik ganz auf die AfD. Das war vor 2013 noch anders. Vor jeder Wahl tauchten "Enthüllungsberichte" und die x-te Neuauflage der Stasivorwürfe an Gregor Gysi auf. Paradoxerweise nützte dieser mediale Shitstorm der LINKEN und heute eben der AfD. DIE LINKE war damit Protestpartei.


    In dem Artikel werden einige gute Punkte gemacht, aber auch darin wird immer wieder ein seltsamer Fokus, wie ich zumindest finde, gelegt. So wie eben auch du hier den Fokus, aus meiner Sicht, auf die, aus meiner Sicht, falschen Punkte legst. Will eigentlich nich wieder damit ankommen, aber die Art und Weise, in dem Fall welche Themen man wann und wie anspricht und wie man dann den Gegenpunkt plaziert macht halt in so nem Text (in so ner Unterhaltung) auch viel aus. Die Art und Weise ist eben auch Teil des Inhalts.


    Naja vllt gehe ich noch auf weitere Teile des Textes ein, er spricht ja doch ne größere Bandbreite an. Ich versprech aber mal nix, zumindest nicht direkt.


  • Nächster Diskreditierungsversuch über "life-style links", der diesmal als Ziel DW Enteignen hat. Vermute, er hat hier ganz andere Motivationen für seinen Austritt. Ziemlich lächerliches mimimimi. Wahrscheinlich hat er schon die AfD gewählt und findet es passt nicht zu den anderen Leuten, die in der Bewegung sind. Oder er hat sich irgendwie Karrierechancen davon versprochen. (der rant ist nur auf facebook verfügbar)

    Ka was er schreibt, Facebook is gezielt blockiert.

    Aber nach dem Kommentar von Marner zu urteilen gehts mal wieder um die Verschiebung des inhaltlichen Diskurses. Wenn darauf dann sogar direkt die Nazikeulen als Antwort ausgepackt werden, dann stellt das das Problem eindrucksvoll dar.


    Wenn man sich unter einem Thema gemeinsam vereint, dann möchte man halt auch genau das Thema und dann nicht über Bande doch noch irgendwelche anderen. Wenn das dann jedesmal doch passiert, dann führt das halt genau deswegen auch dazu, dass dieses dann als der eigentliche Inhalt und die eigentliche Position bei der Mehrheit gesehen wird.

  • nachdenklich So hab ich den Beitrag auch gelesen, denke auch dass man den kaum anders verstehen kann.

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