Populismus - Freund oder Feind der Linken?

  • ich finde halt nicht, dass das ein sargnagel sein muss. seh ehrlich gesagt eher ne chance. natürlich nur unter der prämisse, dass man sich dann ab jetzt und ohne wagenknechtflügel klug anstellt. was natürlich schon ein ziemlich großes wenn ist.

    Ja klar, also Fortschritt im Sinne von Notschlachtung oder hart durchgezogene Therapie. Der Status-Quo war ja Siechtum.

  • also keine ahnung was er mit den laden beenden meint,

    Da von den Beschäftigten der Fraktion die Rede ist: ich denke er meint die Fraktion. Die Linke hat ja bereits einen Abgeordneten an die SPD verloren, wenn in den nächsten Tagen 3+ Abgeordnete die Fraktion verlassen, dann war es das, dann ist es nur noch eine Gruppe mit weniger Büros, Geld und Mitarbeitern.


    Bin mal gespannt was mit Petra Pau passiert, theoretisch hat die Linke ja dann keinen Anspruch mehr auf den Vize, fänd ich allerdings speziell bei ihr extrem schade. Und die Abwahl müsste ja irgendjemand beantragen.

  • https://www.ardaudiothek.de/ep…l-ueberlegen/hr/12811641/


    Besonders so ab ca einer Stunde, wo er von paar Maßnahmen bzw. eher Kommunikationskniffe, welche gegen den rechten Populismus und die dadurch aufgekommene Stimmung wirkten, erzählt.


  • Was »Saltburn« und Victoria Beckham gemeinsam haben

    Die Amazon-Produktion »Saltburn« zeigt: Eine Gesellschaftskritik, die sich auf die Exzesse der Superreichen konzentriert, fürchten die Superreichen nicht.


    [...] Der ständige Fokus auf die Superreichen und ihre Eskapaden und Extravaganzen ist nicht bloß in der US-amerikanischen Linken sehr beliebt, auch in Deutschland liebt man es, sich über Verena Bahlsen oder Friedrich Merz lustig zu machen. Verstellt wird dabei der Blick auf die Produktionsverhältnisse, in denen keineswegs bloß die Superreichen, sondern auch die Unternehmer von nebenan oder die Kleinvermieter zu Ausbeutern werden.

    Deutlich sinnvoller wäre es, sich auf die letzteren zu konzentrieren. Denn mit ihnen teilt die Normalbevölkerung immerhin noch eine Lebensrealität, während der alte und neue Geldadel höchstens aus dem Fernsehen bekannt sind.

    Die Agitation »Eat the rich« ist jedenfalls so handzahm und ohnehin nur als Witz gemeint, dass selbst Amazon sie noch gewinnbringend nutzbar machen kann. Wir sehen etwas ganz Ähnliches an einer anderen Stelle in Saltburn, nämlich wenn der Protagonist in sein Elternhaus kommt und wir erfahren, dass er gar nicht wirklich bettelarm ist, sondern einer Mittelschichtsfamilie entspringt. In Wahrheit hat er sich diese Geschichte nur angedichtet, um für die Reichen interessant zu sein. Ähnliches konnten wir neulich auch bei Victoria Beckham erleben, die sich eine Working-Class-Geschichte zurechtlügen wollte, obwohl sie im Rolls Royce zur Schule gefahren wurde.

    Victoria Beckham nimmt Klassen-Diskurse auf, und Amazon ruft »Eat the rich« – diese beiden Episoden machen klar, dass die politische Linke oftmals zwar der Form nach radikal auftritt, sich am Ende aber kulturindustriell wunderbar verwerten lässt. Vielleicht bräuchte es dann doch wieder ein bisschen mehr Kritik der politischen Ökonomie, und etwas weniger Kulturkritik und Memes.


  • Artikel der Woche: "Die Linke darf den Patriotismus nicht den Rechten überlassen" (Jacopo Custodi)

    Müssen SozialistInnen einen linken Nationalismus formulieren, um dem Siegeszug der Rechten etwas entgegenzusetzen und zu den Massen durchzudringen? Dafür plädiert der italienische Politikwissenschaftler Jacopo Custodi in einem Essay bei "Jacobin". Warum ich das für falsch und fatal halte, argumentiere ich im neuen Beitrag.

    [...] Es ist ein in Teilen der Linken häufige, aber nichts desto weniger falsche Annahme, der Nationalstaat sei als politische Realität im Rückgang begriffen, und werde durch supranationale Organisationen und Konzernmacht geschwächt. Dahinter steht unterschwellig immer die Annahme, Staat und Kapital seien zwei miteinander konkurrierende Mächte und mehr Konzernmacht bedeute weniger Staatsmacht - oder umgekehrt: mehr Staat bedeute einen Angriff auf das Kapital. Das ist aber keineswegs der Fall.

    Bürgerliche Staaten sind nicht Gegenspieler der KapitalistInnen, sondern - im Gegenteil - deren bewaffnete Schutzmacht. Das Ziel jeden bürgerlichen Staates besteht einerseits darin, das System der Ausbeutung und die Herrschaft der KapitalistInnen im Inneren zu schützen und den bereits im Land tätigen KapitalistInnen bestmögliche Rahmenbedingungen für die Generierung größtmöglicher Gewinner zu schaffen, und andererseits darin, auswärtige KapitalistInnen dazu zu überreden, doch bitte ebenfalls in ihrem Land zu investieren.

    Denn davon, dass das in seinen Grenzen aktive Kapital gedeiht, und möglichst viele weitere KapitalistInnen in seinem Territorium zu investieren beginnen, hängt schließlich auch die Macht des Staates selbst ab, denn seine Steuereinnahmen sind umso höher, je mehr Kapital in ihm konzentriert wird, und höhere Steuereinnahmen bedeuten höhere politische und militärische Macht, mit der man seinem Kapital dann wiederum noch bessere Bedingungen auf den Weltmärkten abpressen und erkämpfen kann [...]


    Der Artikel um den es geht:

    Die Linke darf den Patriotismus nicht den Rechten überlassen

    Der Begriff »Nation« ist von den Rechten besetzt: Sie allein bestimmen, wer dazugehört und wer nicht. Linke sollten dem einen inklusiven Patriotismus entgegensetzen. Denn es geht darum, das Land für alle Menschen - unabhängig von Religion oder Hautfarbe – zu einem besseren Ort zu machen. (Jacobin - 02.11.24)

  • [...] Es ist ein in Teilen der Linken häufige, aber nichts desto weniger falsche Annahme, der Nationalstaat sei als politische Realität im Rückgang begriffen, und werde durch supranationale Organisationen und Konzernmacht geschwächt. Dahinter steht unterschwellig immer die Annahme, Staat und Kapital seien zwei miteinander konkurrierende Mächte und mehr Konzernmacht bedeute weniger Staatsmacht - oder umgekehrt: mehr Staat bedeute einen Angriff auf das Kapital. Das ist aber keineswegs der Fall.


    Bürgerliche Staaten sind nicht Gegenspieler der KapitalistInnen, sondern - im Gegenteil - deren bewaffnete Schutzmacht. Das Ziel jeden bürgerlichen Staates besteht einerseits darin, das System der Ausbeutung und die Herrschaft der KapitalistInnen im Inneren zu schützen und den bereits im Land tätigen KapitalistInnen bestmögliche Rahmenbedingungen für die Generierung größtmöglicher Gewinner zu schaffen, und andererseits darin, auswärtige KapitalistInnen dazu zu überreden, doch bitte ebenfalls in ihrem Land zu investieren.


    Denn davon, dass das in seinen Grenzen aktive Kapital gedeiht, und möglichst viele weitere KapitalistInnen in seinem Territorium zu investieren beginnen, hängt schließlich auch die Macht des Staates selbst ab, denn seine Steuereinnahmen sind umso höher, je mehr Kapital in ihm konzentriert wird, und höhere Steuereinnahmen bedeuten höhere politische und militärische Macht, mit der man seinem Kapital dann wiederum noch bessere Bedingungen auf den Weltmärkten abpressen und erkämpfen kann [...]

    Das ist mir zu simpel gedacht und ignoriert die Existenz internationaler Konzerne.

  • Das ist mir zu simpel gedacht und ignoriert die Existenz internationaler Konzerne.

    Das ignoriert überhaupt nicht die Existenz internationaler Konzerne.


    Wenn Lehr davon spricht, dass der bürgerliche Staat dafür sorgen müsse, "auswärtige KapitalistInnen dazu zu überreden, doch bitte ebenfalls in ihrem Land zu investieren", dann meint er damit genau das.


    Es ist vielmehr umgekehrt so, dass die Existenz internationaler Konzerne die Nationalstaaten erst recht in eine gegenseitige Standortkonkurrenz um das beste Investitionsklima treibt, und damit den Nationalismus innerhalb der Standorte weiter befördert, bzw, ihn auch nach einer längeren Phase der relativ offenen Grenzen und Bündnisse unter denselben, im Fall eines krisenbedingten Nachlassens der eigenen Standort- und Wettbewerbsvorteile sofort wieder mit großer Vehemenz aufleben lassen kann. Deutschland und die EU in ihrer heutigen Form sind hervorragende Beispiele für diesen Prozess.

  • Das ignoriert überhaupt nicht die Existenz internationaler Konzerne.


    Wenn Lehr davon spricht, dass der bürgerliche Staat dafür sorgen müsse, "auswärtige KapitalistInnen dazu zu überreden, doch bitte ebenfalls in ihrem Land zu investieren", dann meint er damit genau das.


    Es ist vielmehr umgekehrt so, dass die Existenz internationaler Konzerne die Nationalstaaten erst recht in eine gegenseitige Standortkonkurrenz um das beste Investitionsklima treibt, und damit den Nationalismus innerhalb der Standorte weiter befördert, bzw, ihn auch nach einer längeren Phase der relativ offenen Grenzen und Bündnisse unter denselben, im Fall eines krisenbedingten Nachlassens der eigenen Standort- und Wettbewerbsvorteile sofort wieder mit großer Vehemenz aufleben lassen kann. Deutschland und die EU in ihrer heutigen Form sind hervorragende Beispiele für diesen Prozess.

    Und genau das halte ich eben für zu kurz gedacht.

    Internationale Konzerne die einen supranationalen Markt bedienen, aber deshalb trotzdem nicht unbedingt "Produktionsstätten" im näheren Sinne haben - facebook; twitter; sonstige Plattformdienste; z. T. Finanzdienstleister - passen nicht mehr wirklich in diese an phyisch hergestellten Waren orientierte Systematik. Und genau diese Kategorie hat die klassische Wirtschaft im "Wert" schon lange überflügelt.


    Dass z. B. der US-amerikanische Nationalstaat facebook derbe auf die Fingerchen gehauen hat und weiterhin droht - bishin zur Zerschlagung - scheint mir jedenfalls nicht ganz zum kuscheligen Miteinander von Staat und Kapital zu passen.

  • Kann man social media Posts essen, sich daraus ein Haus bauen, oder eine Hose schneidern?

    Kann man in virtuellem Geld wohnen?


    Alleine die Tatsache, dass sich auf den Finanzmärkten Geld vermehrt und sich auf den Severfarmen der Tech-Oligopolisten die Daten ansammeln ist überhaupt kein Beweis dafür, dass es zur erfolgreichen Kapitalakkumulation aus nationalökonomischer Sicht keine physischen Produktionsmittel mehr bräuchte, die man auch irgendwo dort physisch hinstellen muss, wo es einen halbwegs funktionierenden Staat gibt, der einem die Vertragsfreiheit sichert, Vertragsbrüche ahndet, den Geldwert stabil und die Infrastruktur instand hält, und der das private Eigentum notfalls mit Staatsgewalt gegen kriminelle Elemente und den besitzlosen Pöbel verteidigt.


    Auch die Serverfarmen von Google, Amazon et al. müssen irgendwo physisch installiert werden und dort an eine funktionierende Energieversorgung und ein Breitbandinternet angeschlossen werden. Auch Cerberus, die sagenumwobene Finanz-KI von Blackrock, braucht physiche rechenpower, eine stabile und nicht zu knappe Energieversorgung, und einen sicheren Zugang zum Internet.


    Idealerweise sorgt der Staat auch dafür, dass in seiner Staatsgesellschaft eine ausreichender Zahl - zuzüglich einer nicht zu großen, aber auch nicht zu kleinen arbeitslosen Reservearmee - qualifizierte Fachkräfte vorhanden sind, die mit staatlicher Förderung, oder gleich an staatlich finanzierten Schulen und Universitäten ausgebildet werden, und denen man schon von Kindesbeinen an beigebracht hat, dass ihre Rolle in der nationalen Gemeinschaft und ihr Dienst am nationalen Gemeinwohl in erster Linie darin besteht, für andere Leute aus Geld mehr Geld zu machen, damit die Nation im Standortwettbewerb nicht ins Hintertreffen gerät, und sich dann am Ende auch keinen Sozialstaat mehr leisten kann, mit dem man für das Staatswohl schädliche Faulenzerei auch noch unterstützen könnte.


    Abgesehen davon funktioniert der ganze Datenhandel nur so lange, wie die Datensammelei und Auswertung nach neuesten Erkenntnissen der künstlichen Intelligenzforschung dazu dienen, den Leuten noch mehr und noch besser auf ihre individuellen "Bedürfnisse" zugeschnittene Waren anzubieten. Und auch die müssen irgendwo physisch produziert, zu den großen Seehäfen gebracht, und auf riesigen Containerschiffen zu anderen großen Seehäfen am anderen Ende der Welt verschifft werden. Auch dazu braucht es die Kooperation und Investition von Staaten. Wenn es auf Amazon keine Waren mehr zu handeln gib, dann gibt es kein Amazon mehr.


    Dass z. B. der US-amerikanische Nationalstaat facebook derbe auf die Fingerchen gehauen hat und weiterhin droht - bishin zur Zerschlagung - scheint mir jedenfalls nicht ganz zum kuscheligen Miteinander von Staat und Kapital zu passen.

    Dass der US-amerikanische Nationalstaat ebenfalls - und zwar auch einigermaßen rücksichtslos und nationalistisch gegen die Nationalökonomien seiner internationalen Verbündeten und #Wertepartner - gerade alles daran setzt, wieder mehr Industrielle Produktion auf seinem eigenen Staatsgebiet anzusiedeln, und sich mit dem kommenden Regierungswechsel in Washington D.C. erst recht wieder great again zu machen, spricht allerdings eher für die von Fabian Lehr hier vorgetragenen, marxistischen Thesen vom Staat als "ideellem Gesamtkapitalisten".


    Das heißt übrigens nicht, dass der kapitalistische bürgerliche Staat immer mit allen Kapitalfraktionen dick befreundet ist - sie sind es als zum Teil erbitterte Konkurrenten untereinander schließlich auch nicht - , sondern dass er es als seine, im "demokratischen Spektrum" auch Parteiübergreifend völlig unumstrittene Staatsräson ansieht, die generellen Bedingungen für die Kapitalakkumulation in seinem Herrschaftsbereich bestmöglich zu gewährleisten, selbst wenn er dabei auch mal gegen die Interessen einzelner Kapitalfraktionen - wie zum Beispiel gegen jene von Mark Zuckerberg und seinen AktionärInnen - verstoßen muss, weil die Staatsführung etwa der Ansicht ist, dass deren Monopolisierung und Kartellbildung dem Wettbewerb insgesamt schade, und damit den nationalen ökonomischen Fortschritt behindere.

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