Dafür bräuchte man aber eine andere Gesamtideologie...
Tja...
Ist jetzt allerdings nicht so, als müsste man das ausgerechnet den Linken erklären:
[...] Die herrschende Politik hat sich den Interessen der Konzernchefs und Vermögensbesitzer untergeordnet. Diese Agenda ist gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen gerichtet. Wir setzen auf globale Kooperation und Solidarität statt auf das Recht des Stärkeren. Eine Welt unter dem Diktat eines allmächtigen globalen Kapitalismus ist keine erstrebenswerte Welt. Im Mittelpunkt von Wirtschaft und Politik müssen die Lebensbedürfnisse und Interessen der Mehrheit der Menschen stehen.
Wir wollen dazu beitragen, dass aus passivem Unmut aktive Gegenwehr wird. Wir setzen Lohndumping, Sozialraub und dem Ausverkauf öffentlichen Eigentums Widerstand entgegen. Wir wollen die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse verändern und ringen um eine andere Politik. Demokratie, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Internationalismus und Solidarität gehören zu unseren grundlegenden Werten. Sie sind untrennbar mit Frieden, Bewahrung der Natur und Emanzipation verbunden. Wir kämpfen für einen Systemwechsel, weil der Kapitalismus, der auf Ungleichheit, Ausbeutung, Expansion und Konkurrenz beruht, mit diesen Zielen unvereinbar ist.
Wir haben uns zusammengeschlossen zu einer neuen politischen Kraft, die für Freiheit und Gleichheit steht, konsequent für Frieden kämpft, demokratisch und sozial ist, ökologisch und feministisch, offen und plural, streitbar und tolerant. Gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland, in Europa und weltweit, mit Gewerkschaften und Bewegungen suchen wir nach alternativen Lösungen und gesellschaftlichen Alternativen. Wir wollen eine Gesellschaft des demokratischen Sozialismus aufbauen, in der die wechselseitige Anerkennung der Freiheit und Gleichheit jeder und jedes Einzelnen zur Bedingung der solidarischen Entwicklung aller wird. Wir kämpfen für einen Richtungswechsel der Politik, der den Weg zu einer grundlegenden Umgestaltung der Gesellschaft öffnet, die den Kapitalismus überwindet.
Jetzt kann man natürlich daran herum kritisieren, dass die sich gerade in der Pandemie erst sehr spät daran erinnern, dass sie eigentlich programmgemäß immer noch den Kapitalismus abschaffen und gegen einen demokratischen Sozialismus austauschen wollen, oder dass sie internationale Solidarität für wichtiger halten, als nationale Wettbewerbsfähigkeit um jeden Preis.
Aber Die Linke ist halt keine revolutionäre Bewegung, sondern auch nur eine politische Partei, die sich den herrschenden Verhältnissen irgendwie unterordnen muss, wenn sie überhaupt eine Chance haben will, in die Parlamente gewählt zu werden, und deren Handlungsspielraum durch ihre mangelnde Regierungsbeteiligung natürlich ohnehin deutlich eingeschränkt ist.
Und selbst als Oppositionspartei hat Die Linke es bisher ja leider überhaupt nicht hinbekommen, den für linke Kapitalismuskritik eigentlich wie geschaffenen Umgang der Großen Koalition mit der Pandemie auf eine Weise zu kritisieren, die deren soziale Ungerechtigkeiten bloßstellt, ohne sich dabei mit der gefährlich verkürzten, unwissenschaftlichen bis verschwörungsgläubigen Elitenkritik gemein zu machen, die von den leider sehr medienwirksam agierenden und eher bürgerlichen Protestbewegungen um die sogenannten "Querdenker" artikuliert, und dann vom rechten Rand aufgegriffen wird, um "das Volk" gegen das "Regime" aufzuhetzen.
Und dann bleibt die oben schon gestellte Frage warum gerade biontech anfangen soll wenn dieser Impfstoff doch seeehr explizit in der Handhabe ist.
Im übrigen dockt sich die deutsche Linkspartei mit der vom Threadersteller erwähnten Aktion vor dem Biontech-HQ natürlich auch nur an eine globale Gegenbewegung (s.o.) an, die vor allem den - im Vergleich zu uns glücklichen Bewohnern des goldenen Westens - weitaus größeren Teil der Menscheit repräsentiert, der auch schon in Vor-Pandemiezeiten systematisch davon abgehalten wurde, seinen enormen Wissensrückstand vor den ehemaligen Kolonialmächten und dem Imperium in Nordamerika aufzuholen.
Bionetch ist da eben eine im Moment - so rein propagandistisch - sehr prominente Zielscheibe und eine Gelegenheit für die Linkspartei, sich mal wieder ein bisschen aus der politischen Bedeutungslosigkeit heraus zu arbeiten. Das wird höchtwahrscheinlich nichts bringen weil sich hierzulande ja auch schon vor der gegenwärtigen Krise eigentlich keine Sau dafür interessiert hat, dass z.B. in vielen afrikanischen Ländern immer noch masssenweise Leute an AIDS sterben, obwohl das mittlerweile eigentlich medikamentös ganz gut unter Kontrolle gebracht werden könnte, weil sie sich die teueren Medikamente nicht leisten können, während westliche Regierungen ganz aktiv dafür sorgen, dass die entsprechenden Patente westlicher Pharmakonzerne weiterhin fest in deren Händen bleiben, um die jeweilige nationale Wettbwerbsfähigkeit nicht zu gefährden.
[Edit:] So rein populistisch wäre es für DIE LINKE wahrscheinlich besser und gegenüber den WählerInnen wesentlich erfolgreicher, sich mit der Kritik eher an konkreten Bedürfnissen im Inland zu orientieren, die durch die marktkonforme Corona-Politik der Regierungen in Bund und Ländern größtenteils massiv hinter den Profitinteressen der hiesigen Unternehmen zurück gestellt wurden, als sich mal wieder auf hehre Prinzipen und Verantwortlichkeiten gegenüber der Weltgemeinschaft zu kaprizieren, die zwar aus linker Sicht völlig berechtigt, aber eben viel zu Abstrakt und zu weit entfernt vom Erfahrungshorizont der meisten BürgerInnen veortet sind, um daran eine praktische, materielle Kapitalismuskritik festzumachen. [/Edit]
Aber die Linke jetzt dafür zu kritisieren, dass sie in diesem einen Fall mal ausnahmsweise den Mut hat, die herrschenden kapitalistischen Verhältnisse am immerhin relativ konkreten Beispiel eines bestimmten deutschen Unternehmens zu kritisieren, nur weil das keinen unmittelbaren Erfolg haben könne, ist ein bisschen wohlfeil.
Die wissen selbst, dass sie damit nicht die Freigabe der Impfstoffpatente und erst recht keine sofortige 180-Grad Wende in der deutschen und Europäischen Wirtschafts- und Entwicklungshilfepolitik herbei fordern können.
Aber wenn nicht mal mehr die Linken solche kapitalistischen Ungerechtigkeiten ansprechen sollen, weil man daran ja sowieso nichts einfach so von heute auf morgen ändern könne, dann kann man sich jede Hoffnung auf eine Bewusstseinsänderung auch sparen, cdU wählen, die (pseudo-)radikale Kritik den bürgerlichen Konspiratisten und ihrem rechten Anhang überlassen, und ansonsten darauf hoffen, dass wir es auch in dieser Kapitalismuskrise wieder schaffen werden, deren schlimmste Folgen in andere Länder outzusourcen.