Feminismus und/oder Antisexismus

  • Das "Problem" kommt IMO aus der Natur der Heterosexualität. Viele Männer verwechseln zwei Ebenen oft miteinander.

    1. Sexuelle Ebene:

    Hier will die Frau unterwürfig sein und der Mann der dominante Teil sein. Daran ist nichts schlimm und keine Frau muss sich schämen, wenn sie gernen einen typisch männlichen Mann haben will. Genauso wenig müssen sich Männer schämen, wenn sie in sexueller Hinsicht Frauen dominieren wollen. Das ist einfach die normale Heterosexualität.

    2. Formale Ebene:

    Auf der Eben sollten beide Geschlechter natürlich gleiche Rechte, gleichen Lohn usw. bekommen, eben die Chancen und Bedingungen gleich sein. Gleich behandelt werden usw..


    Männer und Frauen verwechseln diese zwei Ebenen oft. Männer, die das nice-guy Syndrom haben, glauben z. B., dass die Formale Ebene auch in der Sexuellen Ebene gilt. Bad-Boys glauben, dass die Sexuelle Eben auch in die Formale gehört.


    Wenn man mich jetzt fragt, ob Männer heulen sollen: Ja, aber nicht in der Gegewart von Frauen, mit denen sie eine sexuelle Beziehung haben, oder haben wollen.


    Klar kann man diese zwei Ebenen nicht gut ausseinanderhalten, weil sie sich überschneiden. Aber ich denke, hier liegen häufig die Probleme.

  • Oh je.

    Stimmt natürlich nicht für alle. Aber im Schnitt. Abgesehen von persönlicher Erfahrung, müsstest du mir ansonsten zwei Jahrhunderte Männerbild in Funk und Fernsehen erklären. (bzw. Männerbild in Literatur und Bildern noch weiter zurück).

  • Das Thema wird halt oft bisschen banalisiert.


    [provokation anfang]

    Man verharrt im stillschweigenden Konsens, dass es eigentlich reicht, sich darüber lustigzumachen, und hat Angst, das Thema zu zerreden, wenn man es zu ernst nimmt. ("Schwindet dann nicht die Anziehung?", eine moderne Form des "Hände über die Decke, sonst wirst du blind!")

    Auf der anderen Seite kommt aber der Gender-Diskurs teils mit den radikalsten Thesen (von der Konstruiertheit aller wahrgenommenen Unterschiede und anderem) daher, und wenn man dann aber darüber lacht, ist Schluss mit lustig...

    [provokation ende]


    Ich wüsste gerne mal, wer meinem letzten Beitrag wirklich widersprechen würde.

  • Zu Feminismus denk ich allgemein, dass das heutzutage so verbreitet ist in einigen Zirkeln hat mit der Kommodifizierung der Arbeitswelt zu tun. Die emanzipierte Frau soll jetzt endlich mal Arbeits und Marktdisziplin entwickeln und sich nen richtigen Job suchen, bei dem sie ordentlich Geld für den Chef machen kann. Was soll die für Kinder und Haushalt verschwendete Zeit? Immerhin wartet die (unterbezahlte) Karriere auf dem Arbeitsmarkt. Die Wirtschaft braucht billige Arbeitskräfte ;) Frauen und Kinder waren die ersten, die in Massen in die Fabrik gehen mussten und sie waren von den Arbeitgebern bevorzugt, weil sie leichter mit einem geringeren Lohn abzufertigen waren (Kinder waren mit Männern und Frauen in Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt). Heute auch so, nur in moderner Rhetorik (ohne Kinder natürlich), besonders schlimm trifft es die Frauen in Entwicklungsländern.


    https://www.jacobinmag.com/201…-development-third-world/

  • Aus marxistischer Perspektive könnte es auch mit der Digitalisierung zusammenhängen. Die Diskussion über Home-Office gibt es ja schon länger und mit Home-Office könnten auch Frauen mit Kindern oder schwangere noch zuhause Arbeiten. Mit der Digitalisierung und Home-Office (d. h. Steigerung der Produktivkräfte) kann man Arbeitskräfte mobilisieren, die früher von Arbeit ausgeschlossen waren (Frau mit Kind oder schwangere Frau). Und die Ideologie aus dem Überbau wäre der nicht-materialistische (nicht-klassenorientierte) Feminismus. Aber will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

  • Oder mit anderen Worten:

    Wieso ist der Begriff der toxischen Männlichkeit so gängig im linken Diskurs, während jede andere Verbindung von Eigenschaften dermaßen tabu ist?

    Also ich weiß jetzt nicht, wie du genau die Frage meinst, aber dieser Begriff von toxischer Männlichkeit wird ja immer mit z. B. Aggressivität, übermäßig dominantes Verhalten usw. in Verbindung gebracht. Ideengeschichtlich kommt das aus der Philosophie linken denkens. Klassische linke Positionen haben mit der Frage von Macht zu tun. Wer Macht einhegen oder abschaffen will (z. B. anarchistische Positionen), gehört ins linke politische Spektrum, wer Macht erhalten oder stärken will, ins rechte politische Spektrum. Feminismus hat sich dann als die in Fragestellung des Patriachats entwickelt, eben weil es ein Herrschaftsverhältnis darstellt. Einflussreiche Linke Philosophen wie Foucault, der sich in seinen späteren Jahren mit der Analyse von Machtstrukturen beschäftigt hat, haben dann das ganze auf die Spitze getrieben und behauptet, Macht wäre alles (simplifiziert):


    ‘Truth is a thing of this world: it is produced only by virtue of multiple forms of constraint. And it induces regular effects of power. Each society has its regime of truth, its “general politics” of truth: that is, the types of discourse which it accepts and makes function as true; the mechanisms and instances which enable one to distinguish true and false statements, the means by which each is sanctioned; the techniques and procedures accorded value in the acquisition of truth; the status of those who are charged with saying what counts as true’ (Foucault, in Rabinow 1991).



    Viele Wissenschaftler, besonders, die, die sich zu den Cultural-Studies zählen, sind von Foucault und auf ihm aufbauenden Ideen beeinflusst. Und da kommt dann ursprünglich linkes politisches Denken (Machtfrage auf alles ausweiten) ins spiel. Nun gibt es aber das Problem, dass diese Machtfrage IMO missbraucht wird, in dem der Klassencharakter im Kapitalismus und seine Machtstrukturen in nicht Frage gestellt wird. Es wird sich beschränkt auf nicht-materielle Machtstrukturen, auch als Identity-Politics bezeichnet (kennt man ja von vielen bei den linken im Parlament). Die Gründe warum sich linke id-pol so stark verbreitet ist wahrscheinlich sehr komplex und hat vielleicht mit dem Individualisierungsprozess in den 60igern zu tun, der starke Auswirkungen auf das Verhältniss von Politik und Wähler hatte (traditionelle wählergruppen der Parteien haben sich fragmentiert). Wahrscheinlich wurde diese Individualisierung dann von Soziologen aufgenommen und den Politikern wurde erzählt, dass es die alten Wählerinteressen nicht mehr gäbe und man müsse sich "schwammiger" und "kompromisbereiter" ausdrücken, damit man möglichst viele trifft. Die neoliberale Atomisierung spielt damit natürlich auch rein.

  • 1. Sexuelle Ebene:

    Hier will die Frau unterwürfig sein und der Mann der dominante Teil sein. Daran ist nichts schlimm und keine Frau muss sich schämen, wenn sie gernen einen typisch männlichen Mann haben will. Genauso wenig müssen sich Männer schämen, wenn sie in sexueller Hinsicht Frauen dominieren wollen. Das ist einfach die normale Heterosexualität.

    2. Formale Ebene:

    Auf der Eben sollten beide Geschlechter natürlich gleiche Rechte, gleichen Lohn usw. bekommen, eben die Chancen und Bedingungen gleich sein. Gleich behandelt werden usw..

    Das ist die Natur der Heterosexualität, soso. Sex gibt's tatsächlich in mehreren Ebenen, ob die parallel oder orthogonal sind kann spontan entschieden werden heut vom einen , morgen vom anderen Partner.


    Ansonsten kann man dazu nur sagen, die 50er sind dran, sie wollen ihe Bild vom Normalosex wieder haben.

  • Wieso ist der Begriff der toxischen Männlichkeit so gängig im linken Diskurs, während jede andere Verbindung von Eigenschaften dermaßen tabu ist?

    Dazu müsste man vor allem mal genau definieren, was eigentlich nicht-"toxische" Männlichkeit wäre, und dazu erklären, wer sich warum das Recht heraus nehmen kann, eine solche Definition vorzunehmen, ohne dabei selbst "toxisch" zu werden.


    Und wenn man schon denkt, es sei ein ernsthafter Ausweis emanzipatorischen Denkens, sich als Linke/r dieser Pauschaldefinition einer "toxischen" Eigenschaft - ohne Ansehen der individuellen Person und ihrer Handlungen im jeweiligen konkreten Kontext - zu verpflichten, für welche sich eine bestimmte Gruppe von Menschen zu schämen und am besten mindestens dreimal täglich auf twitter zu läutern habe, bloß weil sie z.B. irgendwo ein anderes Chromosomenpaar hat als eine andere Gruppe, dann sollte man vielleicht - so rein aus Gleichstellungsründen - auch mal debattieren, ob es womöglich gar eine "toxische" Weiblichkeit geben könne.


    Da ich mit solchen Pauschaldefinitionen allerdings wenig bis gar nichts anfangen kann und will, würde ich dazu nur sagen:

    "Männlichkeit" und "Weiblichkeit" sind zwei Seiten einer Medaille. Beide sind ein bisschen unterschiedlich, aber keine ist mehr wert als die andere und man bekommt sie auch nicht voneinander getrennt, ohne sie kaputt zu machen. Und so lange niemand denkt, die eine Seite müsse immer oben und die andere immer unten liegen, kann man das Ding drehen und wenden wie man will und am Ende steht trotzdem auf beiden Seiten "Mensch" drauf.

  • Stimmt natürlich nicht für alle. Aber im Schnitt. Abgesehen von persönlicher Erfahrung, müsstest du mir ansonsten zwei Jahrhunderte Männerbild in Funk und Fernsehen erklären. (bzw. Männerbild in Literatur und Bildern noch weiter zurück).


    Ich denke nicht, dass dominant/submissiv da die richtige Beschreibung des Verhältnis ist, aber ich würde woanders ansetzen. Man darf nicht vergessen, dass die freie Partnerwahl eine neuere Errungenschaft ist. Ist nicht so, dass es das nie gab, aber spätestens, wenn Güter zu verteilen waren, musste sich Partnerschaft immer wirtschaftlichen Interessen unterordnen. Da wo es Vielehe gibt zusätzlich Gruppenstrukturen. Und bei den vielen Personen, die in einem Dienstverhältnis standen, hatte auch der Dienstherr mitzureden. Klar dann hat man noch Untreue, aber die findet auch nur unter eng begrenzter Auswahl statt für Frauen (so sie eine Wahl hatten) und auch die meisten Männer.


    Ich würde vermuten ein Konzept von Männlichkeit wird eigentlich erst so richtig unter den Bedingungen von Auswahl relevant. Und das macht Männlichkeit in diesem Sinne zu einer Art Konsumgut. Gleichzeitig wird sie gerade unter dem Eindruck gesellschaftlicher Transformationen immer wieder zu einem Politikum. In beiden Fällen etwas, dessen Ausgestaltung sehr viel mit der Dynamik einer komplexen Gesellschaft zu tun hat und meines Erachtens eher am Rande mit sowas wie einem sexual- und soziobiologisch getriebenem "natürlichem" Verhältnis zwischen Männern und Frauen.


  • Darf man davon ausgehen, dass die Provaktion das ist, worum es dir eigentlich geht?

  • Darf man davon ausgehen, dass die Provaktion das ist, worum es dir eigentlich geht?

    Ich verstehe die Frage. Aber tatsächlich ist das nicht der Fall. Es geht mir darum, einen Common Ground zu schaffen, und die Sachen, die ich als logisch betrachte, möglichst für mich zu klären und zu überprüfen, gegen welche Bestandteile es berechtigte und gute Argumente geht.

    Ich habe mich letztens unglaublich mit einer guten Freundin darüber gezofft und würde das gerne in Zukunft auch dadurch vermeiden, dass ich weniger Bullshit durch "lautes Denken" von mir gebe (polarisierendes Zeug, wie es mir hier teils auch passiert ist).

  • Nope, und die aller aller meisten Frauen in meiner Umgebung haben keine Angst Typen die ihnen deppert kommen eine zu schallern, die andern haben zumindest Freunde (mwd) die das gern übernehmen.

    Ah ja, die toxische Weiblichkeit der Moderne. 8o

    Der These (die Ralf Bönt aufgestellt hat), dass der Name Feminismus heute zumindest nicht mehr so gut passt, wie der Begriff des Antisexismus, würde ich mich anschließen (ich glaube, er hat es etwas schäfer formuliert, ich zitiere ihn nicht wörtlich).

    Ich selber halte den Feminismus als ein weit verbreitetes Relikt des 20. Jahrhunderts und damit veraltet. Wesentlich richtungsweisender finde ich den Post-Gender. Begrifflich ist es dem Feminismus schon deutlich überlegen, weil es a) nicht nur auf die Frau bezogen ist und sich damit auch Männer einfacher identifizieren können, b) auch alle anderen Geschlechterrollen abgedeckt sind, die jenseits von Mann und Frau liegen und c) Post-Gender ja schon aussagt, dass die Zeit "nachdem Geschlechterrollen gesellschaftlich Relevant waren" angestrebt wird.


    Selbst wenn jemand sagt "ich bin intersexuelle/r Feminist/in und will Gleichberechtigung für alle", sind die Probleme, die bereits das Wort machen, nicht kleinzureden. Feminismus ist ja keine einheitliche Gruppierung, die alle das selbe Ziel verfolgen. Den einen geht es wirklich nur um die Rechte der Frauen, die anderen wollen nur "zu den Guten" gehören und andere wollen halt wirklich alle mit einbeziehen. Aber genau diese Unterschiede sind ein Problem, weshalb das Konzept von vielen Leuten sehr stark abgelehnt wird.


    "Antisexismus" klingt für mich übrigens eher nach A-Sexuallität.

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  • Wo war nochmal das Problem dessen Lösung da so hart erarbeitet werden soll?

  • Was genau hat Sexismus mit Sexualität zu tun?

    Kontextbezogen nicht viel, ich weiß, ich hätte mir das Kommentar dazu sparen können.

    Und was schützt den neuen Begriff Post-Gender

    Erstens davor,dass wieder unterschiedliche Leute unterschiedliches damit verbinden?

    Und 2.vor Assoziationen mit der Bundespost?

    Post-Gender ist mehr als nur ein "neuer Begriff" für Feminismus, so mein Verständnis jedenfalls.


    Zu 1.: Das wird hier vermutlich genauso passieren oder passiert bereits. Aber die wesentliche Sache dabei ist, dass es hier nicht um "die eine Gruppe" geht oder um "alle" oder um "naja picken wir uns mal was zusammen", sondern per Definition allumfassende Gleichberechtigung. Beim Feminismus gibt es schon große Unterschiede je nach Gruppierung, hier sind die Unterschiede eher in dem, wie das Ziel erreicht wird. Das kann z.B. wie bei der Piratenpartei aussehen, wo Gendersprache abgelehnt wird und stattdessen die männliche Pluralform als neutral definiert wird oder aber eine Form überlegt wird, die weder männliches, noch weibliches beinhaltet (siehe anstelle von Kolleg*innen oder Kollegen das Kollegium ... könnte man auf alle Wörter ausweiten). Aber die feministische Gendersprache ist z.B. nicht barrierefrei und damit exklusiv.


    Zu 2.: Das Problem hat jedes Post-Wort, etwa Post-Demokratie, Post-Apokalypse oder Post-Mortem. "Post" bedeutet in vielen Zusammenhängen "nach einer bestimmten Zeit" und ist einfach zu vermitteln. Aber man wird es z.B. nicht damit assoziieren, dass eine der beiden Geschlechter die Vormachtstellung erhalten sollen. Beim Feminismus ist das anders (teils berechtigte Kritik, teils unberechtigt) und beim Maskulinismus sowieso. Wer solche Begriffe für ein gleiches oder ähnliches Ziel benutzt, der wird an manchen Stellen Schwierigkeiten haben, dass Konzept zu vermitteln. Besonders bei jenen Personen, die sich dadurch ausgeschlossen fühlen.

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  • Das Problem hat jedes Post-Wort, etwa Post-Demokratie, Post-Apokalypse oder Post-Mortem. "Post" bedeutet in vielen Zusammenhängen "nach einer bestimmten Zeit" und ist einfach zu vermitteln.

    Du hast Post-Materialismus vergessen.


    Das ist ein bisschen Schade, weil darin die eigentliche Ursache dafür zu finden ist, dass man sich noch so viele schöne "Post"- und "Anti"- Worte zusammenreimen kann, im soziologischen Hauptseminar, aber damit leider in der politischen Praxis immer wieder zielsicher genau die Leute nicht erreichen wird, die man eigentlich davon überzeugen müsste, dass sozial vermittelte Geschlechterrollen nicht das selbe sind wie biologische Geschlechter.


    Aber man kann sich natürlich statt dessen auch einfach noch ein paar tausend theoretische Partikular-Identitäten mehr ausdenken. Irgendwann ist man dann da angelangt wo man eigentlich auch viel einfacher hätte hinkommen können: Bei der simplen Tatsache, dass kein Mensch genau wie der andere ist.

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