#497 - Virologin Melanie Brinkmann #NoCovid

  • Here we go...



    Wir sind zu Gast am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und treffen Melanie Brinkmann. Melanie ist Virologin sowie Professorin an der Technischen Universität, Beiratsmitglied der "Gesellschaft für Virologie" und berät, neben anderen Virolog*innen, Kanzlerin Merkel. Sie plädiert für "No Covid" und damit einen Strategiewechsel in der Pandemiebekämpfung.


    Mit Melanie geht's zunächst kurz um ihre Forschung am Helmholtz-Zentrum: Woran wird aktuell genau geforscht? Wofür braucht es "Drittmittel"? Was hat es mit den Mutanten auf sich? Was ist der Unterschied zwischen einer Virus-Variante und einer -Mutation? Weshalb mutiert der Coronavirus überhaupt? Melanie erklärt, wieso Mutationen bisher in Südafrika, Großbritannien und Brasilien aufgetreten sind.


    Wir sprechen über die Impfstoffentwicklung und welche Probleme die Mutanten auslösen können: Warum kann es passieren, dass ein Impfstoff gegen eine neue Variante wirkungslos ist? Wieso gibt es noch gar keinen Impfstoff für Kinder und Jugendliche?


    Melanie erklärt ihren Strategiewechsel: Weshalb hat sie monatelang angenommen, dass die deutsche Strategie der Schadensminimierung Erfolg haben kann? Was spricht gegen die alte Strategie? Was spricht nun für "No Covid" und was bedeutet das konkret? Wie würde zB ein Landkreis zur "grünen Zone" werden? Sind null Neuinfektionen nicht illusorisch? Und wieso sollten wir es trotzdem probieren? Klar, Deutschland ist keine Insel, aber warum sollten wir dem australischen Modell dennoch folgen? Und wieso am besten gleich europäisch? Wie unterscheidet sich die "No Covid"- Strategie von "ZeroCovid"?


    Außerdem geht's mit Melanie über ihre Erfahrungen bei der Beratung der Spitzenpolitik, Frisuren und Masken.


    Links:

    - Das "No Covid"-Stragiepapier https://www.zeit.de/wissen/ges…01/no-covid-strategie.pdf

    - Melanie auf Twitter https://twitter.com/BrinkmannLab


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  • Zum Thema LongCovid und dass man das erst seit einem Jahr kennen würde.


    Ähnliche Erkrankungen wie LongCovid, sind eigentlich nichts neues in der Medizin.

    Es gibt eine große Überschneidung mit ME/CFS, das seit den 60er Jahren bekannt ist. Daran leiden in Deutschland 300.000 Menschen, doch es wird viel zu wenig daran geforscht.

    Auf viele Infektionskrankheiten folgen Symptome, wie Fatigue und neurologische Probleme, die zu schwerer Behinderung führen können. ME/CFS kann bspw. nach Influenza, SARS-1, oder EBV... auftreten. Aber damit kennt sich fast kein Arzt aus und auch einige Infektiologen, stellen es oft so dar, als seien postvirale Schäden etwas neues ungewöhnliches, wie man es nun bei Covid-19 beobachtet.


    Mehr Infos

    https://www.mecfs.de/was-ist-me-cfs/

  • Aber damit kennt sich fast kein Arzt aus und auch einige Infektiologen, stellen es oft so dar, als seien postvirale Schäden etwas neues ungewöhnliches, wie man es nun bei Covid-19 beobachtet.

    Ich kenne persönlich zwei Menschen, die nach dem Ausbruch einer EBV-Erkrankung (Pfeifferisches Drüsenfieber) lange, lange danach mit Müdigkeit und Erschöpfung zu kämpfen hatten. Dass Infektiologen dies als “neuartig“ abtun ist nicht richtig. Was aber richtig ist: Das EBV hat fast jeder von uns im Körper (mehr als 90%) - das SARS-CoV2 nicht.


    Übrigens interessantes Anmeldedatum, welches du da hast :*

  • Leider verpasst, zeitnah dabei zu sein. Ich habe noch eine Frage, vielleicht ja fürs nächste mal.

    Eigentlich ist es eher eine These. Evolutionsbiologisch ist sie eigentlich banal und umso erstaunlicher finde ich es, dass sie nirgendwo thematisiert wurde und ich auch bislang vergeblich versuche, eine Antwort darauf zu finden.

    Mit einem Lockdown erschweren wir die Bedingungen für die Virusübertragungen auf verschiedenen Ebenen, sowohl was die Anzahl der möglichen Übertragungen (Kontaktreduktion) als auch das Überwinden des Übertragungsweges (Masken, Abstandsregeln) angeht. Hiermit bewirken wir im besten Fall eine Reduktion der Viruspopulation auf einen Zielinzidenzwert und müssen bei dessen Erreichen den Lockdown wieder zurückfahren. Nach allem, was bekannt ist, erhöhen wir mit diesen Maßnahmen jedoch ganz klar auch den Selektionsdruck bezogen auf die Effizienz der Übertragung enorm. Dieser besteht in der geringeren Anzahl der dem Virus zur Verfügung stehenden Übertragungen, sprich es werden diejenigen Viruseigenschaften selektiert, welche eine effizientere Übertragung ermöglichen. Hier auch zu beachten das gleichzeitige und verstärkte tragen von Masken; hier werden diejenigen Viren selektiert, die eine Übertragung vielleicht durch längeres Überdauern im Aerosol, trotz Maske vollbringen. Unter dem Einfluss dieser Selektionsfaktoren reduzieren wir die Viruspopulation, erzeugen somit einen Flaschenhals, den nur sehr wenige Viren passieren können und zwar nur diejenigen, welche in den genannten Eigenschaften eine besondere Fitness an den Tag legen. So gesehen wäre ein Lockdown gleichzeitig mit seinen reduzierenden Eigenschaften auch eine Zuchtmaßnahme für Übertragungsfittere Varianten ...........

    Mir ist bewusst, dass eine solche These (so naheliegend sie meiner Ansicht nach auch ist) öffentlich nicht unbedingt gerne diskutiert wird um keine erhöhte Kritik an Lockdownmaßnahmen hervorzubringen. Und ich möchte ganz deutlich sagen, dass ich nicht gegen Lockdownmaßnahmen bin bzw. mir selbst nicht anmaße, einschätzen zu können, was hier mehr oder weniger bringt. Dennoch hoffe ich inständig, dass den Verantwortlichen gerade vor dem Hintergrund der aktuell hervorgebrachten Virusvarianten, die von mir angesprochenen Eventualitäten bekannt sind, bzw. diese diskutiert werden. Nur leider habe ich bislang nichts hierzu in Erfahrung bringen können. Vielleicht könnt ihr das ja. VlG

  • Du meinst also, dass wir uns aufgrund der Massnahmen ein besonders starkes Virus heran züchten, frei nach dem Motto "Nur das stärkere Virus überlebt"?

    Irgendwie ist mir da aber der Konjunktiv zu "groß".

  • Gibt es eigentlich Staaten, die die Strategie des wir-machen-nichts, durchgezogen haben? Die müssten dank exponentiellem Wachstum der Infektionen doch inzwischen durch sein, und 2-3% der Bevölkerung verstorben. Ich weiß nur von Weißrussland, wo es wohl keine Maßnahmen zur Eindämmung gibt.


    Philanthus Es könnte ja physikalische Grenzen geben, was die Infektiösität angeht, die durch Mutation nicht so einfach überwunden werden können.

  • Eigentlich ist es eher eine These. Evolutionsbiologisch ist sie eigentlich banal und umso erstaunlicher finde ich es, dass sie nirgendwo thematisiert wurde und ich auch bislang vergeblich versuche, eine Antwort darauf zu finden.

    Mit einem Lockdown erschweren wir die Bedingungen für die Virusübertragungen auf verschiedenen Ebenen, sowohl was die Anzahl der möglichen Übertragungen (Kontaktreduktion) als auch das Überwinden des Übertragungsweges (Masken, Abstandsregeln) angeht. Hiermit bewirken wir im besten Fall eine Reduktion der Viruspopulation auf einen Zielinzidenzwert und müssen bei dessen Erreichen den Lockdown wieder zurückfahren. Nach allem, was bekannt ist, erhöhen wir mit diesen Maßnahmen jedoch ganz klar auch den Selektionsdruck bezogen auf die Effizienz der Übertragung enorm.

    Naja, banal ist es nicht. Einerseits hast du sicherlich den Selektionsdruck, aber wenn du die Viruspopulation reduzierst, dann verringerst du auch enorm die Anzahl an überlebensfähigen (und vor allem infektiöseren Mutationen). Mutationen geschehen zufällig, und der Zufall wird in diesem Punkt erst gefährlich, wenn er die Anzahl an Mutationsmöglichkeiten sehr groß ist. Ich bin mir sicher, dass es hierzu Beiträge gibt. Der Grund dafür, dass die neue Virus-Varianten entstanden sind ist liegt vor allem daran, dass das Virus sich so enorm ausbreiten konnte und es für sich "hilfreichere" Mutationen entdeckt hat. Brasilien, die UK und Südafrika sind demnach keine zufälligen Entstehungsorte für solche Varianten - und wer weiß, ob man nicht auch in den USA ähnliche Phänomene hätte beobachten können oder im Nachgang noch entschlüsselt wird. Proben von Positivgetesteten werden ja teilweise aufbewahrt.


    Hier auch zu beachten das gleichzeitige und verstärkte tragen von Masken; hier werden diejenigen Viren selektiert, die eine Übertragung vielleicht durch längeres Überdauern im Aerosol, trotz Maske vollbringen. Unter dem Einfluss dieser Selektionsfaktoren reduzieren wir die Viruspopulation, erzeugen somit einen Flaschenhals, den nur sehr wenige Viren passieren können und zwar nur diejenigen, welche in den genannten Eigenschaften eine besondere Fitness an den Tag legen. So gesehen wäre ein Lockdown gleichzeitig mit seinen reduzierenden Eigenschaften auch eine Zuchtmaßnahme für Übertragungsfittere Varianten

    Tatsächlich würde sich solch eine Variante aber auch ganz ohne das Tragen von Masken früher oder später durchsetzen. Dass Masken der Flaschenhals sein könnten, wirkt für mich zunächst einmal eher nach einer sehr steilen These.

  • Wieder einmal eine tolle Folge! Insbesondere ihre Erklärungen sind grandios, besonders mit den Haaren! Lass dich da bloß nicht unterkriegen Tilo !;)

    Ich würde mir eine darauf aufbauende Folge mit Michael-Meyer Hermann oder einem anderen Modellierer wünschen. Die mathematische Sicht auf eine Pandemie finde ich ist viel zu unterrepräsentiert in der Öffentlichkeit und genauso spannend!

  • Naja, banal ist es nicht. Einerseits hast du sicherlich den Selektionsdruck, aber wenn du die Viruspopulation reduzierst, dann verringerst du auch enorm die Anzahl an überlebensfähigen (und vor allem infektiöseren Mutationen). Mutationen geschehen zufällig, und der Zufall wird in diesem Punkt erst gefährlich, wenn er die Anzahl an Mutationsmöglichkeiten sehr groß ist. Ich bin mir sicher, dass es hierzu Beiträge gibt. Der Grund dafür, dass die neue Virus-Varianten entstanden sind ist liegt vor allem daran, dass das Virus sich so enorm ausbreiten konnte und es für sich "hilfreichere" Mutationen entdeckt hat. Brasilien, die UK und Südafrika sind demnach keine zufälligen Entstehungsorte für solche Varianten - und wer weiß, ob man nicht auch in den USA ähnliche Phänomene hätte beobachten können oder im Nachgang noch entschlüsselt wird. Proben von Positivgetesteten werden ja teilweise aufbewahrt.


    Tatsächlich würde sich solch eine Variante aber auch ganz ohne das Tragen von Masken früher oder später durchsetzen. Dass Masken der Flaschenhals sein könnten, wirkt für mich zunächst einmal eher nach einer sehr steilen These.

    Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Mutationen ist immer mehr als ausreichend, um eine schnelle Änderung hervorzurufen. Es ist ein Virus und kein Elefant, der in seiner Gruppe von 10 Individuen und einer Generationszeit von 40 Jahren durch die Savanne wandert. Eine der häufiger genannten Theorien geht gar davon aus, dass die Konformation von Medikation und Immunsystem eines einzigen Patienten den entsprechenden Selektionsdruck zur Entstehung einer oder mehrerer der entstandenen Varianten erzeugt haben könnte (Immunescape-Hypothese). Sogar im Beitrag von Frau Brinkmann kam kam die fehlende Proof-Reading Funktion der Virusreplikation zur Sprache, welche eine derartig hohe Fehlerquote (= sozusagen Mutationsquote) zur Folge hat, dass hier sogar von befallener Zelle zu Befallener Zelle mutationsmäßig sehr viel passiert.

    Ja, eine vorteilhafte Mutation setzt sich häufig ohnehin irgendwann durch, jedoch bei vorhandenem Selektionsdruck wesentlich schneller, als dies normalerweise der Fall wäre. Das Experiment, ein neu auf eine Population Mensch treffendes Virus einem zusätzlichen Selektionsdruck durch Lockdowns auszusetzen, wurde so noch nicht versucht. Daher wundert es mich, dass zu diesem Selektionsdruck keine einzige Publikation oder Diskussion zu finden ist.


    Der Flaschenhals besteht nicht in den Masken an sich sondern in der von dir selbst angesprochenen Reduktion der Anzahl von Übertragungsmöglichkeiten. Die Viruspopulation ist in der Flasche, der Flaschenhals besteht in der herbeigeführten Reduktion der Übertragungsanzahl und der schwereren Übertragung an sich durch verminderte Aerosol- und Tröpfchenbildung. Die verminderte Anzahl an Viren, die diesen Flaschenhals passieren kann, muss....so die These...zu einem überproportional großen Anteil aus Viren bestehen, die besonders gut im Beisein aller Maßnahmen übertragen, jede Mutation, die sich hier günstiger Verhält ist bei der Passage des Flaschenhalses von großer Bedeutung. Und dann machen wir wieder auf....


    Ich wäre sehr dankbar, wenn jemand Aussagen oder Publikationen zu genau diesem Thema finden würde. VlG

  • ...

    Sämtliche Theorien auf die du dich beziehst haben schlüssige Argumente und schließen sich nicht gegenseitig aus. Auch wenn man noch die Immune-Escape These hinzunimmt ist das so.

    Auch habe ich betont, hier auf keinen Fall Maßnahmen oder Kritik an Maßnahmen aus dem geschriebenen ableiten zu wollen, das bitte ich zu berücksichtigen.

    Solange schlüssige Argumente für eine These vorliegen, handelt es sich auch nicht um eine Spekulation sondern um eben jenes, eine These.

    Mein Antrieb mich hier zu erkundigen, ist Quellen für die meine zu finden, da es mich einfach sehr wundert, dass ein Mechanismus, der eigentlich Prüfungsstoff für jeden Biologiestudenten des 1. und 2. Semesters ist, in den öffentlich gemachten Überlegungen keinerlei Anwendung findet. Erkenntnisgewinn ist das Ziel und nochmal: Es sollen hier keine Maßnahmen kritisiert oder bessere Maßnahmen vorgeschlagen werden. VlG

  • Stubenarrest wenn das Kind beim Essen aufsteht??? Wtf?

    Das kann ich verstehen und unterstützen. Ungünstig fand ich dagegen das "den Teller leer essen", das sollte nur für selbst aufgeladene Teller gelten sonst erzieht man in die Essstörung hinein.


    Sonst freue ich mich dann schon auf ein ausgearbeitetes Konzept zu NoCovid.

  • Anmerkungen:


    Was ich nicht verstanden habe: Sind die Maßnahmen auf die No Covid setzt nicht auch im Wesentlichen nicht-pharmazeutische Interventionen?


    Der Schwellwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern stammt aus einer Schätzung über die Kapazität für die Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter soweit ich weiß.


    Low Covid?


    Also heute versucht man eigentlich den Zahnstand möglichst zu erhalten.

  • Eine der häufiger genannten Theorien geht gar davon aus, dass die Konformation von Medikation und Immunsystem eines einzigen Patienten den entsprechenden Selektionsdruck zur Entstehung einer oder mehrerer der entstandenen Varianten erzeugt haben könnte (Immunescape-Hypothese). Sogar im Beitrag von Frau Brinkmann kam kam die fehlende Proof-Reading Funktion der Virusreplikation zur Sprache, welche eine derartig hohe Fehlerquote (= sozusagen Mutationsquote) zur Folge hat, dass hier sogar von befallener Zelle zu Befallener Zelle mutationsmäßig sehr viel passiert.

    Die Immunescape-Hypothese und eine Mutation, die ggf. zu einer erhöhten Infektiosität führt sind aber nicht zwangsläufig (sie können es sein) Mutationen, die miteinander zu tun haben. Darüber hinaus kann es auch durchaus dazu kommen, dass eine Mutation zwar zu einem infektiöseren Virus führt, dieses aber durch die Mutation deutlich weniger Gefährlich im Krankheitsverlauf ist. Gegen den Immune-Escape gibt es ja auch Impfstoffe, die das Gesamte Virusgenom abbilden und nicht nur die Spikeproteine.


    Nichtsdestotrotz bleibt die Frage, was denn die Alternative zu einem Lockdown sein soll.

  • Philanthus Du solltest dich mal fragen, warum es bei Viren Saisonalität gibt, wenn die Absenkung der Dichte von Wirten durch Übertragungsreduktion einen Flaschenhals erzeugt.


    Aber diese Pandemie ist sicherlich eine Möglichkeit das besser zu verstehen. Zunächst muss man allerdings sehen, ob es wirklich Beispiele für generisch übertragungsfähigere Varianten gibt und dann möglichst bestimmen, unter welchen Bedigungen sie entstanden sind.

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