Technik & Ges(t)ellschaft

  • Zitat von Technaeis

    Es ist Zeit, die richtigen Fragen zu stellen.

    Immer wenn ich diesen Satz höre habe ich das Gefühl, dass der oder diejenige nicht nur glaubt zu wissen, was die richtigen Fragen sind, sondern auch bereits die Antworten zu kennen glaubt. Komplizierte Gedanken kann man auf 'ne halbe DINA4-Seite eindampfen - give it a try.

  • Immer wenn ich diesen Satz höre habe ich das Gefühl, dass der oder diejenige nicht nur glaubt zu wissen, was die richtigen Fragen sind, sondern auch bereits die Antworten zu kennen glaubt. Komplizierte Gedanken kann man auf 'ne halbe DINA4-Seite eindampfen - give it a try.

    Es ist Zeit, die richtigen Fragen zu stellen.

    Finde eher, dass es andersrum wichtiger ist: Es ist an der Zeit, die falschen Fragen zu ignorieren.


    (Zizek hatte mal eine VL, wo er sowas meinte wie: Es gibt nicht nur falsche Antworten, sondern auch falsche Fragen und es sei Aufgabe der Philosophie diese zu filtern.)

  • Finde eher, dass es andersrum wichtiger ist: Es ist an der Zeit, die falschen Fragen zu ignorieren.


    (Zizek hatte mal eine VL, wo er sowas meinte wie: Es gibt nicht nur falsche Antworten, sondern auch falsche Fragen und es sei Aufgabe der Philosophie diese zu filtern.)

    Ich hab die Vorlesung nicht gesehen, aber so als Stand-alone Aussage finde ich so etwas immerzu schwierig und ein wenig wischiwaschi - auch wenn ich aus dem Statement für mich schon etwas entnehmen kann. Die große, unnötigste aller Fragen, die momentan die halbe Welt beschäftigt lautet: “wann wird wieder alles normal?“. Eine richtige Zeitverschwendung, so eine Zukunftsnostalgie...


    Zuletzt wurde auch irgendwo im Forum Poppers Toleranzparadoxon aufgeführt. Das ist aus einem Band der “Offenen Gesellschaft und ihre Feinde“ und wurde dann praktisch direkt auf Trump und Konsorten angewandt. Problematisch ist, wenn diese Form der ultima ratio nicht mehr ultima ratio ist, sondern als business as usual Methode missbraucht wird um missliebige Meinungen zu torpedieren. Auch hier wäre eine halbe DINA4-Seite zu Poppers Gedanken aufschlussreich gewesen und hätte klargestellt, dass es dann doch nicht so einfach ist.

  • Wer sagt, dass sich die Dinge neu sortieren? 🤔 Sie sortieren sich wahrscheinlich nur in anderem Gewand neu.

    Zitat

    technokraten, kapitalisten, sozialisten...systeme oder menschen die in binären schubladensystemen denken - die analyse läuft noch

    Die schlaueste List des Teufels ist es, uns davon zu überzeugen, dass es ihn nicht gibt ;)

  • Die Komplexität der Stromversorgung nimmt zu (heise.de)

    "Eine Rückkehr zu fossilen, thermischen Großkraftwerken ist kaum denkbar, nicht zuletzt, weil die dafür benötigten Brennstoffe aus deutscher Produktion nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch die Struktur der kaskadierten Netze scheint aufgrund der Zunahme der Zahl der Einspeiser auf unterschiedlichen Netzebenen kaum mehr zukunftsfähig zu sein.

    Der Konflikt zwischen "Unbundling" und Energiewende


    Bei dem in den 1990er-Jahren umgesetzten "Unbundling", mit dem man begann, den Stromhandel von der physikalischen Stromlieferung zu trennen, gingen Verfechter der Steuerung allen Geschehens durch den Markt davon aus, dass es sich bei Strom um ein Produkt handelt, das wie ein flächendeckendes Angebot zu gleichen Bedingungen in Märkten und auf Börsen wie ein gewöhnliches Handelsgut betrachtet werden kann. Das deutsche Stromversorgungsnetz wird dabei behandelt, als sei es eine unendlich leitfähige Kupferplatte." :S

    Haja und was ist passiert? Stromversorgung wurde privatisiert.


    Wenn man es sich genau anschaut, sie man, dass sich so ein Gut gar nicht für einen Markt, der mit Preisen operiert, eignet. Guter Text 👍

  • gesellschaften im mangel neigen zum kollektivismus, gesellschaften im überfluss zum individualismus. stammt vermutlich aus einer mir noch unbekannten feder (und ist ein alter hut), jedoch klingt es nach etwas worüber es sich imo lohnt nachzudenken (gerade wenn verzicht oder überfluss als alternativlos deklariert wird :S)

    Wenn die These stimmt, dann müssten wir eigentlich mehr Kollektivismus sehen. In den USA lebt der Großteil der Menschen in Armut, also Mangel. Die Idee ist interessant, aber da spielen noch viele andere Sachen mit rein. Klar stimmt das aber auch. Arbeiter im 19. Jahrhundert haben eigene Organisationen zur Verminderung von individueller Armut gegründet, in die gemeinsam eingezahlt wurde. Im Mittelalter (also Mangel) gab es keinen Individualismus. Jeder Mensch war in einem Gemeinschaftskreis eingebunden (Familie, Dorf, Gilde, Bruderschaft, Zusammenschlüsse usw.) und in diesem Gemeinschaftskreis hat man sich um Armut gekümmert. Das wirkliche isolierte Individuum kam erstmals zum vorscheinen als eine "freie" Arbeiterschaft entstand im Zug der Bauernbefreiung, Einhegung von Land, Arbeitslosigkeit usw.. In England, während des Industrialisierungsprozesses, hat man versucht diese neue Form von sozialem Phänomen Herr zu werden, in dem man für Vagrantentum drakonische Strafen (bis zur Todesstrafe) verhängt hat, was letztenende vergeblich war und sich zwischen Staat und Induviduum ein neues, auch materielles Verhältnis bilden musste.

  • Wenn die These stimmt, dann müssten wir eigentlich mehr Kollektivismus sehen. In den USA lebt der Großteil der Menschen in Armut, also Mangel. Die Idee ist interessant, aber da spielen noch viele andere Sachen mit rein. Klar stimmt das aber auch. Arbeiter im 19. Jahrhundert haben eigene Organisationen zur Verminderung von individueller Armut gegründet, in die gemeinsam eingezahlt wurde. Im Mittelalter (also Mangel) gab es keinen Individualismus. Jeder Mensch war in einem Gemeinschaftskreis eingebunden (Familie, Dorf, Gilde, Bruderschaft, Zusammenschlüsse usw.) und in diesem Gemeinschaftskreis hat man sich um Armut gekümmert. Das wirkliche isolierte Individuum kam erstmals zum vorscheinen als eine "freie" Arbeiterschaft entstand im Zug der Bauernbefreiung, Einhegung von Land, Arbeitslosigkeit usw.. In England, während des Industrialisierungsprozesses, hat man versucht diese neue Form von sozialem Phänomen Herr zu werden, in dem man für Vagrantentum drakonische Strafen (bis zur Todesstrafe) verhängt hat, was letztenende vergeblich war und sich zwischen Staat und Induviduum ein neues, auch materielles Verhältnis bilden musste.

    Die Marktwirtschaft entwickelte sich im Mittelalter, was heißt, dass für den Markt produziert wurde und nicht für sich selbst, um seine Existenz zu bestreiten (also Subsistenzwirtschaft).


    Also, man geht heutzutage davon aus, dass sich die Marktwirtschaft aus Überschüssen gebildet hat: man konnte diese Überschüsse am Markt weiterverkaufen und das war vor allem Getreide.


    (natürlich nicht immer und nicht in Zeiten von Not und Krise)

  • Wo erkennen Sie Zusammenhänge in unserer komplexen Welt? (wdr5)

    ".. Es ist Zeit, die richtigen Fragen zu stellen."

    Absolut!


    Zwei Ressourcen die mir zu diesem Thema einfallen:


    https://futurethinkers.org/the-right-questions/


    https://civilizationemerging.com/dharma-inquiry/


    In seinem Buch - Designing Regenerative Cultures - hat Daniel Wahl sogar die Fragestellung als Ausdrucksperspektive gewählt:

    https://www.goodreads.com/book…ing-regenerative-cultures

  • Chiles kybernetischer Traum von Gerechtigkeit

    Beflügelt von der Aufbruchstimmung im sozialistischen Chile der Allende-Zeit entwickelt eine Gruppe von Ingenieuren ein Computernetzwerk, mit dem die Wirtschaft des gesamten Landes gesteuert werden soll – ein Experiment, das wie Science-Fiction anmutet: Projekt Cybersyn.

    https://www.deutschlandfunkkul…ml?dram:article_id=471842

    https://www.jacobinmag.com/201…ile-beer-medina-cybersyn/


    Wer weiß, womöglich hätte es geklappt. Theoretisch auf jeden Fall.


    zusatzartikel: https://www.prindlepost.org/20…ulation-debate-revisited/

  • Technocracy was a progressive engineering movement founded by Howard Scott and Walter Rautenstrauch and centered at Columbia University School of Engineering. The movement believed that engineers were better suited to running society than were businessmen. ...


    https://www.historyonthenet.co…/2-reception/technocrats/


    Übrigens lustig, dass diese Leute anscheinend erkannt haben, dass für die Regierung der Gesellschaft Businessmen vorgesehen waren 😅 aha, das ist wieder so entlarved.

  • mal abgesehen davon das es weniger mit vorsehung zu tun hat, als mit real existierenden verhältnissen im kapitalismus jener zeit. hast du ggf. textzitate aus dem dokument gefunden, welche die aussage "that engineers were better suited to running society than were businessmen" belegen. ich habe es so verstanden, dass die technokraten eine politische partei von politikern war, deren berufsausbildung ingenieur oder wissenschaftlicher ist und dem entsprechend auch ein anderes politisches programm evaluiert wurde. heute sind es ja meistens juristen oder wirtschaftler...daher habe ich noch nicht so recht verstanden warum man menschen die diese berufe gelernt haben und für eine aktive demokratische politische partizipation stehen, so darstellt als würden sie sich für schlauer halten oder sozialtechnik betreiben. diesen vorwurf kann man dann letztendlich doch jeder politischen gruppierung machen die in irgendeiner weise die gesellschaft politisch gestalten will.

    Viel habe ich mich mit Technokratie nicht beschäftigt, aber ich denke, du hast recht mit dem Zeitgeist damals. Weil der Liberalismus weitgehend wegen der Wirtschaftskrise diskreditiert war, gab es viele Vorstellungen davon, dass Planwirtschaft, gesteuert durch rationale Anwendung der Wissenschaft das richtige Modell einer zukünftigen, nicht wieder im Chaos endenden Gesellschaft sei (bei Wikipedia steht, dass sogar Thorstein Veblen Technokratie befürwortet hat). Beeinflusst wurde die Auffassung auch von der Industrialisierung in der Soviet Union (als es klar war, in welches Monster sich das System entwickelte, fanden Liberale dann wieder eine Legitimation für den Kapitalismus, die ja bis heute noch wirksam ist und regelmäßig geäußert wird). Aber sehr bedenklich, dass der Liberalismus letztenendes sich dann doch wieder durchgesetzt hat (durch bemerkenswerte Umstände).



    so darstellt als würden sie sich für schlauer halten oder sozialtechnik betreiben.


    Der Unterschied ist, dass eine Technokratie eine auf "rationeller" Anwendung der Wissenschaft basierende Planwirtschaft wäre. Wirtschaft und Gesellschaft müssen demnach auf das jeweile Ziel bewusst hingesteuert werden.


    Im Liberalismus ist es anders. Kräfte des Marktes sind bis zu einem gewissen Grad automatisch wie z. B. der Preismechanismus von Angebot und Nachfrage. Als Liberaler könnte man (und hat man auch) Technokraten oder Planwirtschaft-Befürwortern vorwerfen, dass sie versuchen die komplexen, eigentlich unergründlichen und spontan entstehenden Strukturen in der Gesellschaft vorhersehen und steuern zu wollen (bei Hayek die spontane Ordnung). Dieser Eingriff in die natürliche Ordnung, deren Ausdruck für Liberale die freie Marktwirtschaft ist, sei ein grundlegend falschgeleiteter Ansatz und würde nur wieder in einer totalitären Diktatur enden. Hört sich überzeugend an oder? Letztenendes bedeutet das aber im Kapitalismus die Herrschaft des Kapitals und Unterwerfung von Menschen durch Menschen.

  • ich bin mit dem dokument noch nicht ganz durch, aber bisher konnte ich nirgends lesen, dass die technokraten eine planwirtschaft realisieren wollten. vielleicht kannst du ja die entspr. stelle kurz zitieren.

    etwas anders zu organisieren bedeutet ja nicht immer automatisch planwirtschaft. gerade deswegen ist cybersin so interessant, da ging es ja eher um selbstorganisation als um planwirtschaft:

    andere spielarten von organisation der wirtschaft sind bestimmt auch interessant und befruchtend :S


    Naja es gibt eigentlich nur zwei Methoden, wie Güter verteilt werden können. Über Marktsysteme (die aber vielfälltig sein können) oder über Planung. Ein System ohne Markt muss zwangsläufig Planung beinhalten. Eine Mischung geht auch. Wie schon geschrieben war die Technocracy Bewegung eine Bewegung gegen den Liberalismus und Kapitalismus:


    The first principle of technocratic planning rejected as irrelevant the liberal conception of a competitive economy. By contrast, the second principle used the change in the economic landscape to offer a positive alternative to the liberal vision of capitalism: the world to come was to be dominated not by the invisible hand of competition but by a visible hand of planning and conscious coordination. Some of the impetus for an organised capitalism through amalgamations and cartel arrangements in nineteenth-century Germany, and later in other countries, was in response to economic back-wardness: an attempt to generate scale efficiencies and to conserve, through centralisation, the scarce human and institutional resources available for enterprise management (see Chapter 2). However, for a broad swathe of opinion, the most significant motivation for an acceptance of consolidation and organisation was that the planned, ordered economy offered a possibility of relief from the gyrations in prices, production and employment that seemed to be endemic to capitalism.


    https://link.springer.com/chap…007%2F978-1-137-56396-5_4


    Auch das System von Alende sollte planwirtschaftliche Elemente haben, die mit Arbeiterselbstverwaltung kombiniert waren und die durch rationale wissenschaftliche Methoden der Planung (wie lineare Optimierung, Statistik usw.) unterstützt werden sollten, also auch ein Element von technokratischer Regierung. Das System wurde nie vollendet, heutzutage bin ich aber sicher, dass so etwas funktioniert.

    Technokratie finde ich vom Absatz her nicht schlecht. Das Problem ist eben, dass sich eine technokratische Elite herausbildet, die auch undemokratisch Politik machen würde. Man macht es entweder von Anfang an dezentral machen, oder eben mit Mechanismen, die Zentralisierung verhindert (z. B. mit Rotations- und Wahlsystem).

  • soweit ich es verstehe, ist dies ein beispiel der undifferenzierten verwendung des begriffs welche ich oben ausgeführt habe: in diesem buch geht es um eine technokratische planung des sozialismus (als abwertender vorwurf), nicht um die politische bewegung der technocrats in den usa und deren politische agenda. aber ich kenne mich wie gesagt mit der politischen bewegung der technocrats nicht gut genug aus, als das ich behaupten könnte eine planwirtschaft hätte nicht auch auf deren agenda gestanden.

    ja, die alt bekannte eliten verschwörung...entlarvend :S

    Beispiele für die Wahrheit dieser "Verschwörungstheorie" gibt es ja genug.


    Und ich bin zu faul jetzt, ein Zitat rauszukramen, aber ich frag mal anders: Wie wollten die Technocrats deiner Meinung nach die Wirtschaft gestalten?

  • https://twitter.com/FrankPasquale/status/1358814420344922113

  • keine ahnung, bin ja kein technokrat...deswegen frage ich ja. aus dem dokument welches vorliegt, konnte ich bisher folgende punkte welche die wirtschaftliche umorganisation betreffen herauslesen:

    - preis-system auf basis energie umstellen (theory of energy S.12)
    - umverteilung der gesamtgesellschaftlich arbeit auf alle arbeitnehmenden

    - festsetzung des mindesteinkommens auf 20.000$


    welchen ansatz ich eher bedenklich finde ist z.b.: "the Technological system would be applied to grade and classify all human beings so that some would be factory workers, some domestic workers, some secretaries and so on." (S.22). passt imo irgendwie üerhaupt nicht zum versprechen der individuellen freiheit: "if Technocrazy threatens to destroy individualism or spread of progress it wil be rejected." (S.12)
    vielleicht finden sich ja weitere quellen aus denen hervorgeht was da des pudels kern ist :S

    Welches Dokument?


    Ich würde auch behaupten, dass wir wieder in Zeiten der Technokraten leben. Die neoliberale Ideologie setzt auf Marktlösungen und diese Märkte werden von Wirtschaftswissenschaftler designed (marketdesign, marketcraft).

  • Nevada will lokale Regierungsmacht an Tech-Firmen abtreten – samt Gericht (heise.de)

    "Nevadas Gouverneur will Tech-Firmen erlauben, neue Städte zu bauen. Die Firmen wären dort Regierung, Schulbehörde, Polizei und Justiz in einem."


    und was mein ihr? kapitalismus, neoliberalismus, technokratie oder planwirtschaft?
    fände ich spannend wie ihr das einsortieren würdet und mit welcher begründung.

    Man braucht nicht lange überlegen zu was das führt.

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