Bidens Handlungen/Resultate als POTUS

  • Das halte ich für sehr weit hergeholt. Es ist auch eher so ein Äpfel-mit-Birnen-Vergleich.


    Du unterschlägst einfach, dass all die anderen Länder die Du da nennst arme Entwicklungsländer ohne nenenswertes geostrategisches Potenzial waren.


    Die USA hingegen sind zwar ein sterbendes, aber immer noch bis an die Zähne bewaffnetes Imperium.

    Es ist richtig, dass wir keinen historischen Vergleich haben und ich Vermutungen anstelle. Allerdings versuche ich zumindest auf der Basis bisheriger gescheiterter Staaten Vermutungen anstzustellen. Mir erscheint eine totalitäre Herrschaft mit einem gleichgeschaltetem Staat wie im Hitlerdeutschland oder Stalinismus in den USA nicht plausibel.


    Andererseits gibt es die sog. "sacrifice zones" in den USA schon seit Jahrzehnten. Regionen die einfach der Armut hingegeben werden.


  • Es ist richtig, dass wir keinen historischen Vergleich haben und ich Vermutungen anstelle. Allerdings versuche ich zumindest auf der Basis bisheriger gescheiterter Staaten Vermutungen anstzustellen. Mir erscheint eine totalitäre Herrschaft mit einem gleichgeschaltetem Staat wie im Hitlerdeutschland oder Stalinismus in den USA nicht plausibel.

    Ich gebe zu Protokoll, dass das mit der Militärdiktatur vom Kollegen Wemir ins Spiel gebracht wurde, und dass ich erst kürzlich angemahnt habe, dass man das, was da am 6. Dezember passiert ist und jetzt den Republikanern von empörten Liberaldemokrat*innen um die Ohren gehauen wird, nicht mit Faschismus gleichsetzten sollte.


    Aber mal abgesehen davon: Dass in Teilen der USA bereits Verhältnisse herrschen, die denen in failed states gleichen, ist weder eine bahnbrechend neue Erkenntnis, noch kann man es Trump - der es zweifellos nicht besser und sehr wahrscheinlich noch schlimmer gemacht hat - allein in die Schuhe schieben. Der langsame aber stetige Niedergang der Mittelschicht vollzieht sich da ja schon seit Jahrzehnten und wurde seither von beiden Seiten des binären politischen Spektrums weiter voran getrieben.

    Im selben Zeitraum wurden - ähnlich wie diesseits des Atlantiks, nur noch wesentlich brutaler - die Gewerkschaften immer schwächer und die Konzernlobby immer mächtiger. So desolat also die Lage für viele Menschen im Land sein mag - Beide Parteien gaben bisher erfolgreich ihr Bestes dafür, dass sich daraus keine kritische Masse entwickelte, die sich ernsthaft gegen das Primat des organisierten Großkapitals und sein Profitinteresse hätte auflehnen können.


    Die "Spaltung" der übrigen, nicht zur twitter-affinen, weltbildungsbürgerlichen Gesellschaft der konservativen business people und der liberalen professional-class in den urbanen Großräumen der Küstenregionen gehörenden Bevölkerung - ob gewollt und gezielt herbeigeführt oder nicht, lasse ich jetzt mal außen vor - war dabei bis zum Ausbruch der Pandemie kein Ausnahmezustand, sondern genau das, was der herrschenden Klasse bisher ihre Herrschaft gesichert hat.

    Das sieht auch Chris Hedges nicht anders, weshalb er ja seit Jahren vergeblich Bücher darüber schreibt, durchs Land zieht, um Vorträge darüber zu halten, und damit selbst beim linksliberalen Establishment so unten durch ist, dass er nur noch im notorisch spalterischen russischen Staatsfernsehen, bei anderen ausländischen Sendern, oder auf den reichweitenmäßig völlig marginalen alternativen Medien seine ebenso treffenden wie apokalyptischen Analysen in Interviews verbreiten darf.


    So lange dabei jedoch noch genug Geld aus dem Rest der Welt ins Mutterland der globalen Leitwährung fliesst, und die Finanzoligarchie, das Kartell der fossilen Brennstoffkonzerne, die virtuellen Mono- und Oligopolisten in Silicon Valley und - allen voran - der militärisch-industrielle Komplex und der ihm nahestehende, absurd aufgeblähte Geheimdienstapparat, als gleichsam ökonomische wie militärische Mittel der Machtsicherung, dabei weiter auf ihre Kosten und Profitmargen kommen ist das zwar vielleicht eine failed democracy aber noch kein gescheiterter Staat.


    Die Frage ist nicht, ob dabei eine Lunte an ein Pulverfass gelegt wurde, sondern nur, wie viel davon noch abbrennen muss, bis das Ding tatsächlich in die Luft fliegt - und zwar nicht in irgendeiner zwar vielleicht schrecklichen aber geordneten Form (Faschismus, Stalinismus, Junta, oder sonstiger Totalitarismus mit starker politischer oder militärischer Führung), mit welcher der Rest der Welt noch irgendein halbwegs berechenbares Geschäftsverhältnis unterhalten könnte, sondern chaotisch und unberechenbar -


    - Also in etwa genau so, wie der "Putsch"-Versuch, der sich neulich im Kapitol abgespielt hat, und bei dem mitnichten eine stramm organisierte Bewegung zur Übernahme des Staatsapparates zum Vollzug schritt, sondern eine zwar von gewissenlosen Opportunisten und rechten Demagogen angeheizte, aber gleichzeitig recht bunte Mischung aus tatsächlichen FaschistInnen und RassistInnen, ur-amerikanischen Freiheits- und PrivateigentumsfetischistInnen, marktliberalen bis -radikalen libertarians, selbsternannten VerfassungsverteidigerInnen, AnarchokapitalistInnen, den einen oder anderen selbsterklärten "Linken", einem Haufen AnhängerInnen der abstrusesten Verschwörungsideologien, und vor allem jeder Menge besorgter BürgerInnen, die ernsthaft der Ansicht waren, die Wahl von Joe Biden sei manipuliert, gefälscht, und ein abgekartetes Spiel des politischen Establishments, um seine Pfründe gegen die Verfassung und den Willen von "we the people" zu sichern.


    Auf der anderen, nicht mehrheitlich weißen Seite der Gesellschaft ist die Chaos-Bewegung allerdings kaum weniger divers und heterogen. Bei den George Floyd- und BLM-Protesten hat sich der ursprüngliche Aufschrei gegen die Brutalität des Staatsapparates gegen seine schwächsten - also vor allem seine ärmsten - StaatsbürgerInnen sehr schnell in eine gewaltsame Entladung des allgemeinen, diffusen Frustes über die herrschenden Verhältnisse verwandelt.

    Eine klare, die Bewegung organisierende politische Linie außer "Racism is evil" und all cops are racist bastards war da irgendwann auch nicht mehr wirklich erkennbar, während Menschen aller möglichen Hautfarben und aus durchaus unterschiedlichen Motiven, mal friedlich, mal gewaltbereit, durch die Straßen zogen und nicht nur die Villenviertel der Reichen, die Hochglanzfassaden der Franchise-Ketten, der Banken, oder gar der Konzernzentralen attackierten, sondern auch viele Wohnhäuser und Geschäfte plünderten und abfackelten, die von genau den Minderheiten betrieben wurden, deren Verteidigung gegen die Staatsgewalt und die von ihr gesicherten (rassistischen) Strukturen man sich ursprünglich mal auf die Fahnen geschrieben hatte.


    Ein failed state ist hingegen ein Staat, der eigentlich gar keinen funktionierenden Staatsapparat mehr hat und sich in einem Zustand der Anomie befindet - in einem Machtvakuum, zu dessen Ausfüllung sich dann unterschiedliche Fraktionen bilden und versuchen Leute hinter sich und ihren Versuch der Machtübernahme zu bringen. Treffendere Beispiele als...


    Afghanistan, Irak, Mexiko oder Syrien

    ..., die ja (vielleicht mit Ausnahme Afghanistans, das noch nie ein richtiger Nationalstaat war) wie Du selbst schreibst noch über Zentralregierungen und einen starke Sicherheitsapparat verfügen, wären Libyen, Somalia, oder Jugoslawien während des Bürgerkrieges.

    Es reicht nicht, festzustellen, dass der Staat Teile des Landes im Stich lässt, so lange er in anderen Teilen noch genug Kontrolle ausüben kann, um sich selbst - notfalls mit Gewalt - aufrecht zu erhalten und die Interessen seiner staatstragenden Eliten zu bedienen.

    Was jetzt passiert ist allerdings die Offenlegung der zunehmenden Unfähigkeit der politischen Klasse an der Spitze des amerikanischen Staates, ihre eigene Kontrolle über dessen Apparate gegenüber der Bevölkerung zu legitimieren. Und wenn sich dieser allgemeine Legitimationsverlust - durch den Brandbeschleuniger der ökonomischen Katastrophe in der Pandemie noch zusätzlich befeuert - weiter verfestigt, dann droht der Staat in der Tat zu scheitern.


    Man bedenke dabei auch, dass sich die unteren Mannschaftsränge der Streitkräfte - genau wie die militarisierte, uniformierte Polizei in den großen Ballungsräumen - vowiegend aus den Angehörigen der ärmeren Schichten rekrutieren, und dass sich deren Motivation, einen möglicherweise mit ernsthafter Gefahr für Leib und Leben verbundenen Job anzunehmen, der es ihnen abverlangt, sich einer knallharten Hierarchie zu unterwerfen und auf einen großen Teil ihrer Bürgerrechte zu verzichten, nicht allein aus autoritärem Charakter, oder aus glühendem Patriotismus und selbstloser Opferbereitschaft für Gott und Vaterland speißt - so wie es die vom militär gesponserten Erzeugnisse der Unterhaltungsindustrie und die regelmäßige obligatorische Heldenverehrung der VeteranInnen in den feierlichen Reden der PolitikerInnen vielleicht suggerieren -, sondern aus den ökonomischen Notwendigkeiten materieller Verhältnisse, in denen ein Großteil der ohnehin schon sträflich vernachlässigten Unterschicht gar keine andere Verwertungsmöglichkeit ihrer Arbeitskraft mehr findet, und es sich in einer durchprivatisierten Universitätslandschaft schon gleich gar nicht leisten kann, sich durch höhere Bildung aus dieser Misere zu retten.


    Ich halte es jedenfalls für sehr unwahrscheinlich, dass man bei einem Scheitern des politsichen Systems eine Bevölkerung von 330 Millionen, die über einen halben Kontinent mit vier Zeitzonen verteilt ist, noch unter irgendeinem gemeinsamen Banner zusammenhalten kann - auch nicht mit der geballten Macht der amerikanischen Militärmaschine. Das wäre dann in der Tat der Zusammenbruch des Imperiums - aber ganz sicher nichts, was am Rest der Welt spurlos vorüber gehen würde.

  • Utan. Ich fürchte du sprichst von etwas anderem als ich.


    Beim Begriff "Zusammenbruch" ist die Frage die man stellen muss: "für wen". In unserem Mainstream-sprech sind Krisen meist nur dann Krisen, wenn sie die Eliten betreffen. Die Krise 2008 "wurde überwunden", nicht weil die Bevölkerung sich nicht mehr in einem Zustand von Entfremdung, steigender Armut und zunehmender Entrechtung befand (Im Gegenteil), sondern weil es für die Shareholder auf Kosten des Gemeinwesens und der Demokratie an den Börsen wieder "Aufwärts" ging. Ein Zusammenbruch wie du ihn Darstellst ist der Zusammenbruch aus der Perspektive der Eliten.


    Zitat von Wikipedia

    In der modernen politikwissenschaftlichen Auffassung von Staatlichkeit muss ein Staat vor allem drei zentrale Funktionen für seine Bürger leisten: Sicherheit, Wohlfahrt und Legitimität/Rechtsstaatlichkeit. Dabei handelt es sich letztlich um Leistungen der Staatsgewalt.

    Wenn ein Staat diese drei Funktionen nicht mehr in einer nennenswerten Weise erfüllt, so spricht die Politikwissenschaft von einem gescheiterten Staat.


    Der Begriff "Failed State" ist damit nicht sehr Scharf definiert aber er beschreibt mmn einen Zusammenbruch aus der Perspektive des Bürgers. Ich würde das so verstehen, dass es in einer demokratischen Gesellschaft Gründe gibt warum man ein Gemeinwesen, einen Staat, hat. In einem "erfolgreichen" Staat erfüllt dieser die Aufgaben die der einzelne nicht bewältigen kann. Er stellt im Sinne des Gemeinwesens Administration, Infrastruktur, Institutionen (Regierung, Militär, Schulen, Krankenhäuser, Infrastruktur, Polizei etc.) zur Verfügung und darf daher Steuern erheben. Die Ausübung von Gewaltmonopol und Herrschaft wird durch Wahlen legitimiert.


    Ein Staat ist gescheitert, also ein failed state, wenn er all das nicht mehr tut. Jeder Dollar, Euro oder Rubel, der nicht dem Gemeinwesen sondern der Bereicherung der Eliten dient, erodiert die Legitimation eines Staates und führt hin zu einem "failed state". (Übrigens, zur Zeit der französischen Revolution flossen in Frankreich bis zu 75% des Haushalts an die Wucherer von denen man sich die unendlichen Kriege finanzieren liess. )


    Vielleicht benutze ich hier die falschen Begriffe, aber was Utan beschreibt ist nicht ein failed State, sondern eine Wirtschaftskrise oder Staatsbankrott und die Verschiebung der Machverhältnisse in Internationalen Beziehungen. Man könnte das als Verlusst der Hegemonialmacht bezeichnen.

  • Ein Zusammenbruch wie du ihn Darstellst ist der Zusammenbruch aus der Perspektive der Eliten.

    Korrekt.


    Nur geht es mir dabei - wie hoffentlich klar sein dürfte, weil ich ansonsten hier sehr, sehr viele Buchstaben völlig vergebens aneinandergereiht hätte - in keinster Weise darum, jene Eliten zu verteidigen.


    Ich bezog mich da ursprünglich nur auf Wemir s demonstrative Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der amerikanischen Bevölkerung, weil er hier ja schon des öfteren hat durchblicken lassen, dass die ihm herzlich egal sei, so lange mit dem - wie auch immer gearteten - "Zusammenbruch" nur ein..

    Verlusst der Hegemonialmacht

    ...der USA einher ginge, und er sich dabei - meiner Ansicht nach - eine sehr naive Vorstellung davon macht (oder eine solche hier präsentiert, um seinem hardcore-Stoizismus Nachdruck zu verleihen?) , welche katastrophalen Auswirkungen das auf das restliche Gefüge der von jenen Eliten nun mal - so lange sich an der grundsätzlichen Systematik nichts tiefgreifendes ändert - leider am laufen gehaltenen kapitalistischen Weltwirtschaft hätte.


    Wenn die USA - nach Deiner, von mir nicht so ganz geteilten Definition - hingegen schon längst ein failed state wären, dann könnte es für den Rest der Welt ja auch nicht mehr viel schlimmer werden.


    Wemir s Logik. Nicht meine.

  • Utan: Nachtrag. Trumpismus untergräbt durch absurde Lügengebäude und Wirkmächtige Massenaktionen die Legitimation des Staates. Die Aktion am 6. Januar war dadurch extrem erfolgreich dass sie dieses Ziel erfüllt hat und sollte nicht einfach abgetan werden. Ausserdem hat sich dabei gezeigt, dass die Exekutive (vor allem eben Polizei, Justiz) zum Teil gegen den Staat arbeiten. Ein Angriff auf die staatlichen Institutionen mit Hilfe der Polizei ist durchaus als Putsch zu bezeichnen. Ich bin überhaupt nicht einverstanden mit deiner Verharmlosung dieses Ereignisses.

  • Mir ging es ebenfalls um Wemirs Vorstellung von Zusammenbruch.

  • Trumpismus untergräbt durch absurde Lügengebäude und Wirkmächtige Massenaktionen die Legitimation des Staates. Die Aktion am 6. Januar war dadurch extrem erfolgreich dass sie dieses Ziel erfüllt hat und sollte nicht einfach abgetan werden. Ausserdem hat sich dabei gezeigt, dass die Exekutive (vor allem eben Polizei, Justiz) zum Teil gegen den Staat arbeiten. Ein Angriff auf die staatlichen Institutionen mit Hilfe der Polizei ist durchaus als Putsch zu bezeichnen. Ich bin überhaupt nicht einverstanden mit deiner Verharmlosung dieses Ereignisses.

    Ich verharmlose das nicht. Ich ziehe aber offenbar andere Schlüsse daraus und weigere mich, das ganze zu etwas aufzbauschen das es schlicht nicht war.


    Mich würde auch ernsthaft interessieren, woraus sich die gewagte Behauptung speist, dass hier Polizei und Justiz in signifkantem Ausmaß gegen den Staat gearbeitet hätten.

    Letztendlich wurde der ganze Spuk relativ(!) unblutig beendet, als der Nachschub durch die washingtoner Polizei, das FBI und die Nationalgarde eintraf, und die "Putschisten" sind größtenteils erst mal brav nach Hause gefahren, weil sie offenbar mit ihrer zeitweisen Übernahme von Teilen des Parlamentsgebäudes nichts vernünftiges anzufangen wussten, und haben dann auch noch munter alle möglichen Selfies und Erlebnisberichte auf social media verbreitet, wo sie dann ja auch direkt vom FBI erfasst und zu ihrer Identifizierung genutzt wurden.


    Ganz offensichtlich war der Großteil der unmittelbar Beteiligten nicht Teil einer auch nur ansatzweise so eingeschworenen Truppe wie Hitler und seine Mitputschisten aus dem Hofbräukeller. Die Fälle von vermuteter oder erwiesener Unterstützung, oder zumindest Duldung der ganzen Aktion durch einzelne Mitglieder der Sicherheitsbehörden als Beweis dafür zu werten, dass der ganze Apparat mehr an seiner eigenen Übernahme mit anschliessender Säuberung(?) durch faschistische/trumpistische Revolutionäre interessiert sei, als an seinem eigenen Selbsterhalt - inklusive der zu erwartenden, und mittlerweile ja auch erfolgten Aufwertung durch die neue Administration - erscheint mir eher aus der allgemeinen, durch heftige social media-Verstärkung noch befeuerten Empörung über die Missachtung der Würde eines, als Symbol der repräsentativen Demokratie und ihrer Repräsentantinnen betrachteten Heiligtums zu entspringen, als auf einer eingehenden Analyse der tatsächlichen Zusammenhänge und der treibenden Akteure.


    Ich sage nicht, dass man das alles nicht ernst nehmen sollte. Es war auf jeden Fall ein deutlicher Warnschuss vor den Bug der gesamten politischen Klasse, den sie unbedingt zum Anlass nehmen sollte, jetzt nicht einfach zurück zum Status quo ante Trump zurück zu kehren, und ein Ausblick darauf, welches Chaos dem Land droht, wenn jetzt alle erst mal zum Brunch gehen und sich gegenseitig dafür abfeiern, dass sie den Dämon Trump aus dem weißen Haus exorziert haben, während das halbe Land in die Insolvenz rutscht und Millionen von Menschen nicht mehr genug zu Essen haben.


    Ein wesentliches Merkmal des Original-Faschismus war Mussolinis Idee von einer das ganze Volk zum großen Organismus einigenden Verschmelzung und inkorporation von Staat, Volk und Kapital. Wenn man sich die vielen interviews ansieht, die mit den Demonstranten bei der Trump-Rally und dann vorm Kapitol geführt wurden, dann kann man da alles mögliche an konservativen, reaktionären und rassistischen Haltungen finden, was einem als Linker komplett gegen den Strich gehen sollte.

    Aber eine Forderung nach einer Gleichschaltung der ganzen Gesellschaf unter ein Volk, ein Reich und einen Führer, habe ich da jedenfalls nicht hören können, sondern - im Gegenteil - eher eine absurde Verklärung des längst ausgeträumten american dream, demnach jedes Individuum das gottgegebene Recht haben sollte, nach seiner eigenen facon glücklich und erfolgreich zu sein - und natürlich sein individuelles Privateigentum notfalls bis auf's Blut mit Waffengewalt gegen die "Sozialisten" von BLM und Atifa zu verteidigen.


    Wenn ich mir hingegen die jüngsten Ereignisse um diverse Facebook- und twitter-bans linker AktivistInnen, oder um die ganze Angelegeheit mit dem GameStop short-squeeze und die darauf folgende Reaktionen der Oligarchen ansehe, dann bin ich mir allerdings nicht so sicher, ob die Bedrohung durch die Trumpisten hier wirklich der größte Anlass zur Sorge sein sollte.

  • Das mit dem Hitlerputsch war aus der Hüfte geschossener Schmarrn, da hast du recht und ich ziehe es zurück. sorry.


    Klar wird der Sturm aufs Kapitol jetzt von den Dems Instrumentalisiert und klar nervt das.


    Mich würde auch ernsthaft interessieren, woraus sich die gewagte Behauptung speist, dass hier Polizei und Justiz in signifkantem Ausmaß gegen den Staat gearbeitet hätten.


    Die Polizei insgesamt (In form derPolizeigewerkschaften) haben Trump aktiv bei der letzten Wahl unterstützt. Es hatte guten Grund zu glauben, dass sie auf seiner Seite sind. Es gab unter den Kapitolstürmern zahlreiche Polizisten und sogar einen Polizeichef und einiges an gekuschel zwischen Polizisten und Trumpisten. Aber das ist rgar nicht mein Punkt.


    Die Verantwortlichen ( Capitol Police Board) haben meiner Meinung nach deshalb keine Vorkehrungen getroffen weil sie zumindest mit den Demonstranten Sympathisieren. Die Situation am Kapitol war eine Katastrophe weil die nötigen Sicherheitsvorkehrungen fehlten. Das ganze ist so Irre, dass ich immer noch nicht ganz fassen kann wie das geschehen konte.


    Nachweisslich wurde das CPB vom FBI und der Washingtoner Polizeibehörde vorgewarnt. Offensichtlich wussten sie was da auf sie zukommt. Es würde mich nicht wundern wenn es Kontakt zwischen Trumps leuten und den Seargeant of Arms gab.

  • Ja AlienObserver


    Das habe ich auch alles auf twitter und in den amerikanischen MSM gelesen und gehört. Allerdings habe ich nirgends einen wirklichen Nachweis dieser Theorien gefunden - wobei ich jetzt auch nicht explizit danach gesucht habe - sondern immer nur Behauptungen, das übliche geraune aus anonymen informierten Kreisen, oder anekdotische Fälle, aus denen dann allgemeine Rückschlüsse gezogen wurden.


    Mir ist natürlich nicht entgangen, dass viele Polizeigewerkschaften - allen voran die größte in New York City - sich für trump ausgesprochen haben, nachdem er sich während der BLM-Proteste und den natürlich massenhaft und mit großer Wut gegen sie vorgebrachten Anklagen schützend vor sie gestellt und sich bei ihnen eingeschleimt hat, wie es sich für einen skrupellosen Opportunisten gehört.

    Aber ehrlich gesagt ist der Umstand, dass sich die Cops beim Präsidenten Hilfe suchen, wenn selbst Gouverneuere und Bürgermeister sich - jedenfalls oberflächlich und Publikumswirksam - den Rufen nach defund the police anschliessen, und sie sich selbst zu unrecht von wütenden Mobs als faschistische Mörderbande angeklagt sehen, für mich jetzt auch noch kein Beweis dafür, dass sie auch einen Putsch in seinem Namen unterstützen würden.


    Beim Chef der Streikräfte, der Trump erst noch bei seinem legendären Kirchenbesuch neben dem weißen Haus begleitet, und seine Truppen darum herum postiert hatte, führte seine offensichtliche Instrumentalisierung zur Machtdemonstration allerdings ein paar Tage später zu einer deutlichen Distanzierung von Trumps Wahnidee, die US-Army dort auf die Zivilbevölkerung loszulassen, wo sich die GouverneuerInnen und BürgermeisterInnen weigerten, die Nationalgarde in gewünschtem Maß anzufordern.


    Und dass der "deep state", die Geheimdienste und der nationale Sicherheitsapparat nicht gerade ein besonders inniges Verhältnis zum ignoranten Emporkömmling Trump und seinem unfähigen Beraterstab hatte, und dabei eher auf Seite der Hawks unter den Demokraten und der alten Garde republikanischer Neocons steht, die Trump und seinen geopolitischen Dillettantismus allesamt nur mit gerümpfter Nase ertragen konnten, ist ja wohl auch kein Geheimnis. Die haben sich schliesslich die größte Mühe gegeben, die Russiagate-VT so lange wie irgend möglich am Leben zu erhalten, um ihn als russische Marionette zu diskreditieren.


    Aber selbst wenn man mal annähme, dass sich das Fußvolk in den Sicherheitsbehörden tatsächlich ernsthaft mit dem Gedanken anfreunden könnte, Trump zum whrhaftigen Diktator ohne jegliche demokratische Legitimation zu machen, bliebe immer noch die Frage, ob sie das deshalb tun würden, weil sie allesamt verfassungsfeindliche Faschisten und white supremacists sind, oder ob sie nicht viel eher der - zwar nicht minder bescheuerten, aber immerhin nicht von einem rassenideologischen, völkischen Führerkult bestimmten - Wahnidee aufgesessen sind, dass die Democrats die eigentlichen Verfassungsfeinde und allesamt fiese gott- und vaterlandslose Sozialisten seien, die ihnen ihre Waffensammlungen und sonstiges Privateigentum wegnehmen, und die amerikanische Wirtschaft verstaatlichen wollen.

  • Ich gebe zu Protokoll, dass das mit der Militärdiktatur vom Kollegen Wemir ins Spiel gebracht wurde, [...]


    Militärdiktatur und "Hitlerdeutschland" und "Stalinismus" sind für mich aber kein Synonym. Selbst eine illegitime Militärdiktatur ist ein anderer Gesellschaftsentwurf als diese Gesellschaften.



    Also das Schicksal der US-amerikanischen Bevölkerung ist mir nicht egal, aber ich lehne es ab, es mit einem anderen Standard zu betrachten als andere Bevölkerungen auf der Welt. Bei Russland denke ich zum Beispiel auch nicht darüber nach, was das Regime mit Putin an der Spitze für die Bevölkerung dort bedeutet, wenn ich bevorzuge, dass man mit diesem Regime ein Auskommen findet anstatt vorhandene Wünsche nach der Beseitigung der Unterdrückung materiell zu unterstützen.


    Ansonsten kann ich nur erneut wiederholen, mein Wunsch wäre, dass die Dysfunktionalität des US-Systems in eine Spaltung übergeht, eben weil es ein besseres Szenario ist als ein Bürgerkrieg. Die USA gäben einige passable Staaten ab. Auch erneut wiederholt für realistisch halte ich das nicht, aber einige regionale Machtzentren mit einer schwachen Bundesebene tun es ja genauso. Und das würde aus meiner Sicht die Macht der USA ausreichend neutralisieren. Die ironische Bevorzugung eines "Zusammenbruch" hat dagegen eine andere Vorbedingung, nämlich:


    Wird dafür jenseits der Linken nicht erkennbar gekämpft, ist es ein Zeichen, dass das Establishment immer noch nicht verstanden hat, mit was für einer Stimmung, sie es zu tun haben. Und ich hoffe in dem Fall der Zusammenbruch kommt, bevor es eine Machtübernahme einer Post-Trump-Bewegung diesmal mit ernsthaften Ambitionen gibt.



    Mir ging es ebenfalls um Wemirs Vorstellung von Zusammenbruch.


    War mir nicht klar, also ging diese Frage an mich?


    Worüber reden wir eigentlich wenn wir über Zusammenbruch reden? Es tut wohl not sich damit zu beschäftigen wie Staaten zusammenbrechen damit klar ist was den USA bevorstehen könnte.

  • Also das Schicksal der US-amerikanischen Bevölkerung ist mir nicht egal, aber ich lehne es ab, es mit einem anderen Standard zu betrachten als andere Bevölkerungen auf der Welt.

    Okay. das ist nachvollziehbar.


    Allerdings nicht vernachlässigbar, weil diese Bevölkerungen ja unter Umständen auch ein beträchtliches Machtpotenzial entfalten könnten, wenn sie nicht so gespalten wären, bzw. wenn statt einem Ex-KGB Offizier mit guten Verbindungen zur lokalen Oligarchie oder einem narzisstischen Gameshow-Host mit Verbindungen zur Mafia tatsächlich mal ein richtiger Führer daher käme, der weiß was er tut.


    Dass man sich da mit den USA zu viel und mit dem Rest der Welt zu wenig beschäftigt liegt auch an der Sprachbarriere und natürlich an der "kulturellen" Nähe - Aber da musst Du Hans fragen, wie das genau funktioniert.

  • Okay, Wemir. Von mir aus.


    Bist Du jetzt deshalb der Auffassung, dass AOCs Kategorisierung des heart and core of the republican caucus als AnhängerInnen einer Ideologie, die die Herrschaft der weißen "Rassse" über alles stellt und die US-amerikanische Gesellschaft von allen Angehörigen nicht-weißer "Rassen" befreien will, korrekt sei, oder hast Du Dich hier wieder mal nur eingeklinkt, um noch ein bisschen mehr Sophisterei zu betreiben und ein paar Haare zu spalten?

    White supremacy ist ein breiter, sehr unscharfer Begriff. Die zugeschriebenen Bedeutungen reichen von einer Affirmation bestehender Verhältnisse (="Weiße" verfügen über überproportionale Einfluß und das ist eigentlich ganz gut so) bis hin zu Auslöschungsphanasien a la Turner Diaries.

  • White supremacy ist ein breiter, sehr unscharfer Begriff.

    Ja. Das hatten wir doch schon,


    So wie AOC in dem Interview davon redet, und anhand der Art und Weise wie sie sich auch an anderer Stelle schon dazu geäußert hat, seit sie während des "Putsch"-Versuches unter Todesangst im Kapitol eingeschlossen war, drängt sich allerdings den Eindruck auf, dass sie dabei eher von der Kategorie Ku Klux Klan ausgeht, als vom Onkel der beim Thanksgiving Dinner nach ein paar Bierchen rassistische Sprüche über kriminelle Gangs klopft, aber kein Problem mit seinem schwarzen Mittelschichtsnachbarn hat, so lange der nur den Rasen vorm Haus ordentlich mäht und brav das Graffiti am Garagentor wegwischt, und ansonsten froh und dankbar ist, wenn nicht-weiße Cops seinen Gebrauchtwarendhandel vor marodierenden, weißen "Antifa"-Banden beschützen.


    Ted Cruz sollte tatsächlich lieber zurücktreten, als sich jetzt scheinheilig über twitter von rechts außen an eine linke Abgeordnete ranzuwanzen, die er mit seiner Hetze gegen den Wahlausgang wahrscheinlich tatsächlich in Gefahr gebracht hat - selbst wenn man annimmt, dass er damals wie jetzt eigentlich nur skrupellosen politischen Opportunismus betreibt, ohne dahinter eine tatsächliche Überzeugung zu haben.


    Aber "you almost had me murdered" , anstatt z.B. "you almost got me killed" ist halt ein ziemlich eindeutiges Statement für eine Politikerin. Mag sein dass sie das nicht bedacht hat, weil sie verständlicherweise immer noch emotional angefasst ist, aber es tut halt seine Wirkung.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!