Der Mülleimer-Thread (offtopic und Spam Beiträge)

  • Nun Gorbatschow ist die Kontrolle dann natürlich schnell entglitten. Aber das, was Klein schreibt, ist genau eine der Richtungen von Vorwürfen gegen ihn: Dass er sich in den 1980ern zu sehr auf den Westen eingelassen hat und zu vertrauensselig war. Hier zum Beispiel darin, dass die Sowjetunion sich in ihrem eigenen Tempo reformieren kann und dabei unterstützt wird. Die informellen Zusagen zur NATO-Erweiterung sind ein weiteres Beispiel.

  • Ich habe ja auch nicht behauptet, dass Gorbatschow in böser Absicht gehandelt hätte. Er wollte halt aus dem "real existierenden" Sozialismus so eine Art Sozialdemokratie machen und dafür musste er die westlichen Investoren ins Land lassen.


    Was dann passierte und von Naomi Klein sicher ganz gut beschrieben wurde, ist halt das was immer passiert, wenn Politiker glauben, sie könnten privates Kapital anwerben indem sie den Markt liberalisieren und dabei gleichzeitig den Kapitalismus so einhegen, dass daraus eine soziale Marktwirtschaft entsteht.

    In Russland kam erschwerend hinzu, dass die da zwar vielleicht eine Menge Experten für marxistisch-leninistische Kapitalismuskritik, aber keine Ahnung vom real existierenden Kapitalismus hatten, und dass man den FanatismusTatendrang der neoliberalen Ideologenwestlichen Ökonomen völlig unterschätzte, die man sich als Berater andienen ließ und die nichts geringeres im Sinn hatten, als den Sozialismus ein für alle mal auszumerzen.

  • Ich verstehe was ihr meint. Sehe es aber weniger einen Vorwurf als eine Dokumentation seiner Machtlosigkeit in dieser Situation. Natürlich ist er da in eine Falle epischen Ausmaßes gelaufen. Die zu dem auch Teil einer gigantischen Drohkulisse war.


    Ganz nüchtern zurück gefragt:

    Welche realistischen Alternativen hätte er denn gehabt? (Auch wenn man den zugrundeliegendem Fehler, dass er den Vertretern des Westens bzw des westlichen Kapitals niemals so hätte Vertrauen dürfen, miteinbezieht)

  • Welche realistischen Alternativen hätte er denn gehabt?

    Na ja. er hätte es ja mal mit einem tatsächlich demokratischen Sozialismus versuchen, und die Produktionsmittel aus dem Staatsbesitz tatsächlich den ArbeiterInnen übergeben können.


    Ob das realistisch möglich gewesen wäre, ist eine gute Frage. Immerhin gab es ja eine Menge Apparatschiks im Sowjetischen System, die ihre Pfründe sichern wollten und d,ie Korruption war ohnehin schon weit verbreitet. Deshalb sind dann ja auch nicht wenige Leute aus dem alten Apparat oder dessen näherem Umfeld auch nach der "Entkommunisierung" schnell wieder an wichtigen Stellen gelandet - so wie Putin und seine Silowiki - oder in kürzester Zeit zu steinreichen Oligarchen mutiert, die das westliche Geld natürlich auch gerne genommen haben.

    Außerdem war die ganze Ökonomie schon sehr heruntergewirtschaftet und man versprach sich von den Investitionen aus dem Ausland eine Modernisierung. Das hätte man aber vielleicht auch selbst hinbekommen, wenn man die alten Betonköpfe aus ihren Posten entfernt bekommen hätte.


    Aber ob ein Versuch der Demokratisierung innerhalb de sozialistischen Systems schlimmer gewesen wäre, als der statt dessen erfolgte radikale Umbau zur "freien" Marktwirtschaft - inklusive Hunger- und Erfrierungstote in den ersten Jahren - hätte man wohl nur heraus gefunden, wenn man es ernsthaft versucht hätte.

  • Danke für dein Feedback.


    Ist ja irgendwo auch eine symbolische Diskussion, die in verschiedene Richtungen abstrahlt.


    Ich sehe in den Versäumnissen/ Verbrechen seinerzeit schon viel Mitursachen für das System Putin und den aktuellen Konflikt (worüber bezeichnenderweise ja noch weniger öffentlich/offen diskutiert als so einiges, was man mittlerweile nur noch hinter halboffener Hand aussprechen darf)


    Über all dem steht ja auch die grosse Frage "Wie einen Systemchange ohne Vollkatastrophe machen", was ja eigentlich fast noch nie so wirklich im Positiven funktioniert hat bzw vor allem nicht im Konflikt mit den Interessen und der sowohl finanziellen als auch physischen Kriegsmaschinerie des Kapitals. Womit wir dann fast schon bei AlienObserver s Transformation-Diskussion wären.

  • Ich sehe in den Versäumnissen/ Verbrechen seinerzeit schon viel Mitursachen für das System Putin und den aktuellen Konflikt

    Ich würde es mal so sagen: Putin und seine Kamarilla sind sicherlich nicht alleine, aber auf jeden Fall zu einem großen Teil für den Krieg in der Ukraine und alles was daraus folgt verantwortlich.


    Aber der kollektive Westen mit den USA an der Spitze ist wiederum zu einem großen Teil für das System Putin verantwortlich. Ohne "unser" beherztes Eingreifen beim Zerfall der Sowjetunion, hätten solche Leute wohl kaum eine Chance bekommen, sich so viel Macht und geld unter den Nagel zu reißen - mal abgesehen davon, dass Putin unter den nicht so ganz lupenreinen Demokraten und Autokraten dieser Welt lange Zeit noch als einer der gemäßigteren galt, bis man ihm dann unbedingt mit der NATO-Osterweiterung zeigen wollte, dass er in der globalen Geopolitik nichts mehr zu melden hat.


    Über all dem steht ja auch die grosse Frage "Wie einen Systemchange ohne Vollkatastrophe machen",

    Ich glaube man hat damals nach dem Fall des eisernen Vorhanges eine riesen Chance verpasst, eine echte Alternative zum Kapitalismus zu entwickeln. Die Ostblockstaaten waren zwar keine Demokratien und politisch totalitär, aber die Ökonomien waren zumindest im Ansatz schon vergemeinschaftet. In der DDR gab es auch tatsächlich durchaus mehr Mitbestimmung der Belegschaften bei unternehmerischen Entscheidungen - so lange die nicht in Kritik an der SED ausartete.

    Darauf hätte man aufbauen können, und man hätte nicht ein zuvor durch und durch privatkapitalistisches System komplett umkrempeln müssen.


    Aber das war ja im Westen absolut nicht gewollt und man hat alles dafür getan, den Bevölkerungen der ehemaligen Warschauer Vertragsstaaten blühende Landschaften und das Blaue vom Himmel herunter zu versprechen, wenn sie nur brav die neue Demokratie dazu nutzten, pro-westliche Parteien zu wählen, oder - im Fall der DDR - für den Anschluss an die BRD zu stimmen.


    Hätten die damals alle gewusst was auf sie zukommt, dann wären die Wahlergebnisse vielleicht anders ausgegangen. Wer weiß. Verschüttete Milch.

  • Hohli hat mit seinem Schlepphoden (seine Erwähnung des Wortes natürlich) wie befürchtet zur Löschung eines anderen Wortes beigetragen. Wie nennt man das wenn man nicht schlecht über Tote reden sollte oder es einfach nicht angemessen ist (als Fremdwort)?


    Das würde ich ausdrücklich nicht tun wollen!

  • Das wird doch der Chef nicht selbst ...


    https://www.interfax.ru/moscow/860208



    Via Google Translate:



    Putin war wirklich im selben Krankenhaus:


    Russischer Wikipedia-Artikel zu Maganow/Маганов:


    https://ru.wikipedia.org/wiki/Маганов,_Равиль_Ульфатович


    Zitat

    1 сентября 2022 года Маганов был найден мёртвым под окнами Центральной клинической больницы на улице Маршала Тимошенко в Москве.

    Zitat

    Am 1. September 2022 wurde Maganov tot unter den Fenstern des Zentralkrankenhauses in der Marschall-Timoschenko-Straße in Moskau aufgefunden.


    Russischer Wikipedia-Artikel zu Gorbatschow/Горбачёв:


    https://ru.wikipedia.org/wiki/Горбачёв,_Михаил_Сергеевич


    Zitat

    Скончался вечером 30 августа 2022 года в возрасте 91 года после тяжёлой и продолжительной болезни в Центральной клинической больнице в Москве.

    Zitat

    Er starb am Abend des 30. August 2022 im Alter von 91 Jahren nach schwerer und langwieriger Krankheit im Central Clinical Hospital in Moskau.


    Beides mal wird dieser Artikel zum Krankenhaus verlinkt: https://ru.wikipedia.org/wiki/Центральная_клиническая_больница_с_поликлиникой Bei einem Zentralkrankenhaus naheliegend, es gibt wohl nur eines.


    Das hier ist, nehme ich an, nur ein Zufall:


    https://www.justice.gov/usao-s…ssian-energy-company-pjsc


    Zitat

    Department of Justice
    U.S. Attorney’s Office
    Southern District of Texas


    FOR IMMEDIATE RELEASE
    Wednesday, August 31, 2022


    United States obtains warrant for seizure of $45M airplane owned by Russian energy company PJSC LUKOIL

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