Hier kommen wir allerdings zu einer Grundproblematik praktisch applizierter (Lokal-)Politik: Was ist denn die Alternative?
Was ich damit meine ist, von theoretischer Arbeit verschwinden die Rechten vor Ort nicht [...]
Da sind einfach praktische Probleme vor Ort, die Lösungen brauchen und da hilft die Rosa nicht und der Karl auch nicht, die sind nämlich beide tot.
Ja sicher. Natürlich kann man einem Teenager oder jungen Erwachsenen, der gerade mit dem Gedanken spielt, sich der lokalen Wehrsportgruppe anzuschliessen nicht mit Vorlesungen über "Das Kapital" vom Gegenteil überzeugen.
Aber Fietzke spricht hier ja auch nicht irgendwo auf der Straße zwischen Tür und Angel mit einem potenziellen Rekruten für die rechtsnationale Revolutionsfront, sondern mit einem deutlich likslastigen Journalisten, der ihm alle Zeit der Welt lässt, um seine politische Haltung und seinen Antifaschismus klar zu machen und zu erklären, wie er dazu gekommen ist.
Und ich bezweifle jetzt einfach mal ganz stark, dass das Publikum von Jung & Naiv aus Leuten besteht, die schon so weit von linken Haltungen entfernt sind, dass sie ernsthaft in Erwägung ziehen, sich einer Bande von Neonazis anzuschliessen.
Gerade das links-liberale, in der Regel nicht "Bildungsferne" Publikum ist es allerdings, das eher Gefahr läuft, sich mit dem real existierenden Neoliberalismus zu arrangieren, so lange es dabei nur kulturell "liberal" genug zugeht, und eifrig rhetorisch gegen den Klimawandel gewettert wird, während man radikale Kritik an den eigentlichen Grundlagen des wachsenden Anti-Liberalismus und der Umweltzerstörung eher diesen verstaubten marxistischen Altlinken, oder dem "extremen" linken Rand überlässt.
Und insofern ist auch folgendes Argument nicht wirklich schlüssig:
Na ja, Rassismus und Antisemitismus in der DDR wird man so aber schwerlich erklären können.
...weil die DDR einerseits Ableger eines ohnehin schon totalitären, im Grunde staatskapitalistischen Systems war, in welchem jugendlicher Rechtsradikalismus auch als Ausdruck des "Widerstandes" gegen "die da oben" gefühlt wurde, und weil sie andererseits - bei allem oberflächlichen "Antifaschismus", inklusive des danach benannten "Schutzwalles" - gar nicht den Anspruch hatte, ein liberaler Staat zu sein.