#495 - Robert Fietzke (Die Linke)

  • Here we go...



    Wir begrüßen den Jugendkoordinator der Linken in Sachsen-Anhalt, Robert Fietzke im Studio. Robert ist nicht nur parteipolitisch aktiv, sondern ist aktuell auch Vorsitzender des Flüchtlingsrats in seinem Bundesland. Er lehrt u.a. zu Rechtsextremismus und Verschwörungsideologien an der Hochschule Magdeburg. Bei der kommenden Landtagswahl in Sachsen-Anhalt tritt er für Die Linke als Direktkandidat an.


    Mit Robert geht's um seine politischen Einstellungen, seine Arbeit für Geflüchtete, Abschiebungen und Rechtsextremismus in Ostdeutschland. Wir sprechen über seine Partei: Warum ist Die Linke so strukturkonservativ? Warum gibt es keine Urwahlen? Wieso setzt man sich nicht fürs bedingungslose Grundeinkommen ein? Weshalb kuschelt man mit Putin? Robert erklärt, welche politischen Positionen seine Partei überdenken sollte und was der Unterschied zwischen reformorientierter, transformativer und revolutionärer Politik ist.

    Das und vieles, vieles mehr in Folge 495 - wir haben sie am 18. Dezember 2020 in unserem Berliner "Hans Jessen Showroom" aufgezeichnet.


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  • Migrationsforscher sagen... Gibt es denn ein einziges Beispiel für einen Staat der ersten Welt, der offene Grenzen hat? Oder woher beziehen diese Forscher ihre Kenntnisse? Wir bräuchten einen Freiwilligen, das wäre mal ein interessantes Experiment.

  • Theoretisches Wissen scheint Robert Fietzke wenig zu haben, Tilo hat da wie immer gut nachgefragt und ich finde dies als "Standardfrage" richtig gut. Die Frage zeigte auch gut, dass er im Grunde ein "Bauchlinker" ist und es bleibt zumindest offen, ob er überhaupt Karl Marx oder Rosa Luxemburg gelesen hat. Tilo war auch etwas gemein, dass er nochmal nachgefragt hat, das Schwimmen hat ja schon vorher angefangen. (Ich wunder mich auch etwas, weil er sogar einen Lehrauftrag hat und keine linke Theoretikerin nennen kann und in Kürze den gedanklichen Hintergrund zusammenfassen kann.)

    Die Stellung zur DDR empfand ich auch als etwas unkritisch, wenn er sagt, er stimmt nicht mit allen überein, was in der DDR passiert ist. Ich will nur soviel sagen, dreimal ein selbst ausgesuchte Studium beginnen, konnte man in der DDR mit Sicherheit nicht. Außerdem scheint es so, dass sich der Rassismus gerade in der DDR wunderbar entwickeln konnte, es gab ihn "offiziell" nur nicht.


    Zu seinem Revolutionsbegriff braucht ich hier nichts sagen. Er ist im Grunde Reformlinker, wie viele "Bauchlinke" bzw. Sozialdemokraten den Sozialismus durch soziale Reformen einführen wollen. (Da sehe ich mich auch selbst)


    Mit Rosa Luxemburg hat sein Denken mit Sicherheit nichts zu tun, die ja genau die Revolution nicht aufgibt. Ich empfehle ihm die Schrift "Sozialreform oder Revolution?". Es ist die Antwort auf seine Position.

  • @Tim

    Gehst Du da nicht ein bisschen hart ins Gericht mit ihm?

    Von Anfang des Gesprächs an wurde doch deutlich, dass er ein Mann praktischer Arbeit ist. Er hat einen, zumindest klingt es in seiner Beschreibung so, sehr praxisorientierten Lehrauftrag in sozialer Arbeit, da sehe ich den direkten Zusammenhang zu Gesellschaftstheoretikern jetzt nicht so wirklich.

    Was die DDR angeht, so hat er doch auch selbst gesagt, dass er davon quasi nichts mitbekommen hat und von autokratischen Systemen wie Russland, China et al. hält er laut eigener Aussage überhaupt nichts.

  • @Tim

    Gehst Du da nicht ein bisschen hart ins Gericht mit ihm?

    Schon, aber auch weil er selbst diesen Anspruch vertreten zu scheinen. Er ist es der den Begriff "Bauchlinker" einführt, nur um davon abzuleiten, dass er nun ja die theoretischen Hintergründe studiert hat. Wahnsinnig intellektuell wirkt er dann aber nicht, sondern halt wie ein "Bauchlinker".

    Aber ich sage ja selbst, das erneuerte Nachfragen von Tilo war dann etwas gemein. Nicht desto trotz fände ich es mal gut, wenn ein Linker, der selbst von sich behauptet am meisten von Rosa Luxemburg "inspiriert" bzw. diese theoretisch am Gehaltsvollsten hält, in kürze ihre theoretischen Grundlagen/Gedanken darlegen zu können.

    Grundsätzlich habe ich aber nichts gegen "Praktiker" und dazu kann man auch einfach stehen. Ich würde mich ja selbst auch als Bauchlinken beschreiben, weil ich Links aus einem Gerechtigkeitsgefühl in mir "Drinnen" bin, weil ich die Welt als ungerecht wahrnehme.


    Was die DDR angeht, so hat er doch auch selbst gesagt, dass er davon quasi nichts mitbekommen hat und von autokratischen Systemen wie Russland, China et al. hält er laut eigener Aussage überhaupt nichts.

    Macht es dann aber nicht besser. Gerade er sollte doch dann wissen, dass die DDR ein autokratisches System war. Statt die Mentalität zu vertreten "Da war nicht alles schlecht". Gerade wenn er seinen eigenen Lebenslauf durchleuchtet und diesen mit Politikern/Menschen vergleicht die tatsächlich im realen Sozialismus aufgewachsen sind. Er hört sich da wie ein "Alt-Linker" an. Gut finde ich es aber, dass er sich so stark von Putins Russland distanziert und hier nicht eine Marotte der Älteren übernimmt. Als moderner Linker braucht man keine "brüderlichen" Gefühle für autoritäre Regime hegen, gerade wenn man sagt, man ist auf der gedanklichen Ebene von Rosa Luxemburg. Das erschreckt mich immer wieder (bei ihm halt eben nicht so stark), wenn man sich mit Älteren und manchen Jüngern aus der Partei unterhält.

  • Schon, aber auch weil er selbst diesen Anspruch vertreten zu scheinen. Er ist es der den Begriff "Bauchlinker" einführt, nur um davon abzuleiten, dass er nun ja die theoretischen Hintergründe studiert hat. Wahnsinnig intellektuell wirkt er dann aber nicht, sondern halt wie ein "Bauchlinker".

    Ich habe es gerade nochmal gehört bei Minute ~37, er bezeichnet sich als einen mit dem nötigen Theorie- und Erfahrungswissen ausgestatteten Linken.

    Hier unterscheidet er mMn zwischen jemandem, der etwas aus einem Bauchgefühl heraus ungerecht findet und jemandem, der das durch systemische Zusammenhänge herleiten kann. Er ist ganz sicher kein Utan , aber das ist, so wie ich ihn verstehe, auch überhaupt nicht die Unterscheidung hierbei.


    Und die theoretischen Hintergründe hat er ja nicht studiert, er hat einen Bachelor in soziale Arbeit...

    Ich denke, hier liegt einfach eine Unschärfe in den Begrifflichkeiten, es wird ja auch in wenigen Sätzen abgefrühstückt, die zu Verwirrung führt.

    Nicht desto trotz fände ich es mal gut, wenn ein Linker, der selbst von sich behauptet am meisten von Rosa Luxemburg "inspiriert" bzw. diese theoretisch am Gehaltsvollsten hält, in kürze ihre theoretischen Grundlagen/Gedanken darlegen zu können.

    Aber was er aus ihren Schriften mitgenommen hat, hat er doch ausgedrückt. Eine theoretische Systemidee war es offensichtlich nicht, er spricht ja klar an, dass es ihre "Unnachgiebigkeit" war, die ihn beeindruckt hat (den genauen Wortlaut habe ich nicht mehr im Kopf). Da würde eine theoriebezogene Zusammenfassung ihrer Schriften doch überhaupt nichts bringen? Es geht ihm da in erster Linie um den Charakterzug, nicht um die Inhalte.

    Macht es dann aber nicht besser. Gerade er sollte doch dann wissen, dass die DDR ein autokratisches System war. Statt die Mentalität zu vertreten "Da war nicht alles schlecht". Gerade wenn er seinen eigenen Lebenslauf durchleuchtet und diesen mit Politikern/Menschen vergleicht die tatsächlich im realen Sozialismus aufgewachsen sind. Er hört sich da wie ein "Alt-Linker" an. Gut finde ich es aber, dass er sich so stark von Putins Russland distanziert und hier nicht eine Marotte der Älteren übernimmt. Als moderner Linker braucht man keine "brüderlichen" Gefühle für autoritäre Regime hegen, gerade wenn man sagt, man ist auf der gedanklichen Ebene von Rosa Luxemburg. Das erschreckt mich immer wieder (bei ihm halt eben nicht so stark), wenn man sich mit Älteren und manchen Jüngern aus der Partei unterhält.

    Da war auch nicht alles schlecht, trotzdem es ein autokratisches System war.

    Und er hat doch auch an keiner Stelle die DDR gepriesen, oder habe ich da etwas verpasst?

  • Gut das wir klären konnten, dass er Bauchlinker ist.

    Da war auch nicht alles schlecht, trotzdem es ein autokratisches System war.

    Alles war schlecht. Wenn wir den Maßstab Demokratie (aber auch Wohlfahrt) anwenden, welchen er selbst anführt. Die DDR war ein Terrorregime mit Hunderttausenden politischen Gefangenen und Hunderte ermordeten Menschen. Nun kann man natürlich sagen "War ja nicht alles schlecht!" und ja die Kindererziehung durch den Staat war schon früh und breit gewährleistet*, damit auch die Mutter ihre zugewiesene Arbeit tätigen kann. Würde sie dies nicht tun, wäre sie ins Gefängnis gekommen.


    *In dem Kinder schon früh sortiert, kontrolliert und regelmäßig unter strikter Beurteilung stabden, um schon früh zu Subjekte erzogen zu werden, die geführt werden wollen und gefügig sind.

  • Na ja, wofür soll das jetzt ein Argument sein? Staatliches Handeln dient idR der Funktionsfähigkeit des Staates, auch in der BRD war und ist Kinderbetreuung, Schulpflicht usw. nur eine Maßnahme, um den Arbeitsmarkt zu befriedigen, auf die eine wie auf die andere Art.


    Mit dieser blinden Totalität in der Argumentation kann ich nichts anfangen.

  • Na ja, wofür soll das jetzt ein Argument sein? Staatliches Handeln dient idR der Funktionsfähigkeit des Staates, auch in der BRD war und ist Kinderbetreuung, Schulpflicht usw. nur eine Maßnahme, um den Arbeitsmarkt zu befriedigen, auf die eine wie auf die andere Art.


    Mit dieser blinden Totalität in der Argumentation kann ich nichts anfangen.

    Das eine demokratisch beschlossen, das andere nicht. Das ist das, was er auch ablehnt, was ich gut fande. Leider wirkte es im Bezug auf die DDR inkonsequent. Warum auch immer.

    Nun kann man sich natürlich ein theoretisches Modell vorstellen, wo zwei im Grunde gleiche Staaten sind, der eine dikatorisch, der andere demokratisch. Nun muss man Luxemburg lesen, wieso sie den diktatorischen Staat ablehnt und wieso in ihm nichts Gutes ist. (Es gibt natürlich auch dutzende andere Autorinnen Hannah Arendt wäre hier das beste Beispiel, Aber davon ab, hatte die ddr auch nichts wirklich Gutes)

    Diesen Punkt macht Robert auch sehr deutlich, wenn er sagt, dass jede Veränderung demokratisch beschlossen werden muss, was mir auch sehr gut an ihm gefällt.

  • Das eine demokratisch beschlossen, das andere nicht. Das ist das, was er auch ablehnt, was ich gut fande. Leider wirkte es im Bezug auf die DDR inkonsequent. Warum auch immer.

    Nun kann man sich natürlich ein theoretisches Modell vorstellen, wo zwei im Grunde gleiche Staaten sind, der eine dikatorisch, der andere demokratisch. Nun muss man Luxemburg lesen, wieso sie den diktatorischen Staat ablehnt und wieso in ihm nichts Gutes ist. (Es gibt natürlich auch dutzende andere Autorinnen Hannah Arendt wäre hier das beste Beispiel, Aber davon ab, hatte die ddr auch nichts wirklich Gutes)

    Diesen Punkt macht Robert auch sehr deutlich, wenn er sagt, dass jede Veränderung demokratisch beschlossen werden muss, was mir auch sehr gut an ihm gefällt.

    Die Schulpflicht z. B. wurde demokratisch beschlossen? Das habe ich aber anders in Erinnerung...

    Generell würde ich das Staatswesen nun nicht gerade als demokratisch beschlossen verbrämen, es wurde ja weder gefragt, noch gab es Alternativen.


    Wie gesagt, das ist mir zu binär gedacht.

    Sachen sind nicht automatisch schlecht, nur weil sie in der DDR gemacht wurden.


    An welcher Stelle ist er denn in Bezug auf die DDR konkret inkonsequent? Ich mag mir nicht nochmal 2,5h anhören müssen.


    Edit: Das fällt mir natürlich direkt nach Absenden des Kommentars auf, sei's drum.

    Die Schulpflicht ist doch das perfekte Beispiel dafür, wie falsch diese Deine binäre Einstellung zu Errungenschaften ist: Eingeführt wurde sie nämlich in einem Königreich, sinnvoll und gut erscheint sie uns aber auch heute noch in der Demokratie. Deshalb sollte man immer differenzieren, quasi Werk und Künstler trennen.

  • Der Unterschied ist, die Schulpflicht kann man demokratisch auch wieder abschaffen. Mir ist dein inkosequenter Umgang mit Diktatur und Demokratie zu laissez-faire gedacht, zu einfach, zu "der Zweck heiligt die Mittel " (Was ja genau den Bruch zwischen den marxistischrn Strömungen hervorbrachte). Es kommt in meinen Denken eben nicht nur auf das Ergebnis an, sondern auch, wie dieses Ergebnis zustande kommt. Ich behaupte ja nicht, dass ich das Ergebnis jedes demokratischen Prozesses für gut halte, nur einfach kein dikatorisches. Und selbst wenn ich so denken würde wie du, würde ich an der ddr nicht Gutes erkennen.


    Du diffrenzierst ja genau nicht, wenn du dir nur das Ergebnis anschaust. Linke betrachten aber genau nicht nur das Ergebnis, weil sie an den Herrschaftsverhältnissen interessiert sind, siehe Marx, siehe Luxemburg und siehe gramsci (die drei, die auch im Interview genannt wurden). Keiner hat ein "Ergebnis" vor Augen, sondern Herrschaft, Macht und Gewalt. Der Kapitalismus wird von Marx nicht kritisiert,weil sein "output"an Gütern so schlecht ist, sondern weil er diesen Output durch Unterdrückung und Ausbeutung generiert,daran ist Marx interessiert. Es sind die Prozesse die Überwunden werden müssen.


    Daher die wichtigste Frage, Leben wir in einer solchen Welt. Ich würde sagen nein, werden wir etwas spezifischer so sind die Prozesse der Unterdrückung in westlich-parlamentarischen Demokratie doch andere und tatsächlich linker, als wie im realexistiereden Sozialismus. Dieser war durch und durch von Unterdrückung und Ausbeutung durchdrungen.

  • Der Unterschied ist, die Schulpflicht kann man demokratisch auch wieder abschaffen. Mir ist dein inkosequenter Umgang mit Diktatur und Demokratie zu laissez-faire gedacht, zu einfach, zu "der Zweck heiligt die Mittel " (Was ja genau den Bruch zwischen den marxistischrn Strömungen hervorbrachte). Es kommt in meinen Denken eben nicht nur auf das Ergebnis an, sondern auch, wie dieses Ergebnis zustande kommt. Ich behaupte ja nicht, dass ich das Ergebnis jedes demokratischen Prozesses für gut halte, nur einfach kein dikatorisches. Und selbst wenn ich so denken würde wie du, würde ich an der ddr nicht Gutes erkennen.


    Du diffrenzierst ja genau nicht, wenn du dir nur das Ergebnis anschaust.

    Wo genau siehst Du denn da den Unterschied?

    Die frühkindliche Betreuung, die in der DDR staatlich organisiert war und gut funktioniert hat, könnte man genauso heute demokratisch einführen wie auch demokratisch wieder abschaffen.

    Und wenn Dir der Entstehungsprozess so wichtig ist, dann kannst Du nur entschiedener Gegner der Schulpflicht sein.


    Ich schaue nicht "das Ergebnis" an, was auch immer das subsumieren soll, ich schaue einzelne Aspekte an und trenne sie von der staatsideologischen Ebene, bevor ich sie bewerte.

    Beispiel: Ich weiß, dass die Emanzipation der Frau in der DDR aus staatspolitischer Sicht so notwendig war, wie die Mauer, weil sonst die Arbeitsstellen gar nicht hätten besetzt werden können. Ich weiß auch, dass sie natürlich nicht bis in die oberen Entscheidungsebenen reichte (also die Emanzipation, nicht die Mauer ^^) uswusf., ist deshalb die Emanzipation der Frau schlecht? Natürlich nicht. Das ist differenzieren. Bei Dir sehe ich irgendwie ein Verallgemeinern durchscheinen à la hat irgendwas mit DDR zu tun = schlecht, weil DDR = Diktatur. Vielleicht verstehe ich Dich aber auch einfach miß?

  • Auf den zweiten Teil gehe ich nicht ein, du wiederholst im Grunde das, was ich schon gesagt habe.

    Wo genau siehst Du denn da den Unterschied?

    Die frühkindliche Betreuung, die in der DDR staatlich organisiert war und gut funktioniert hat, könnte man genauso heute demokratisch einführen wie auch demokratisch wieder abschaffen.

    Und wenn Dir der Entstehungsprozess so wichtig ist, dann kannst Du nur entschiedener Gegner der Schulpflicht sein.

    Der Unterschied ist, dass der Prozess der Entstehung zwar auf Unterdrückung aufbaut und aber gleichzeitig heute nicht dessen unveränderbarkeit. Jeder demokratische Bewegung könnte die Schulpflicht abschaffen. (Wenn wir jetzt nur in Demokratie und nicht Demokratie denken,als reines binäre Kategorien, die Realität ist dann deutlich vielseitiger, gerade weil durchaus offen ist, ob die westliche parlamentarische Demokratie überhaupt einem ideal einer Demokratie nahe kommt. Nochmal sieht Luxemburg, da hätte er einfach mehr zu sagen können, weil es eben genau darum geht.)


    Der Entstehungsprozess ist das eine, das andere die Möglichkeit der Veränderung. Aber trotzdem bin ich entschiedener Gegner davon. Wieso können Kinder,nur weil sie junge Menschen sind, zu irgendwas gezwungen werden und das nichtbefolgen auch noch unter schwere Strafe steht. Ich sage ja nicht, dass alle Ergebnisse eines demokratischen Prozesses gut sind. Ich sage, dass es auf den Prozess ankommt, ob überhaupt ein Ergebnis gut sein kann und genau darum geht es bei Luxemburg und ihr daraus resultierende Antwort, auf den realexistiereden und dikatorischrn Sozialismus ala Lenin und Stalin, er ist keiner.



    (gut hier immer im Sinne von sozialistisch)



    Zum Thema Frauenrechte in der DDR, es gab keine Emanzipation, es wurde von oben männlich alles beschlossen, damit die Frau zum Arbeitsdienst verpflichtet war. Es gab keine Frauenbewegung die diese Pflicht für sich erkämpften. Es war eine Form des illeberalen Fordismus,wenn ich es so ausdrücken darf. Eben nur wenn man auf das Ergebnis schaut "viele Frauen gehen arbeiten"kommt man auf die Idee, dass die Frau im Osten stark emanzipiert war. Sie waren wie alle anderen Arbeitern, einem Willkür System von Oben ausgeliefert.



    Außerdem relatvierst du, statt zu differenzieren. Du relativierst, weil du Ergebnisse aus ihren Kontext loslöst, würdest du differenzieren würdeste du eben Ergebnisse in den Kontext setzen und genau eben nicht Ergebnisse relativieren.

  • Sorry, aber das ist Quatsch.

    Entweder der Prozess ist entscheidend, dann musst Du aber alles, was in vordemokratischen Systemen entstand ablehnen - das wird dann aber eine ganz schön lange Strichliste - oder die Sache an sich wird unabhängig vom Entstehungsprozess bewertet. Da musst Du Dich schon für eine Seite entscheiden.

    Und mal ganz ohne Spaß, wer in einer immer mehr in Richtung Neoliberalismus wankenden Gesellschaft auch noch sowas wie die Schulpflicht abschaffen will, der hat ernsthaft den Schuss nicht gehört. Da sollte man die Konsequenzen auch mal so systemisch durchdenken, wie man die Kritik vermeintlich systemisch aufbaut.


    Und wenn Du meinst, es hätte nur aufgrund der Notwendigkeit der Aquirierung der Arbeitskraft der Frau in der DDR keine Emanzipation gegeben, dann ist das, bei aller Liebe, einfach Unfug. Emanzipation ist kein absoluter Zustand, es ist ein Prozess, der Schritt für Schritt gegangen wird und zwar auch völlig unabhängig davon, ob er von irgendwem "erkämpft" werden muss oder nicht.
    Ich weiß ja nicht, was Du unter Emanzipation verstehst, wenn es um die Emanzipation der Frau geht, geht es aber in erster Linie eben nicht um die Emanzipation des Bürgers an sich vom Staat. Du wirfst hier Kategorien durcheinander, damit Deine Aussage irgendwie sinnvoll erscheint.

  • Deine Posts sind Quatsch. Emanzipation bedeutet natürlich die Befreiung von Gewaltstrukturen und nicht deren Verfestigung. Verstehe gar nicht wieso du dass mit der DDR zusammenwirfst. Du willst anscheinend, warum auch immer, irgendetwas "Gutes" in der DDR sehen, ohne auf den Punkt zu kommen. Relativierst zusätzlich den gesamten Kontext von gesellschaftlichen Entscheidungen oder Ergebnisse.


    Deine "Entweder-Oder" - Mentalität kann ich wenig abverlangen. Du führst Entscheidungsprozesse ad absurdum. Und jetzt sprichst du auch noch den Neoliberalismus an, in dem Entscheidungsprozesse direkt auf Technokraten umgemünzt werden und der autoritäre Staat immer weiter seine Bürger überwachen, kontrollieren und disziplinieren kann. Aber was solls, auf das Ergebnis kommt es ja an, Strukturen sind unerheblich...


    Wir können natürlich auch gerne dir folgen. Luxemburg und den gesamten Demokratischen Sozialismus, Frankfurter Schule und Gramsci in die Tonne treten und einfach sagen, daß Ergebnisse ist das Ziel und der Weg dahin ist egal. Dann sind wir zwar beim orthodoxen Marxismus bzw. beim Stalinismus, Maoismus usw. Aber was solls, solange das Ergebnis sozialistische erscheint, wie angeblich die Emanzipation der Frau und die angeblich soziale Kindererziehung in der DDR ist alles gut. War ja nicht alles schlecht in der DDR.


    Damit habe ich hier auch genug geschrieben, wie man behaupten kann links zu sein und Macht/Gewaltstrukturen für nicht erheblich für die Analyse des outputs empfindet, verstehe ich zwar nicht, aber was soll's.

  • Du hast nichts verstanden von dem, was ich geschrieben habe.

    Nein, ich muss mich korrigieren: Du hast nichts verstehen wollen von dem, was ich geschrieben habe.

    Den Eiertanz kannst Du dann aber auch alleine aufführen.

    Google vielleicht mal differenzieren. Man soll die Hoffnung ja nicht aufgeben.

  • Ich habe es gerade nochmal gehört bei Minute ~37, er bezeichnet sich als einen mit dem nötigen Theorie- und Erfahrungswissen ausgestatteten Linken.

    Hier unterscheidet er mMn zwischen jemandem, der etwas aus einem Bauchgefühl heraus ungerecht findet und jemandem, der das durch systemische Zusammenhänge herleiten kann. Er ist ganz sicher kein Utan , aber das ist, so wie ich ihn verstehe, auch überhaupt nicht die Unterscheidung hierbei.

    Ich fand das Interview leider nicht besonders interessant, aber da Du mich erwähnt hast, fühle ich mich zum Kommentar genötigt.


    Vielleicht liegt es daran, dass er sich für einen Politiker eher ungeschickt und schwerfällig ausdrückt, und ich daher schwierigkeiten hatte, ihm aufmerksam zuzuhören, aber Ich hatte leider - zumindest in diesem Interview - ganz und gar nicht den Eindruck, als habe Herr Fietzke wirklich verstanden, was die Theorie, mit deren nötiger Kenntnis er sich ausgestattet sieht, eigentlich besagt. "Kapitalismus ist ungerecht" ist als Quintessenz zwar nicht grundsätzlich falsch, aber wenn man sich schon einer Bewegung zugehörig fühlt, welche es sich - jedenfalls in ihren programmatischen Grundsätzen - immer noch auf die Fahnen schreibt, die Gesellschaft aus dem kapitalistischen System heraus zu transformieren, dann darf man sich nicht darauf beschränken, daraus ein Problem der "Verteilung" zu machen.

    Umverteilen wollen auch die Grünen und die sPD irgendwie - zumindest soweit, dass sich die arbeitende und wählende Mittelschichtsbevölkerung im reichen Westen weiterhin einreden kann, der Kapitalismus sei ja nicht grundsätzlich schlecht, so lange er ihnen mit seiner globalen Ausbeutung von Mensch und Natur nur genug Kaufkraft in die eigene Lohntüte spült, um ihnen ausreichend Feierabend-, Wochenend- und Urlaubsspaß als Ausgleich zum harten Arbeitsalltag zu finanzieren.


    Ich kann durchaus verstehen, und finde es auch nicht falsch, dass man sich als Lokal- und Jugendpolitiker im östlichen Hinterland der Republik hauptsächlich mit dem Kampf gegen "Nazis" beschäftigt. Aber für einen Vertreter der Linken - und vor allem für einen Lehrbeauftragten mit Expertise zu Rechtsextremismus und Verschwörungsideolgien - ist es natürlich etwas traurig, dass er offenbar so gar keinen Bezug zwischen den Theorien von Marx, Luxemburg et al. und dem Aufkommen von Neonazi-Bewegungen herstellen möchte, und sich statt dessen lieber auf die Bekämpfung von Symptomen kapriziert, anstatt mitzudenken, welche sozioökonomischen Ursachen sie haben.


    Man braucht jedefalls kein Universitätsdiplom in theoretischem Marxismus, um zu verstehen, dass völkischer Nationalismus und Rassismus damals wie heute in den allermeisten Fällen nicht wie Ausgeburten der Hölle über die Menschen kommen und sie zu amoralischen Menschenfeinden machen, sondern dass sie fast immer in einem Umfeld von wachsender ökonomischer Verunsicherung und Verlustängsten in den betroffenen Teilen der Gesellschaft entstehen, die dann von völkischen rechten Angstmachern weiter geschürt, und zu einem moralisch motivierten Kampf der Kulturen umgedeutet werden.


    In diesem Zusammenhang halte ich (als alter "Salonmarxist") auch seine Selbstbezeichnung als "Bauchlinker" für einigermaßen problematisch. Blendet man jene systemischen Ursachen aus, weil man sich eher darauf konzentriert, den proklamierten Kulturkampf der rechten Demagogen aufzunehmen und eine eigene moralisch-postmaterialistische, oder gar mehr aus dem Bauch heraus gefühlte Anti-"xyz-Ismus"-Kultur dagegen zu halten, dann läuft man Gefahr, dem Gegner in die Hände zu spielen, indem man sich auf dessen Umdeutung der sozialen Verhältnisse einlässt und sich auf ein von ihm bestimmtes Terrain begibt, auf dem man eigentlich nur verlieren kann.

    Am Ende kämpfen dann besonders woke linke Postmaterialist*innen nicht nur gegen rechte Angstmacher sondern auch gegen andere Linke, die sich nicht von der rechten Reaktion vorgeben lassen wollen, wie man aus der ursprünglichen Idee eines vereinenden "Klassenkampfes" gegen die herrschenden Verhältnisse, mit der ultimativen Abschaffung aller Klassengegensätze als Fernziel, eine immer kleinteiligere identitäre Abgrenzung der eigenen Gruppe gegen andere Gruppen macht.


    Auch Fietzkes Entrüstung über Linke, die im Autokraten Putin nicht den Erzbösewicht und Vorsteher einer imperialistischen Macht sehen wollen, als den er selbst ihn offenbar mit aller moralischen westlichen Deutungshoheit betrachtet - bei gleichzeitiger Distanzierung von seiner früheren Affinität zur antiimperialistischen Linken - spricht nicht unbedingt dafür, dass er sich ernsthafte Gedanken darüber gemacht hätte, warum die russische Bevölkerung offenbar immer noch mehrheitlich der Ansicht ist, mit Fürst Vlads "gelenkter" Demokratie besser bedient zu sein, als mit einer Staatsführung nach westlichem Vorbild, und ob das vielleicht auch etwas damit zu tun haben könnte, dass Russland nach dem Fall des eisernen Vorhanges kurzzeitig zum Experimentierfeld für einen vom Westen induzierten und ausgeschlachteten Hyperkapitalismus mutierte, bevor der nicht minder autoritäre Berufsalkoholiker und Erznepotist Jelzin vom - in sachen "Eiserne Hand" beim KGB einfach besser geschulten - Ex-Stalinisten Putin abgelöst wurde.

  • Grundsätzlich Zustimmung zu Deinen Aussagen, drei Punkte möchte ich aber dennoch kurz kommentieren:

    Ich kann durchaus verstehen, und finde es auch nicht falsch, dass man sich als Lokal- und Jugendpolitiker im östlichen Hinterland der Republik hauptsächlich mit dem Kampf gegen "Nazis" beschäftigt. Aber für einen Vertreter der Linken - und vor allem für einen Lehrbeauftragten mit Expertise zu Rechtsextremismus und Verschwörungsideolgien - ist es natürlich etwas traurig, dass er offenbar so gar keinen Bezug zwischen den Theorien von Marx, Luxemburg et al. und dem Aufkommen von Neonazi-Bewegungen herstellen möchte, und sich statt dessen lieber auf die Bekämpfung von Symptomen kapriziert, anstatt mitzudenken, welche sozioökonomischen Ursachen sie haben.

    Hier kommen wir allerdings zu einer Grundproblematik praktisch applizierter (Lokal-)Politik: Was ist denn die Alternative?

    Was ich damit meine ist, von theoretischer Arbeit verschwinden die Rechten vor Ort nicht und er hat ja - und an der Stelle bin ich ihm sowohl für die praktische Arbeit vor Ort als auch über die öffentliche Darstellung der Problematik im Interview sehr dankbar - ziemlich klar geschildert, wie die Situation dort aussieht: keine (öffentlichen) Räume für Jugendliche, in denen linke Gedanken auch mal diskutiert werden können, jeder, der nicht ganz doof ist, verpisst sich nach der Schule in die nächste Großstadt mit Uni, etc. pp.

    Da sind einfach praktische Probleme vor Ort, die Lösungen brauchen und da hilft die Rosa nicht und der Karl auch nicht, die sind nämlich beide tot. Klar könnte man sich jetzt wünschen, dass er das (also theoretische Lehre bzw. Lernen) auch noch zusätzlich macht, aber man hat in dem Interview ja schon recht deutlich gemerkt, dass sein Kalender nicht mehr allzu viele Freiräume beinhalten dürfte...

    Das scheint mir hier öfter so ein bisschen auf die Kritik hinauszulaufen, warum der Förster vor Ort denn nicht mal die grundsätzlichen geoklimatischen Ursachen für das Waldsterben thematisiere, anstatt in seinem Forst herumzustapfen und Bäume zu markieren, die gefällt werden müssen. Es hat alles seinen Platz und es ist alles auch notwendig, der Tag hat aber auch nur 24 Stunden.

    Ich hoffe, es wird deutlich, worauf ich hinaus will?

    Man braucht jedefalls kein Universitätsdiplom in theoretischem Marxismus, um zu verstehen, dass völkischer Nationalismus und Rassismus damals wie heute in den allermeisten Fällen nicht wie Ausgeburten der Hölle über die Menschen kommen und sie zu amoralischen Menschenfeinden machen, sondern dass sie fast immer in einem Umfeld von wachsender ökonomischer Verunsicherung und Verlustängsten in den betroffenen Teilen der Gesellschaft entstehen, die dann von völkischen rechten Angstmachern weiter geschürt, und zu einem moralisch motivierten Kampf der Kulturen umgedeutet werden.

    Na ja, Rassismus und Antisemitismus in der DDR wird man so aber schwerlich erklären können.

    Ganz so einfach können wir es uns nicht machen, finde ich.

    Auch Fietzkes Entrüstung über Linke, die im Autokraten Putin nicht den Erzbösewicht und Vorsteher einer imperialistischen Macht sehen wollen, als den er selbst ihn offenbar mit aller moralischen westlichen Deutungshoheit betrachtet - bei gleichzeitiger Distanzierung von seiner früheren Affinität zur antiimperialistischen Linken - spricht nicht unbedingt dafür, dass er sich ernsthafte Gedanken darüber gemacht hätte, warum die russische Bevölkerung offenbar immer noch mehrheitlich der Ansicht ist, mit Fürst Vlads "gelenkter" Demokratie besser bedient zu sein, als mit einer Staatsführung nach westlichem Vorbild, und ob das vielleicht auch etwas damit zu tun haben könnte, dass Russland nach dem Fall des eisernen Vorhanges kurzzeitig zum Experimentierfeld für einen vom Westen induzierten und ausgeschlachteten Hyperkapitalismus mutierte, bevor der nicht minder autoritäre Berufsalkoholiker und Erznepotist Jelzin vom - in sachen "Eiserne Hand" beim KGB einfach besser geschulten - Ex-Stalinisten Putin abgelöst wurde.

    Ursachenforschung schön und gut, geschichtliche Entwicklung der ehemaligen SU auch schön und gut. Dass Putin ein widerliches Schwein ist, ändert daran aber nichts. Da muss man mMn klar trennen zwischen der Verurteilung der "Methode Putin" und einer Sanktionspolitik, die vor allem natürlich die Bevölkerung trifft. Man kann auch Putin laut und deutlich verurteilen und trotzdem Sanktionen kritisieren, finde ich. Das ist bei manchen Linken dann so ein bisschen die Analogie zur Israelkritikproblematik, bei der Kritik an der politischen Führung gleich als Antisemitismus verbrämt wird.

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