Drohnen im Militär

  • Hallo zusammen,


    da ich den Eindruck habe, dass in meiner Lieblings-Bubble das Thema (Kampf-)Drohnen nicht auf der Höhe der Zeit diskutiert wird, im Folgenden ein paar Denkanstöße.


    Executive Summary:

    Drohnen, bewaffnet wie unbewaffnet, stehen an der Schwelle, zu einem Standard-Instrument der Kriegführung zu werden. Wesentliche Argumente dafür sind (vergleichsweise) geringer Aufwand für Beschaffung und Einsatz, riesiges Weiterentwicklungpotential unter Nutzung technischer Neuerungen aus den Bereichen Sensorik und Autonomie, sowie die maximal mögliche Sicherheit für das eigene Personal. Leidglich Kleinstaaten ohne nennenswerte militärische Möglichkeiten und Ambitionen werden auf diesen Zug nicht aufspringen.



    Fangen wir mit dieser Grafik an: 23618.jpeg


    Was lernen wir daraus? Die Kosten für den Unterhalt und Betrieb des bemannten fliegenden Geräts sind enorm. Selbst wenn man auf die Skaleneffekte des riesigen US-Militärs zurückgreifen kann. Und hinter diesen Kosten stecken nicht nur enorme Profitmargen des oft genannten militärisch-industriellen Komplexes, sondern echter Aufwand in Form von Personal und Material. So musste die Bundeswehr ca. 300 Soldaten in Jordanien stationieren, um dort vier bis sechs Tornado sowie zeitweise noch ein Tankflugzeug für den Einsatz über Syrien bereitzustellen.

    Die Beschaffung ist ebenfalls exorbitant teuer. Der Eurofighter liegt irgendwo bei 100 Mio Euro pro Stück, die F22 (das angeblich leistungsstärkste existierende Kampfflugzeug) bei ca. 200 Mio US$. Selbst für einen nicht gerade armes Land aus der "zweiten Reihe" wie Österreich wird es damit schwierig, sich eine Luftwaffe mit aktueller Technik überhaupt leisten zu können. So schrumpfte die Zahl der Kampfflugzeuge zur Luftraumsicherung von 25 Saab 34 Draken in den 90ern auf aktuell 15 Eurofighter. Und bei diesem guten Dutzend Fliegern wurde aus Kostengründen einiges weggelassen, was für die Performance als Kampfflugzeug eigentlich wesentlich wäre (Nachtkampffähigkeit, Selbstschutz, etc.).

    Wir sehen hier eine sich tendenziell selbstverstärkende Spirale: Die Flugzeuge sollen ihre Vorgängergeneration an Kampfstärke deutlich übertreffen, werden dabei aber vor allem für kleinere und/oder ärmere Staaten zu unendlich wertvollen Einzelstücken, die so teuer im Betrieb und bei Verlust so schwer zu ersetzen sind, dass sie ihrer eigentlich Zweckbestimmung, nämlich als Mittel der militärischen Abschreckung und zur Not auch Kriegführung zu dienen, immer schwerer nachkommen können. Neben dem Flugzeug ist auch der Pilot zunehmend unersetzbar, da langes Training und Spezialisierung erforderlich ist, um aus der hochgezüchteten Kampfmaschine auch alles herausholen zu können.

    Es ist daher jetzt bereits absehbar, dass die nächste Generation von Kampfflugzeugen entweder komplett umbemannt sein werden und/oder zumindest konventionelle Kampfflugzeuge von umbemannten Luftfahrzeugen als zusätzliche Waffenträger begleitet werden. Dazu, gewohnt meinungsstark, Elon Musk himself: https://www.airforcemag.com/ar…ghter-jet-era-has-passed/


    Inwieweit ein unbemanntes Kampfflugzeug in absehbarer Zeit einem der heutigen Flieger im 1-zu-1-Luftkampf überlegen sein wird, bleibt abzuwarten. Aber das halte ich auch für eine irrelevante Diskussion unter Nerds, die am eigentlichen Punkt vorbei geht: für den Aufwand eines bemannten modernen Kampfflugzeugs kriegt man in naher Zukunft ein Vielfaches an Drohnen in die Luft, bei derem Abschuss man lediglich den Materialwert abschreiben muss.



    Von der Zukunft nun ein Schwenk in die jüngere Vergangenheit:

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    Man kann aus Drohnen, die seit ein paar Jahren für ~1000 Euro bei Amazon et al. erhältlich sind, halbwegs taugliche Waffen bauen. Da kommt natürlich nichts raus, was einer gut ausgerüsteten, professionellen Armee dauerhaft gefährlich werden könnte. Aber der folgende Bericht enthält dennoch bemerkenswerte Aussagen: https://warontherocks.com/2020…he-islamic-states-drones/


    The Asymmetric Warfare Group is a unique organization whose mission is to help other units and Army institutions defeat emerging asymmetric threats. The group was originally established as part of the Army’s Counter-IED Task Force during the Iraq War in 2006, but from the beginning, it was also tasked to “look over the next hilltop” and predict future threats. With this spirit in mind, in 2008 the group commander directed his internal “red team” to incorporate dreamed-up emerging threats into a training exercise called “In the Wind.” Inspired by Hamas’ use of drones, the red team modified small commercial drones to deliver dummy munitions for the exercise. While the drones available at the time were much less reliable than those available today, they proved devastatingly effective: the “blue” forces in the exercise were shocked by their initial encounters with the drones and unable to defeat them.


    Was man mitnehmen kann: Selbst solche primitiven "Kamikazedrohnen" können eine ernsthafte Bedrohung für modernes Militär darstellen, wenn dieses nicht darauf vorbereitet ist. Und selbst dann können die zu einem Spottpreis angeschafften Drohnen zumindest noch Kräfte des Gegners binden, die sich um die Abwehr kümmern müssen.



    Zu guter Letzt eine Fusion der beiden Ebenen: (Vergleichsweise) Low-Tech-Drohnen, aber dedizidiert für den militärischen Einsatz entwickelt und in ein professionelles militärisches Konzept eingebunden.

    Harop-LM-1.jpg


    Die Harop gilt nach offiziellem Sprachgebrauch nicht als Drohne sondern "loitering munition". Diese Feinheit soll hier aber nicht weiter relevant sein. Einmal in der Luft fliegt das Ding ein paar Stunden herum, bis zu 1000 km weit, und kann sich bei Sichtung eines attraktiven Zielobjekts entweder automatisch oder durch einen Menschen ausgelöst in eben dieses stürzen. Es gibt noch einen anderes Modell, Harpy, welches immerhin um die 100 km weit kommt.

    Unter anderem solche Waffensysteme wurden im jüngsten Krieg um Bergkarabach von den Azerbaidschanern in großer Zahl eingesetzt (und jeder per Video bis zum Einschlag dokumentierter Abschuss dann stolz auf Twitter verbreitet).


    Was man aus der Rolle, die Drohnen in diesem Krieg gespielt haben, lernen sollte, ist under anderem hier zusammengefasst: https://ecfr.eu/article/milita…ason-for-europe-to-worry/


    Europe should look carefully at the military lessons of this conflict, and not dismiss it as a minor war between poor countries. Since the cold war, most European armies have phased out gun-based self-propelled air-defence systems. Man-portable air-defence systems (MANPADS) like the Stinger and Igla – the primary short-range air-defence systems in Europe – have little chance of acquiring such small targets like loitering munitions or small drones invisible to the operator. In the recent Nagorno-Karabakh war more MANPADS were destroyed by drones than they could shoot down drones themselves. No European army has a high-resolution sensor-fusion- or plot-fusion-capable armoured air-defence system to protect its own armour. Only France and Germany have (short range) anti-drone jammers and base-protection assets. Most of the EU’s armies – especially those of small and medium-sized member states – would do as miserably as the Armenian army in a modern kinetic war. That should make them think – and worry.



    Warum sich auch die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen eindecken sollte (sowie natürlich an Mitteln für deren Abwehr), liegt auf der Hand: ansonsten ist sie in absehbarer Zeit nicht mehr verteidigungsfähig, da ihr eine zukünftig unabdingbare Waffengattung schlicht fehlt.


    Dass ein paar der zig Varianten bewaffneter Drohnen auch prima als fliegender Geleitschutz für Bodentruppen in Einsätzen a la Afghanistan, Mali, etc. geeignet sind, ist wirklich nur ein Aspekt am Rande.

  • Jaja.. Bedingt abwehrbereit 2.0

    Die haben doch gelitten. Ich finde das zu leicht zu durchschauen.

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