#492 - Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)

  • Ich glaube Jens sollte mal in Wirtschaft ein bisschen besser aufpassen.

    Es ist m.M.n. mitnichten so, dass (private) Unternehmen bzw. Betriebe aller Art grundsätzlich Gewinn machen bzw. machen müssen. Was tatsächlich jeder machen muss ist Umsatz, also dass einerseits Geld eingenommen wir und andererseits ausgegeben wird (Gehälter, Fixkosten, Investitionen, Rücklagenbildung, etc.). (Langfristig sollte die Bilanz dieses Umsatzes natürlich nicht negativ sein, da einem sonst die Zinsschuld über den Kopf wächst.)

    Ein Unternehmen kann so lange erfolgreich (weiter)arbeiten, wie es Umsatz generiert.

    Unter Gewinn versteht man ja hingegen, dass ein Überschuss erwirtschaftet wird, der nicht wieder in den Betrieb bzw. das Unternehmen fließt, sondern ausgeschüttet wird, sei es in Form von Dividenden an Shareholder, in die private Tasche des Inhabers o.ä.

    Umsatz und Gewinn ist damit ein riesiger Unterschied. Im ersten Fall bleibt das Geld im Betrieb, im zweiten Fall verlässt es ihn.


    Nun ist es bei privaten Unternehmen natürlich so, dass diese tatsächlich Gewinn machen müssen, da die Investoren natürlich gerne was von ihrem Investment hätten. Unternehmen, die keinerlei Dividenden ausschütten, kriegen schlicht kaum Investoren.

    Ein Staatsbetrieb hingegen hat ja den Staat als Geldgeber. Und der muss keinen Gewinn machen bzw. keine Dividende abkassieren. Da darf dann sogar die Umsatzbilanz ruhig langfristig negativ sein. Schließlich ist ja im Falle des Gesundheitswesens das Ziel die Gesundheit der Bürger*innen und die darf ruhig etwas kosten.

    Ein wie ich finde zentrales Argument gegen die Privatisierung von Gesundheit und Pflege...

  • Unter Gewinn versteht man ja hingegen, dass ein Überschuss erwirtschaftet wird, der nicht wieder in den Betrieb bzw. das Unternehmen fließt, sondern ausgeschüttet wird, sei es in Form von Dividenden an Shareholder, in die private Tasche des Inhabers o.ä.

    Umsatz und Gewinn ist damit ein riesiger Unterschied. Im ersten Fall bleibt das Geld im Betrieb, im zweiten Fall verlässt es ihn.

    Das habe ich aber irgendwie anders in Erinnerung...

    Umsatz ist die Menge eingenommenen Geldes, der Gewinn das Ergebnis aus der Verrechnung von Umsatz und Kosten.

  • Das habe ich aber irgendwie anders in Erinnerung...

    Umsatz ist die Menge eingenommenen Geldes, der Gewinn das Ergebnis aus der Verrechnung von Umsatz und Kosten.

    Ja, das ist korrekt und m.M.n. auch kein Widerspruch. Die Frage ist ja, was du mit diesem Ergebnis der Verrechnung mit den Kosten machst, sofern es positiv ist. Gibst du sie für dein Unternehmen aus, z.B. um neue Pfleger anzustellen, fließt das Geld direkt wieder in die Kosten deines Unternehmens ein und ist damit kein Gewinn mehr. Das Geld "bleibt" Umsatz.

    Kosten sind ja so gesehen keine Zufallsgröße, sondern das Unternehmen kann selbst Kosten durch Investitionen etc. "erzeugen" und damit selbst entscheiden, wie die Jahresbilanz ausfällt.

    Gewinn entsteht also erst dadurch, dass das Unternehmen sagt: "Dieses Geld hier nehmen wir nicht um z.B. Personal anzustellen oder Löhne zu erhöhen, sondern wir weisen es als Gewinn aus und schütten es an die Shareholder aus."

  • Das Format von jung & naiv ist dafür ausgelegt, in ruhiger Art einen Menschen und seine politischen Ansichten kennenzulernen. Doch das Gespräch mit Jens Spahn bist Du, Tilo, sehr gereizt angegangen. Du fällst Jens häufig ins Wort, der dies in großer Ruhe ausgehalten hat. Andere Leute wären da schon genervt aus sich herausgegangen. War das Aggressive bei Dir gespielt, um Deinen Gesprächspartner zu provozieren, damit er aus der Rolle fällt?

  • - welches problem soll die privatisierung des gesundheitssektors in marktgerechte unternehmen lösen?

    Das klassische Argument für die Privatisierung ist ja, dass Privatbetriebe effizienter und erfolgreicher arbeiten, da ja die Inhaber*innen erfolgreich sein wollen, sprich: Gewinn machen wollen. Staatsbetriebe hingegen sind viel zu träge und ineffizient, die Beamt*innen bzw. Angestellten im öffentlichen Dienst machen unter Umständen nur "Dienst nach Vorschrift" etc., schließlich sind sie ja unkündbar und werden nach Tarif bezahlt.


    Oder anders formuliert: Als Privatbetrieb kann man es sich leisten, seine Mitarbeiter unter Tarif zu bezahlen oder die Arbeit am besten an einen Ausbeuterbetrieb zu outsourcen und so die Koste zu drücken. Ein Staatsbetrieb kann das nicht, oder zumindest nicht ohne weiteres.

    Auch kann man seine Mitarbeiter*innen besser unter Druck setzen, noch mehr zu arbeiten für den gleichen Lohn und sie im Zweifelsfall abzumahnen. Auch das kann ein Staatsbetrieb nicht ohne weiteres.

    Wie man sieht: Viel effizienter.

    Und das beste: Wenn man Gewinn macht, kann man den schön an die Shareholder Ausschütten oder horrende Managerboni bezahlen. Wenn's mal schlecht läuft, schreit man einfach direkt nach der Staatskasse, die ja auch mal was bezahlen kann. Die Krone des ganzen lautet also nicht nur einfache Privatisierung, sondern: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Schönstes Beispiel ist die deutsche Automobilindustrie, die vor Corona Rekordgewinne eingefahren hat, und dann aber direkt beim ersten Lockdown nach Staatshilfen und Abwrackprämien geschrien hat.

  • Das Format von jung & naiv ist dafür ausgelegt, in ruhiger Art einen Menschen und seine politischen Ansichten kennenzulernen. Doch das Gespräch mit Jens Spahn bist Du, Tilo, sehr gereizt angegangen. Du fällst Jens häufig ins Wort, der dies in großer Ruhe ausgehalten hat. Andere Leute wären da schon genervt aus sich herausgegangen. War das Aggressive bei Dir gespielt, um Deinen Gesprächspartner zu provozieren, damit er aus der Rolle fällt?

    Habe grundsätzlich nichts gegen etwas Bissigkeit, die vor allem bei der Thematisierung von Profit und Privatisierung im Gesundheitswesen offenkundig war.

    Das Problem war mMn., dass dabei die Fragen etwas an Tiefe eingebüßt haben - im Grunde repetitive und (sorry) oberflächliche Nachfragen zu Profit und Privatisierung, die der Jens immer sehr souverän mit seinem (vermutlich vorgefertigtem) Politikersprech abwehrt.


    Mehr Details, die z.B. j0h4nn32 hier anspricht, hätten den Nachfragen zu diesen Themen gut getan. Dass er diese von sich aus nicht selbst anspricht, sollte ja klar sein. Da muss man ihn schon auf den Topf setzen und ihm nicht nur vorwurfsvoll Buzzwords vorsetzen.


    Das Iview war nun aber auch verhältnismäßig kurz und ich weiß nicht, wie viel Zeit der gute Tilo hatte, um sich auf sowas vorzubereiten. Insgesamt gefiel es mir dann doch :thumbup:

  • Ja, das ist korrekt und m.M.n. auch kein Widerspruch. Die Frage ist ja, was du mit diesem Ergebnis der Verrechnung mit den Kosten machst, sofern es positiv ist. Gibst du sie für dein Unternehmen aus, z.B. um neue Pfleger anzustellen, fließt das Geld direkt wieder in die Kosten deines Unternehmens ein und ist damit kein Gewinn mehr. Das Geld "bleibt" Umsatz.

    Kosten sind ja so gesehen keine Zufallsgröße, sondern das Unternehmen kann selbst Kosten durch Investitionen etc. "erzeugen" und damit selbst entscheiden, wie die Jahresbilanz ausfällt.

    Gewinn entsteht also erst dadurch, dass das Unternehmen sagt: "Dieses Geld hier nehmen wir nicht um z.B. Personal anzustellen oder Löhne zu erhöhen, sondern wir weisen es als Gewinn aus und schütten es an die Shareholder aus."

    Doch, das ist ein Widerspruch.

    1. Nicht jedes Unternehmen ist eine Aktiengesellschaft -> nicht jedes Unternehmen hat Shareholder
    2. Natürlich ist ausgegebenes Geld kein Gewinn mehr, es ist ja ausgegeben (Aufwendungen)
    3. Natürlich kann man mit zusätzlichen Ausgaben die Gewinne "klein halten", Investitionen (z. B. in zusätzliches Personal, Gehaltssteigerungen oder Infrastruktur) haben aber Folgen: z. B. Folgekosten im nächsten Geschäftsjahr (und wer weiß, ob das Geschäft da auch noch so gut läuft). Bilanzfrisierung kann also, im besonderen je kleiner das Unternehmen ist, nicht einzig Selbstzweck sein.

    Klar, man kann sich gerne an idealisierten bzw. verteufelten Großkonzernen abarbeiten, aber das trifft dann eben auch immer nur auf diese zu. Gerade in der Pflegebranche z. B. gibt es unzählige kleine Unternehmen mit ~20 Mitarbeitern, da wird es mit der Kritik an den Kraken, die den Gewinn auspressen und an die Shareholder ausschütten, eben etwas albern. Da ist der Gewinn im Fall der Fälle die einzige Rücklage des Besitzers.


    Mit genau diese Art der undifferenzierten Pauschalkritik ist Tilo doch gerade an Spahn abgeschmettert.

  • Fand das Interview mit Span alles in allem ganz gut und Span ist eben als alt gedienter Profi um keine Antwort verlegen, aber auch überraschend offen, was er bewusst ausblendet wei0 ich natürlich nicht.

    An Thilo der Tipp, wenn er die Wirtschaftlichkeit bzw. das Konzept der privat organisierten Altenpflege und des auf Gewinn ausgerichteten Gesundheitssystems anspricht: Schau dir vielleicht vorher Bilanzen bzw. Gewinn und Verlustrechnungen dieser Sektoren an.

    Ich kenne , zwar ältere, Kalkulationen von Altenheimen, bei denen eine 7 stellige Investition nach 5 Jahren abgeschrieben ist, was erahnen lässt, wie es um die Gewinne in diesen Bereichen aussieht. Auch könnte ein Blick auf die Betreiber von Altenheimen manches klarer sehen lassen und das Gejammere um fehlende Pflegekräfte unglaubwürdig machen, bessere Gehälter würden wohl helfen.

  • Ich hab mich gefragt ob die Zeit nicht besser genutzt gewesen wäre wenn man ihn auf den Stuhl gefesselt und dazu gezwungen hätte, Rosas Interview mit Hans auf 120 Dezibel anzuhören, bis das in sein Hirn eingraviert ist.

    Meint ihr wirklich, dass er von den Rosas und Jordes das nicht bereits 100x gehört und gelesen hat? Natürlich hat er. They don't give a fuck.

  • Tilo, in der Mitte des Interviews war das nachfragen der schwächste Part des Interviews. Anstatt von Spahn eine Aussage herauszukitzeln hast du damit Gegenteiliges bewirkt. Dadurch ist etwas Substanz verloren gegangen. Gerade wenn es um Gewinne geht, müssen die Fragen etwas schlauer gestellt sein, sonst wird man immer die selbe Antwort von Spahn erhalten. Ich denke, das hast du auch selbst gemerkt. Wie auch immer, freue mich auf ein erneutes Interview mit hoffentlich etwas mehr Zeit.



    Was mir gänzlich gefehlt hat war die sogenannte elektronische Patientenakte. Ein großes Thema mit viel Diskussionsstoff über Chancen und Probleme (die gerne unter den Teppich gekehrt werden). Bei 45 Minuten reicht die Zeit natürlich nicht aus. Das ist also eine Anregung und keine Kritik für ein mögliches Folgegespräch.

    Bitte Links zu eingebetteten Videos, Twitter-Nachrichten usw hinzufügen. Die Einbettungen sind bei einigen Usern aus Datenschutzgründen blockiert. ;)

  • Meint ihr wirklich, dass er von den Rosas und Jordes das nicht bereits 100x gehört und gelesen hat? Natürlich hat er. They don't give a fuck.

    Zero fucks given

    Klar

    Aber das wäre, auf Schnipsellänge kondensiert, in einem längeren Gespräch (zu dem es hoffentlich noch kommt) ein schönes Mittel, um argumentativ Druck aufzubauen.

    Frei nach: "Nee Jens, es geht nicht um bedauerliche Einzelfälle, es geht um's Prinzip. Hör' mal, was Rosa dazu sagt..."

    Da kann er sich dann auch nicht als Pseudoargument auf den naiven Journalisten berufen, der eben nur in seinem Wolkenkuckuksheim lebe.

  • und vor allem geht´s ja auch nicht unbedingt nur um spahn selber, sondern auch um die zuhörer des interviews. will das aber auch nicht als kritik verstanden wissen, dass spahn zur zeit ne menge am hut hat ist klar und dass für sowas in dem kurzen interview dann keine zeit ist, ist halt nunmal so.

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