Der SARS-CoV-2-Thread

  • Vor dem Beispiel mal kurz ein paar Überlegungen zur erworbenen Immunität unter den Ungeimpften. Die Grenze ist offensichtlich die Impfquote. Es können also bei der Gruppe ab 60 Jahre nicht mehr als 15%, bei der Gruppe 18-59 Jahre nicht mehr 30% sein. Bei einer Unterschätzung der Impfquote entsprechend noch weniger.


    Als verlässlichste Metrik gilt die Zahl der Toten. Über Vermutungen zur Infektionssterblichkeit kann man die wirkliche Zahl von Infizierten schätzen.


    Datum Infizierte Tote Angenommene
    Infektions-
    sterblichkeit
    Schätzung
    Unterschätzungs-
    faktor
    2021-02-15 2338987 65076 0.01 6507600 2.8
    2021-10-27 4506415
    95359 0.005 6056600 1.3


    Ich habe das für zwei unterschiedliche Zeitabschnitte gemacht. Bei allen Toten bis zum Tiefpunkt zwischen dem Herbst-/Winterausbruch und dem zweiten Frühjahrausbruch habe ich 1% Infektionssterblichkeit angenommen, weil da die ältere Bevölkerung noch komplett vulnerabel war. Für alle Toten seitdem bin ich wegen der Impfung von 0.5% Infektionssterblichkeit ausgegangen. Die sich ergebenden Schätzungen deuten auf einen Rückgang der Unterschätzung zurück, was ich auch schon so berichtet gesehen habe.


    Das ergibt rund 12.6 M Infizierte oder 15% der Bevölkerung. Die kommen also für eine Teilimmunität gegen CoViD-19 in Frage. Natürlich haben sich einige davon impfen lassen, so dass es unter den Ungeimpften weniger sind.



    Also mal eine Beispielanpassung:


    [überholt]


    Es kann durchaus sein, dass in der Zeit, wo die Impfquote in den Bereich gekommen ist, wo sie jetzt stagniert, viel Immunität aus der Gruppe der Ungeimpften durch die Impfung "entnommen" wurde.


    An den beiden Beispielen, die sozusagen zwei unterschiedliche Geschichten erzählen, sieht man hoffentlich, dass die parametrische Freiheit zu groß ist, um klar sagen zu können, was genau im Hintergrund geschieht. Dafür bräuchte man noch genauere Daten, die das festlegen. Und eine weiter abnehmende "Wirksamkeit" ist mit dem statistischen Effekt eines Schubs von Neuinfektionen konsistent.


    Vielleicht sollte ich auch nochmal die errechnete Wirksamkeit gegen die Neuinfektionen plotten.

  • Streeck erklärt Ziel von Impfungen

    "Den Rat zur Impfung kann man nicht oft genug geben", sagte Streeck. Auch die berichteten Ansteckungen bei Geimpften seien kein Argument dagegen. "Das Ziel bei der Impfstoffentwicklung war nicht in erster Linie, eine Immunantwort auszulösen, die vor jeglicher Infektion schützt. Es ging immer im Kern um den Schutz vor schweren Verläufen." Wegen sogenannter Durchbruchinfektionen könne man keinesfalls von einem Versagen der Impfstoffe sprechen.

    Jetzt bin ich sogar schon einer Meinung mit Streeck. Es wird immer verrückter.

  • Es kann durchaus sein, dass in der Zeit, wo die Impfquote in den Bereich gekommen ist, wo sie jetzt stagniert, viel Immunität aus der Gruppe der Ungeimpften durch die Impfung "entnommen" wurde.


    Das könnte vielleicht sogar ein großer Effekt sein. Eine Grafik dazu, inwiefern die Impfung den Pool von Ungeimpften modifiziert:



    Gehen wir von 40% Ungeimpften aus, also eine Impfquote von 60%. Die Gruppe der Ungeimpften teilt sich auf in 25% (der Gesamtbevölkerung), die immunnaiv sind, und 15%, die durch eine Infektion immunisiert wurden. Führt zu einem Verhältnis von 5:3 im Pool der Ungeimpften.


    Wenn wir jetzt die Impfquote um 20% auf 80% erhöhen, gibt es drei Fälle:


    1. Im Verhältnis lassen sich gleich viele Immunnaive und Immunisierte impfen. Im Beispiel jeweils die Hälfte der beiden Untergruppen. Das Verhältnis im Pool bleibt gleich. Keine Auswirkung auf die gemessene Wirksamkeit der Impfstoffe.
    2. Im Verhältnis lassen sich weniger Immunisierte impfen. Das Szenario, Personen, die auf die Impfung verzichten, weil sie die Krankheit schon hatten. Im Beispiel 5% gegenüber 15% bei den Immunnaiven. Das Verhältnis im Pool ist 1:1. Es gibt anteilig mehr Immunisierte. Im Mittel ist die Gruppe der Ungeimpften jetzt besser geschützt und die gemessene Wirksamkeit der Impfstoffe nimmt ab.
    3. Im Verhältnis lassen sich mehr Immunisierte impfen. Das Szenario, Personen, die sich erst kürzlich infiziert hatten und mit der Impfung warten mussten. Im Beispiel 10% gegenüber 5% bei den Immunnaiven. Das Verhältnis im Pool ist 3:1. Es gibt anteilig weniger Immunisierte. Im Mittel ist die Gruppe der Ungeimpften jetzt schlechter geschützt und die gemessene Wirksamkeit der Impfstoffe nimmt zu.

    2 Mal editiert, zuletzt von Wemir () aus folgendem Grund: Fehler in Grafik behoben

  • Die Arbeitsbedingungen in der Krankenversorgung waren an vielen Stellen auch vorher schlecht. Aber man sollte sich nichts vormachen, der jetzige Rückgang bei den Arbeitern und die entsprechende Sperrung von Betten, ist eine Folge der hohen Belastung durch die zwei großen CoViD-19-Ausbrüche und die Aussicht wieder solchen Bedingungen ausgesetzt zu sein, weil zu viele Menschen sich nicht impfen lassen.

  • Okay, ein Vergleich der Neuinfektionen und der Impfquote mit der Wirksamkeit der Impfstoffe. Der Schlüssel ist hier, dass die aktuelle Wirksamkeit (letzte vier Wochen) durch den Vergleich von Impfdurchbrüchen mit den symptomatischen Infektionen in der Gruppe der Ungeimpften ermittelt wird. Den Effekt des Nachlassens der Wirksamkeit, also der Immunaktivierung durch den Impfstoff, sieht man also nur, wenn die Impfquote stabil ist und man keine starke Veränderung beim epidemischen Geschehen hat. (Man braucht natürlich überhaupt Fälle, sonst kann man sie nicht bestimmen.)


    Zunächst für die Altersgruppe 18-59 Jahre:



    Ich habe für die Wirksamkeit drei Phasen eingeteilt, leichter Abfall, leichter Anstieg und starker Abfall zuletzt. Insbesondere für den Anstieg gibt es ohne die beschriebenen Effekte eigentlich kaum eine andere Erklärung. Der starke Anstieg der Neuinfektionen fällt mit dem Rückgang bei der Impfstoffwirksamkeit zusammen. Insbesondere wenn man die Kurve um zwei Wochen verschiebt. (Alle Infektionen einer Woche, die den Pool der Ungeimpften modifizieren, beeinflussen in welchem Verhältnis in der Folgewoche Infektionen bei Ungeimpften gegenüber Impfdurchbrüchen auftreten, und eine Woche (oder mehr) später sieht man sie dann als Fall.)


    Und noch für die Altersgruppe ab 60 Jahre:



    Hier habe ich ebenfalls drei Phasen eingeteilt. Man sieht die Wirksamkeit bleibt in der mittleren etwa auf gleichem Niveau, wenn sowohl die Impfungen stagnieren, als auch noch nicht so viele Neuinfektionen auftreten. In der dritten Phase geht sie dann mit ansteigenden Infektionen ebenso wie bei 18-59 Jahre zurück.


    Noch ein paar Anmerkungen:


    Das RKI hat anfänglich keine Wirksamkeit für die jeweils vier Wochen im Wochenbericht angegeben, deshalb musste ich die Wirksamkeit selbst errechnen. Dabei komme ich da, wo es eine Angabe gibt, nicht genau auf den gleichen Wert. Der Unterschied ist aber nur ein bis zwei Prozent, aber vorallem die Tendenz bleibt erhalten. Interessanterweise sind meine Werte bei der einen Altersgruppe etwas höher, bei der anderen etwas niedriger, so dass ich einen demographischen Korrekturfaktor vermute.


    Die Neuinfektionen für die Altersgruppe 18-59 Jahre sind die Werte für 20-59 Jahre, denn bei den genauer aufgelösten Daten gibt es Fünfjahresschritte. Sollte aber keinen großen Unterschied machen.

  • Fazit dieser ganzen ausführlichen Übung: Aus meiner Sicht ist die Wirksamkeit unser neuer bester Freund. Sie zeigt uns, wie weit wir mit der Restdurchseuchung sind. Wenn wir die Impfquote nicht weiter steigern können, muss die Wirksamkeit möglichst weit absinken.

  • Ändert nicht so viel an den Erkenntnissen, aber ein klassischer Fehler meinerseits: Überlegungen zu Beobachtungen und zur Theorie gemischt. Ich habe völlig übersehen, dass man über die Formel zur Wirksamkeit einen Zusammenhang zwischen Impfquote und Anteil Durchbrüche hat:


    iq = 1 / (1 + (1 - w) * (1 -d) / d)


    Das ist die richtige Vorhersage für eine gegebene Wirksamkeit der Impfstoffe. (Die fehlende Symmetrie kam mir schon die ganze Zeit etwas merkwürdig vor.) Für dieses Beispiel liegt die Wirksamkeit bei 85%.





    Ich habe die vorherigen Darstellungen als überholt gelöscht. Vielleicht erstelle ich sie später nochmal neu.

  • Nice one!

  • Er war ja schon immer eine Art Impf-Fundi und mRNA für ihn seit er davon hörte der heilige Gral. Den Booster hat er sich vor einer Weile quasi ermogelt, indem er sich als ungeimpft ausgab. Verstanden habe ich diesen speziellen mRNA-Fetisch nie wirklich, allerdings triggert damit Prechts Gentechnik-Argument natürlich.


    Precht ist jetzt also auch schon Verschwörungstheoretiker. Klar, einmal darauf eingelassen, erspart eine solche Argumentationslinie die inhaltliche Auseinandersetzung zuverlässig. Aber Precht ist geimpft, wie so viele, die sich dieser Tage gegen den enormen aufgebauten Druck äußern. Ich zähle mich dazu.


    Aus meiner Sicht fährt man mit dem Ansatz von Varoufakis besser. Ich denke nur, dafür ist es inzwischen zu spät.

    ... gleichzeitig befürchte ich, dass diejenigen von uns, die die Impfkampagne unterstützen, sich selbst in den Fuß schießen, wenn wir zu Anti-Impfgegnern werden. Wenn wir dazu übergehen, diejenigen zu verteufeln, die Impfungen skeptisch gegenüberstehen. Ich persönlich halte es für irrational, Angst vor Impfstoffen zu haben, aber gleichzeitig ist das Vertrauen in die Regierungen und in die Big Pharma so schwach...


    ... Ich versuche, ihnen mit Respekt zu begegnen, mit Respekt vor ihrer Angst. Die Menschen haben guten Grund, sich vor Autoritäten zu fürchten, und Noam Chomsky weiß das natürlich besser als jeder andere. Und wenn man mit dieser Angst umgeht, muss man es respektvoll tun. Man darf sie niemals dämonisieren. Man darf sie niemals so behandeln, wie Hillary Clinton die Trump-Anhänger behandelt hat, indem sie sie als Dummköpfe bezeichnete. ...


    Der Einsatz von Überwachung und Autoritarismus ist sowohl moralisch falsch als auch absolut ineffektiv. Letzten Endes erreichen Sie nur, dass die Anti-vaxx-Stimmung derjenigen, die keine Verrückten sind, sondern sich möglicherweise über alles, was sie hören, ein wenig Sorgen machen, noch verstärkt wird.

    Da ist er wieder, der Trump. Man wird das Gefühl nicht los, Parallelen zu erkennen, sowohl was die mediale Berichterstattung, als auch die spaltende Kraft angeht. Warum die Medien das machen, begreife ich. Was die Menschen auseinandertreibt, erschließt sich mir noch nicht, aber es beunruhigt mich.

  • Varoufakis bringt es auf den Punkt, allgemein gutes Interview.


    Ich finde auch man hätte inhaltlich auf Precht kontern können aus wissenschaftlicher Richtung. Das sich mRNA Impfstoffe letztlich nicht anderes Verhalten als andere Methoden und der Impfstoff langsam abgebaut wird. Und da Fälle bei Kindern nicht ausgeschlossen sind es im Grunde eine vertretbare Sache ist es zu tun.


    Trotzdem finde ich es wichtig das Leute wie Precht darüber diskutieren dürfen ob es für ihre eigenen Kinder Sinn macht. Precht sagt auch ganz klar es ist seine persönliche Entscheidung und er will es nicht als Empfehlung verstanden wissen.

    So nimmt man die Leute find ich mit, man sollte nicht den Eindruck erwecken das die persönliche Entscheidung nicht mehr frei ist bzw. man für eine kritische Haltung stigmatisiert wird.


    Das Argument man müsse die Kinder impfen um sekundär auf den Einfluss der Pandemie Einfluss zu nehmen finde ich äußerst schwach in Anbetracht dessen das sich andere Gruppen (Erwachsene/Wirtschaft) viel weniger beschränken müssen. Darauf sollte die Twitteria gerne ihre Aufregung lenken.

  • Was haltet ihr von Chomskys Argument, dass Impfskeptiker zwar das Recht haben sollten, die Impfung zu verweigern, aber nur unter der Bedingung, dass sie sich dann selbstisolieren müssen? Die Frage wäre dann, wie werden die Leute versorgt? 🤔

  • Was haltet ihr von Chomskys Argument, dass Impfskeptiker zwar das Recht haben sollten, die Impfung zu verweigern, aber nur unter der Bedingung, dass sie sich dann selbstisolieren müssen? Die Frage wäre dann, wie werden die Leute versorgt? 🤔

    Durch (kostenlose) Tests könnte man das ganze für alle Beteiligten besser regeln, auch mit einer Impfung kann man ja anscheinend zu der Verbreitung beitragen, passiert zwar seltener als bei ungeimpfen Personen, aber es passiert, ich kann daher nicht verstehen warum man die kostenlosen Tests für alle abgeschafft hat, diese Idee ist mMn einfach nur dumm gewesen, wir sollten sofort wieder für alle kostenlose Tests einführen.

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