Der SARS-CoV-2-Thread

  • Das ist doch Quatsch. Die Inzidenz als das entscheidendes Kriterium hat es sogar ins Infektionsschutzgesetz geschafft und wurde auch dementsprechend angewendet.


    Wenn du die "Bundesnotbremse" meinst. Deren Schwelle war eine Inzidenz, die deutlich von dem entfernt war, was man ursprünglich im Rahmen einer Niedrig-Inzidenz-Strategie als notwendig erachtet hat, und war an die Schmerzgrenze dessen gerechnet, was man glaubte sich durch den ersten Monat Impfungen an Spielraum erkauft zu haben, um trotz hoher steigender Inzidenz lockern zu können.


    Wie hatte Spahn das gesagt? "[D]ie Grenzen dessen, was aus Gesichtspunkten des Gesundheitssschutzes verantwortbar ist". Und woran haben sie sich bei dieser Grenze orientiert? Ich vermute mal die Intensivkapazitäten an erster Stelle.

  • Und diese Grenzen haben sich durch die Impfungen inzwischen eben deutlich verschoben. Woher nimmst du denn deine Niedrig-Inzidenz-Schwelle? Ich erinnere mich. Uns wurden regelmäßig die bevorstehenden überfluteten ITSs vorhergesagt. Die äußerst umstrittene gesetzlich verankerte Notbremse hätte es nicht gebraucht und war inzwischen des Öfteren u.A. wegen der Impfung ein Problem.


    Zu deiner Statistik von oben wären ein Vergleich mit anderen Krankheiten interessant. Heißt Hospitalisierung da eigentlich wegen Covid19? Denn die KHs machen die Tests ja routinemäßig, weil vergütet, sodass keine Infektion unentdeckt bleiben dürfte. Bei meinem alten Herren waren es sogar 2 pro Tag.

  • Und diese Grenzen haben sich durch die Impfungen inzwischen eben deutlich verschoben.


    Deswegen halte ich die Niedrig-Inzidenz-Strategie auch nicht mehr für relevant. Das wollen vielleicht noch das RKI und ein paar No Covid-Freunde machen, also im Wesentlichen niemand mehr. Wie festgestellt nicht mal - aber wegen der Kinder. Die "Bundesnotbremse" ist doch auch schon vor über einem Monat ausgelaufen. Ich habe eigentlich keinen Zweifel, dass wir höhere Inzidenzen tolerieren und uns da im Wesentlichen weiterhin an der Auslastung der Krankenversorung orientieren werden. Dem steht eine Orientierung an der 7-Tage-Inzidenz aber auch nicht entgegen, deshalb ist die Debatte aus meiner Sicht sinnlos.


    Woher nimmst du denn deine Niedrig-Inzidenz-Schwelle?


    Weiß gerade nicht mehr, ob das RKI damals schon seine Ausarbeitung Control Covid hatte, aber jedenfalls für sowas in der Art geworben. Wie alle von diesen No Covid-artigen Strategien versucht man alle Infektionsketten zu kontrollieren, so dass man keine Infektionen unbekannter Herkunft mehr hat. Schlüssel dafür ist die Kontaktnachverfolgung des Gesundheitsdienstes und von dessen Kapazität hat man die Schwelle für die Inzidenz abgeleitet. Die 50 pro Hunderttausend Einwohner, oder was das war, war eine Schätzung der mittleren Leistungsfähigkeit der Gesundheitsämter. Und 25, glaube ich, wurde als Schwelle für die Öffnung diskutiert, um sich etwas Spielraum nach oben zu geben. Daraus hat man dann fix 100 gemacht, als man feststellte, dass man nicht so tief kommen wird.


    Uns wurden regelmäßig die bevorstehenden überfluteten ITSs vorhergesagt.


    Und wir haben die Intensivstationen sowohl im Dezember als auch im Frühjahr an die Grenze ausgelastet.


    Die äußerst umstrittene gesetzlich verankerte Notbremse hätte es nicht gebraucht [...]


    Ja, vielleicht nicht mehr zu dem Zeitpunkt, als sie in Kraft trat, aber da hatte man sich ja auch ordentlich Zeit damit gelassen, etwas zu unternehmen. Direkt am Anfang als die Landesregierungen sich nicht an die Vereinbarung gehalten haben, auf die Überschreitung von Inzidenz 100 wirksam zu reagieren, da hätte man sie durchaus gebraucht.


    [...] und war inzwischen des Öfteren u.A. wegen der Impfung ein Problem.


    Hatten wir von Frühjahr bis Ende Juni überhaupt nochmal irgendwo so hohe Inzidenzen, dass die "Notbremse" noch relevant gewesen wäre?


    Zu deiner Statistik von oben wären ein Vergleich mit anderen Krankheiten interessant. Heißt Hospitalisierung da eigentlich wegen Covid19?


    Ja, die Einträge, aus denen der Auszug kommt, sind die "dem RKI übermittelten COVID-19-Fälle nach Meldewoche, Altersgruppe und Angabe, dass eine Hospitalisierung vorlag für die Meldewochen KW 10 - 53/2020 und KW 01 - 31/2021". Wenn man alles zusammenrechnet, sind es auch nur 275000 Einweisungen von den 3.8 M Fällen, die wir hatten, also 7%.

  • Na wenn das für dich alles so Sinn ergibt.


    Wir hatten kürzlich irgendwo diese Inzidenzen, aber mir ist entfallen wo. Lag halt einfach daran, dass die Geimpften sich ansteckten und positiv getestet wurden und dann den Wert hoch trieben, ohne das man davon was mitbekommen hätte. Der Wert taugte höchstens noch als Projektion, wenn er regelmäßig ins Verhältnis zu den Belegungszahlen gesetzt würde.


    Andererseits sind da Zahlen in unseren Nachbarländern, die bei uns für ein Katastrophenszenario reichen würden, kein Grund zur Panik.

  • Sinn hätte ergeben, wenn man sich spätestens nach dem Initialausbruch in Deutschland eine ordentliche Epidemiekontrolle zugelegt hätte. Aber viel Glück und wenn einen das dennoch geschehene Unglück persönlich nicht betroffen hat, nehme ich dann auch. Mittlerweile halte ich die Situation für nicht mehr an die Wand fahrbar. Was auch immer sie in der Richtung noch falsch entscheiden, wird keine allzu großen negativen Auswirkungen haben.


    Bei den Fallzahlen im Ausland würde ich nochmal schauen, ob die Ergebnisse von Antigen-Tests ohne Nachtestung mitgezählt werden. Das ist wohl zum Teil der Fall.


    Aber die Inzidenz-Diskussion war halt vorallem eine Strohmann-Diskussion. Die Größe kommt den Leuten nur deshalb so wichtig vor, weil sie als die eine Kennzahl der Epidemie berichtet wird. Ist fast eine Inversion der Positivanteil-Diskussion vom Anfang der Pandemie: Hat jeder lobgepreist, als es sie noch nicht gab, sobald vorhanden war sie außer vielleicht für Dys in der Bewertung praktisch bedeutungslos. Hier ist es umgekehrt, Inzidenz hatte man von Anfang an, aber viele mäkeln dran herum.


    Von den Leuten, die die Epidemie einschätzen, wurde die Inzidenz immer im Lichte anderer Parameter gesehen. Natürlich wenn man sowas wie No Covid machen will, ist die Inzidenz letztlich ausschlaggebend, weil sie der am frühsten anschlagende Meßwert ist. Aber die meisten, die gegen die Inzidenz polemisiert haben, wollten einfach Öffnung bis im wörtlichen Sinne der Arzt kommt. Wie gesagt die Werte sind ein stückweit austauschbar, meinethalben hätte man sich an der Auslastung der Krankenversorgung orientieren können. Dann hätte ich sowas gesagt wie, bis 5% und dann ist dicht, und die Gegenseite wäre eher bei 80% gewesen und kurze Zeit Spitzenlast von 120% muss doch auch mal drin sein.

  • "Kinder müssen beurteilen können, welche Konsequenzen die Impfung für sie hat."


    Prof. Dr. jur. Martin Stellpflug Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht


    Warum erlauben wir 12 jährigen nicht, je nach Tageslaune, sich irgendetwas auf die Stirn tätowieren zu lassen? Es stellt sich die rechtliche Frage ob Kinder eine Einwilligung der Eltern brauchen und was wenn die Eltern gegen Impfungen sind und die Kinder dafür (oder andersrum)?

  • Hier aus dem FAQ vom Robert Koch-Institut. Die sagen im Wesentlichen das gleiche wie ich.


    https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html



    Wobei sie es allerdings so einschätzen, dass die 7-Tage-Inzidenz "[b]islang [..] bei politischen Entscheidungen [..] [..] im Fokus" stand. Was mir sowas sagt wie: Wir erzählen denen immer von allen möglichen Metriken, am Ende diskutieren sie doch wieder über die Inzidenz. - Was mich bei der Weisheit unser Landesfürstenschaft wenig wundert.

  • Jetzt ist mir auch wieder klar, warum wir überhaupt diese Unterscheidung geimpft/genesen machen:


    https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html


    Bei der Frage "Wer gilt laut rechtlichen Verordnungen als vollständig geimpft bzw. genesen?" haben sie in Tabelle 2, wann die Impfung nach Infektion erfolgen sollte: "In der Regel ab 6 Monate nach Diagnose, ab 4 Wochen nach Abklingen der Symptome möglich". Den Status Geschützt verliert man als Genesener nach sechs Monaten, wenn man sich dann nicht einmalig impfen lässt.

  • Zitat von RKI via Wemir

    Generell gilt: Je mehr Fälle auftreten, desto mehr schwere Verläufe (Krankenhauseinweisungen/ITS) und Todesfälle werden – mit etwas Zeitverzug – registriert. Gleichzeitig steigt die Belastung des Gesundheitssystems. Eine steigende 7-Tage-Inzidenz geht dieser Entwicklung voraus. Es ist der früheste aller Indikatoren. Die 7-Tage-Inzidenz ist daher auch weiter wichtig, um die Situation in Deutschland zu bewerten und frühzeitig Maßnahmen zur Kontrolle zu initiieren.


    ... Die Bedeutung der 7-Tage-Inzidenz nimmt damit ab, die Bedeutung der Indikatoren Hospitalisierungen und ITS-Behandlungen nimmt zu. Welche Indikatoren ausschlaggebend für Maßnahmen ist, bleibt jedoch eine politische Entscheidung (im Infektionsschutzgesetz ist auch nicht nur die Inzidenz aufgeführt).

    Sie sagen auch, was ich schrieb, ohne daraus jedoch die Konsequenz zu ziehen einen gleitenden Verhältniswert einzufordern mit entsprechendem Projektionsrahmen, mit dem man dann nämlich auch klar sagen könnte, was eigentlich die Zielsetzung sein soll. Das wäre in der Tat eine politische Entscheidung, aber nachvollziehbar. Sehr enttäuschend, die Behörde lässt ihrem Chef im Ministerium damit sehr viel Spielraum.


    Die Formulierung zur Hospitalisierung ist dort ebenfalls schwammig und beantwortet meine Frage damit leider nicht hinreichend, sondern deutet nur an.


    Wie dem auch sei. Milchmädchenrechnungen, mit denen ich mich selbst auskenne ;), sollten inzwischen wirklich nicht mehr die Entscheidungsgrundlage sein.

  • "Kinder müssen beurteilen können, welche Konsequenzen die Impfung für sie hat."


    Prof. Dr. jur. Martin Stellpflug Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht


    Warum erlauben wir 12 jährigen nicht, je nach Tageslaune, sich irgendetwas auf die Stirn tätowieren zu lassen? Es stellt sich die rechtliche Frage ob Kinder eine Einwilligung der Eltern brauchen und was wenn die Eltern gegen Impfungen sind und die Kinder dafür (oder andersrum)?

    Blöd gefragt "Wozu?", hat man den Kindern da jetzt ein Einwilligungsrecht zugeschustert über die Eltern hinweg?

  • Blöd gefragt "Wozu?", hat man den Kindern da jetzt ein Einwilligungsrecht zugeschustert über die Eltern hinweg?


    Ich warte da mal auf die ersten Klagen gegen Ärzte, das ist Körperverletzung ohne Einwilligung der Eltern (ganz abgesehen davon was es mit Kindern langfristig machen könnte - offiziell gibt es noch kein OK dafür).

  • Sie sagen auch, was ich schrieb, ohne daraus jedoch die Konsequenz zu ziehen einen gleitenden Verhältniswert einzufordern mit entsprechendem Projektionsrahmen, mit dem man dann nämlich auch klar sagen könnte, was eigentlich die Zielsetzung sein soll. Das wäre in der Tat eine politische Entscheidung, aber nachvollziehbar. Sehr enttäuschend, die Behörde lässt ihrem Chef im Ministerium damit sehr viel Spielraum.


    Spahn hat ja mit der Epidemiebekämpfung "nichts" zu tun. Klar, so ein bisschen in die Krankenversorgung mit Verordnungen reinregieren, Studien und sowas beauftragen, paar Infrastrukturausgaben lenken. Die eigentliche Bekämpfung ist Länderhoheit. - Die "Bundesnotbremse" war die große Ausnahme, wo der Bund ausnahmsweise diese Rolle an sich gezogen hat.- RKI: Reine Beraterfunktion.


    Sag ich ja, statt einer Epidemiekontrolle hatten wir die Plauderstunde von Länderchefs und Merkel. (Ich nehme an, die Bund-Länder-Runde der Gesundheitsminister war etwas effektiver, aber die haben nicht die großen Maßnahmen beschlossen.) And den kritischen Punkten, wo die Spitzenrunde mal wirklich gefordert war, hat sie verlässlich versagt. Kann man fairerweise nicht über alle Teilnehmer sagen, dass sie nicht das aus meiner Sicht Richtige machen wollten. Wenn ich daran denke, ist das Versagen für mich eigentlich komplett mit Laschet personifiziert. Trifft bestimmt nicht den Falschen.

  • Sogar Impfweltmeister Israel ist leider noch weit von den 90 Prozent entfernt. Seltsam. Anstatt die Verweigerer an die Spritze zu bringen (oder umgekehrt) impft man die Willigen jetzt ein drittes Mal. Unter den Ungeimpften wird sich das Virus aber trotzdem verbreiten.


    https://www.google.de/amp/s/ww…iontech-90921230.amp.html


    Naja, der Bevölkerungsanteil 0-14 Jahre beträgt in Israel fast 30%. Also sowas wie ein Viertel der Bevölkerung kannst du regulär gar nicht impfen. (Sie wollen jetzt wohl Kinder von 5-11 mit Vorerkrankungen impfen.)


    Wenn du bei uns von allen, die vom Alter her eine Impfung erhalten können, 90% impfst, sind wir bei so 67 Millionen Menschen oder 80%. Nur bei vollständiger Durchimpfung aller Personen ab 12 Jahre hätten wir 90% Impfquote.

  • Nun aus meiner Sicht ist die Impfkampagne bei den Erstimpfungen effektiv abgeschlossen. Wir haben jetzt 70% bei den Erwachsenen. Ich hatte auf 80% aus dem Stand gehofft und mit Glück sind wir tatsächlich schon etwas weiter in Richtung 75%, weil sie wirklich im größeren Ausmaß Impfungen nicht gemeldet bekommen.


    Da die Zweitimpfungen so aussehen, als würden sie im Zeitplan liegen, hoffe ich mal auf ebenfalls an die 70% vollständige Impfung. Aber alles was ab jetzt noch an Erstimpfungen dazukommt, wird sich in der Regel erst nach anderthalb Monaten in verlässlichen Schutz umsetzen und dann sind wir schon mitten im Herbst.


    Wir werden also im Wesentlichen mit den 70% die Restdurchseuchung durchmachen. Ich denke mal, wenn die Inzidenz wieder hochgeht, werden sich noch ein paar Leute mehr impfen lassen. Aber für die meisten Ungeimpften wird es wohl die Naturimpfung. Es sei denn die Kontrolle des Virus ist durch die veränderte Ausbreitungslandschaft jetzt enorm einfach geworden.

  • Sag ich ja, statt einer Epidemiekontrolle hatten wir die Plauderstunde von Länderchefs und Merkel. (Ich nehme an, die Bund-Länder-Runde der Gesundheitsminister war etwas effektiver, aber die haben nicht die großen Maßnahmen beschlossen.) And den kritischen Punkten, wo die Spitzenrunde mal wirklich gefordert war, hat sie verlässlich versagt. Kann man fairerweise nicht über alle Teilnehmer sagen, dass sie nicht das aus meiner Sicht Richtige machen wollten. Wenn ich daran denke, ist das Versagen für mich eigentlich komplett mit Laschet personifiziert. Trifft bestimmt nicht den Falschen.

    Merkwürdiges Framing von Abstimmungsversuchen im Föderalismus. Dass die unterschiedlichen Herangehensweisen überhaupt zum Hauptproblem erklärt wurden, war u.A. einer medialen Kampagne zuzuschreiben.

    Da hatte unsere Kanzlerin plötzlich bei Will verkündet, dass der Bund mehr Kompetenzen braucht. Letztlich hat man ein paar Wochen später dann mit viel Tamtam Nägel mit Köpfen gemacht, was auch dazu führte, dass manche Kommunen plötzlich ihre funktionierenden Konzepte zugunsten der starren Regeln des Bundes aufgeben mussten.


    Das Problem waren aber nicht die unterschiedlichen Maßnahmen, sondern dass sie deutlich machten, dass die Politik hier eher willkürlich und zugleich ahnungslos agierte, dabei jedoch Rationalität vorgab. Das einzige Problem, welches damit kurzfristig gelöst wurde, war der damit verbundene Glaubwürdigkeitsverlust der Akteure sowie der damit verbundene Unmut in der Bevölkerung. Nur weil der Bund jetzt einheitlich sagt, wo es langzugehen hat, wird es davon aber noch nicht richtiger. Ein aktueller Blick in die Welt macht deutlich, dass sich daran im Grunde nicht viel geändert hat.


    Woran machte man denn das Versagen konkret fest, welches dadurch geheilt wurde? Zwischen dem Vorstoß und dem umstrittenen Beschluss verging einige Zeit und fast überall hatten sich die Maßnahmen längst weiter verschärft, parallel zur Jahreszeit. Richtig gegriffen hat die Bremse dann doch auch erst kurz vor Weihnachten zur Wintersonnenwende, wenn ich mich richtig erinnere.

    Spahn hat ja mit der Epidemiebekämpfung "nichts" zu tun. Klar, so ein bisschen in die Krankenversorgung mit Verordnungen reinregieren, Studien und sowas beauftragen, paar Infrastrukturausgaben lenken. Die eigentliche Bekämpfung ist Länderhoheit. - Die "Bundesnotbremse" war die große Ausnahme, wo der Bund ausnahmsweise diese Rolle an sich gezogen hat.- RKI: Reine Beraterfunktion.

    Willst du mich veralbern?

  • Merkwürdiges Framing von Abstimmungsversuchen im Föderalismus.


    Nun, ich bin kein Freund des Föderalismus, nur des Subsidiaritätsprinzip.


    Aber du versteht mich falsch, mir ist egal, ob das ein Politiker bestimmt oder eine Gruppe von Politikern. Ich hätte gerne ein Expertengremium gehabt, das solche Entscheidungen trifft. Vorallem wenn die Politiker die falschen oder in diesem Fall eher keine Entscheidungen treffen.


    Da hatte unsere Kanzlerin plötzlich bei Will verkündet, dass der Bund mehr Kompetenzen braucht.


    Das würde ich framen als, auf das Versagen diverser Bundesländer reagieren muss.


    Woran machte man denn das Versagen konkret fest, welches dadurch geheilt wurde? Zwischen dem Vorstoß und dem umstrittenen Beschluss verging einige Zeit und fast überall hatten sich die Maßnahmen längst weiter verschärft, parallel zur Jahreszeit. Richtig gegriffen hat die Bremse dann doch auch erst kurz vor Weihnachten zur Wintersonnenwende, wenn ich mich richtig erinnere.


    Du bist in der falschen Welle. Die Grenze von 7-Tage-Inzidenz 100 wurde überhaupt erst im Abklingen des Ausbruchs um den Jahreswechsel 2020/21 eingeführt. Auch als Reaktion darauf, dass man vorher eben keinerlei vereinbarte Orientierungswerte hatte. [Stimmt nicht, siehe Folgekommentar.] Das Versagen war, dass diese Grenze dann von den Ländern völlig ignoriert wurde, als der Frühjahrsausbruch in Fahrt kam, entgegen dem, was - unverbindlich - vereinbart worden war.


    Willst du mich veralbern?


    Ne, Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens zur Verhütung/Bekämpfung übertragbarer Krankheiten sind keine Kompetenz des Bundes.


    Zitat

    Grundgesetz Artikel 83:


    Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt.


    Mit dem Infektionsschutzgesetz hat der Bund den Rahmen gesetzt, aber die Ausführung obliegt in großen Teilen allein den Ländern. Merkel, Spahn, Wieler - die kann ein Landeschef alle ignorieren.


    Du kannst ja mal im Infektionsschutzgesetz lesen, was zum Beispiel die Rolle des Robert Koch-Instituts ist, § 4 Aufgaben des Robert Koch-Institutes:


    http://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__4.html


    Das sind alles nur Zuarbeiten.


    Oder in § 5 welche Kompetenzen dem Bundesgesundheitsministerium zukommen, wenn eine epidemische Lage von nationaler Tragweite erklärt wird. Das sind Logistik-Sachen und Richtlinien, Maßnahmen, die sich eng auf die Krankenversorgung beziehen.


    http://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__5.html


    Vorschläge kann der Bundesgesundheitsminister machen:


    Zitat

    (6) Aufgrund einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite kann das Bundesministerium für Gesundheit unter Heranziehung der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts Empfehlungen abgeben, um ein koordiniertes Vorgehen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.


    Die ganzen tiefer eingreifenden Maßnahmen der Epidemiekontrolle, also auch sowas wie shutdown oder lockdown, obliegen soweit ich weiß den Ländern oder teilweise haben die Befugnisse auch direkt die zuständige Behörden, also eine oberste Landesgesundheitsbehörde oder lokale Gesundheitsämter. Das meiste in Abschnitt 4 "Verhütung übertragbarer Krankheiten" oder Abschnitt 5 "Bekämpfung übertragbarer Krankheiten", insbesondere der Katalog an Maßnahmen spezifisch für die CoViD-19-Epidemie in § 28a, die können alle nicht vom Bund angeordnet werden:


    http://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__28a.html


    Die Ausnahme ist wie gesagt der mittlerweile aus Kraft getretene (siehe Absatz 10) § 28b, also die "Bundesnotbremse". Da hat der Bund, wenn ich das richtig verstehe, seine Möglichkeit konkurrierender Gesetzgebung genutzt. Nach Grundgesetz Artikel 74:


    Zitat

    (1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:


    [...]


    19. Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen [...]


    Um einen aus seiner Sicht bestehenden Reglungsbedarf zu decken.

  • Hm, jetzt wo mein Blick nochmal auf Infektionsschutzgesetz § 28a Absatz 3 fiel, sehe ich, was du vermutlich meinst. Sie haben mit der Einführung des Katalogs - dann ja wohl im November 2020 - tatsächlich verschiedene Schwellwerte der 7-Tage-Inzidenz formuliert. Das bindet die "Ebene der Landkreise, Bezirke oder kreisfreien Städte". Wobei im Gegensatz zur "Bundesnotbremse" liegt das alles im Ermessensspielraum der entsprechenden Ebene, mit Formulierungen wie "umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen". Das sollte auch alles noch gelten, aber so offen wie das formuliert ist, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass lokale Schutzkonzepte davon wirklich beeinträchtigt wurden.


    Ergänzung: Es gibt auch etwas zur landes- oder bundesweiten Überschreitung von Schwellwerten, aber da sind "Schutzmaßnahmen" nur noch "anzustreben". Und es gibt die Einschränkung "insbesondere" bezüglich der Inzidenz: "Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen ist insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen." Also gibt es sogar Raum, die Gültigkeit des vorgegebenen Schwellwerts anhand anderer Parameter zu relativieren.


    Okay, da hatte ich Unrecht, dass konkrete Richtwerte der 7-Tage-Inzidenz vor dem Frühjahrsanfang 2021 gar keine Rolle gespielt haben.


    Bei dieser vereinbarten Inzidenz 100-Grenze, die schließlich mit der "Bundesnotbremse" durchgesetzt wurde, ging es aber darum weitgehende Lockerungen möglich zu machen und bei Überschreitung des Schwellwerts auch wieder zurückzunehmen. Das zeigt ja, wie schwach die Bindung durch die Inzidenzvorgaben in § 28a letztlich war, dass man das praktisch über diese Vorgaben hinweg ausgehandelt hat.

  • Die Ausnahme ist wie gesagt der mittlerweile aus Kraft getretene (siehe Absatz 10) § 28b, also die "Bundesnotbremse".


    Also technisch gesehen ist nicht mal das ein Beispiel für Kontrolle durch die Bundesregierung. Denn das wird immer noch von Entitäten unterhalb der Bundesebene umgesetzt. Aber Regierung und Parlament haben die Reglung so eng gezogen, dass es keinen Spielraum gibt, etwas anderes zu tun.


    Einzig Absatz 6, wo der Bund sich weitere Regulierungskompetenz einräumt, wäre bei Anwendung tatsächliche Epidemiekontrolle durch Eingriff in die breite Gesellschaft seitens der Bundesregierung:


    https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__28b.html



    Ist soweit ich mitbekommen habe nicht dazu gekommen. Und wie gesagt, meinem Verständnis nach war das eine absolute Ausnahme im Infektionsschutzgesetz.

  • Dass Risiko ins Krankenhaus zu müssen, auf die Intensivstation oder sogar zu sterben, sollte in einer möglichen vierten Welle aber auch in der Altersgruppe der Kinder deutlich geringer sein, da diejenigen die es wohl treffen würde, mittlerweile geimpft sein dürften.


    »Einem Register der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) zufolge mussten bisher 1.548 Kinder mit Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden, 74 davon auf Intensivstationen. Viele Kinder waren vorerkrankt. Etwa ein Drittel davon war über zwölf Jahre alt. Die meisten deutlich jünger, den mit Abstand größten Anteil machten Neugeborene aus«

    https://www.zeit.de/gesundheit…chule-vorerkrankungen-faq


    Interessant, dass die Zahl der Hospitalisierung beim RKI so viel höher ist als bei der DGPI.

    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

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