Der SARS-CoV-2-Thread

  • Das wäre aber eine ziemlich rasche Express-Inkubation, oder?


    Falls du an den Wahltag denkst, die Auswirkungen davon und von der unmittelbaren Vorwahlphase sehen wir natürlich erst in ein paar Wochen. Meine Vermutung wäre dieser Anstieg wird durch Testkapazitätserschöpfung "gestoppt".

  • Bei der ganzen Berichterstattung über den Pflegekräftemangel auf den Intensivstationen fehlt mir immer eine Sache. Bin sicher das spricht niemand an, weil man sich damit nur unbeliebt machen kann.

    Viele Intensivpflegekräfte verlassen die Krankenhäuser wegen der Arbeitsbedingungen und gehen stattdessen in die ambulante Intensivpflege. Da werden extrem Pflegebedürftige Patienten zu Hause gepflegt inkl Beatmung und Nahrung über Sonde zB. Diese Arbeiten dürfen nur von Pflegekräften mit Intensivausbildung gemacht werden.

    Für die Pfleger ist das finanziell lukrativ und im Vergleich zum Krankenhausalltag mit wesentlich weniger Stress verbunden. Völlig verständlich also, dass da viele hinwechseln.

    Im Sinne der Beitragszahler ist das allerdings eine Katastrophe. Die Intensivpflege zu Hause wird komplett von Kranken und Pflegekassen bezahlt. Pro Patient sind da 24 h am Tag drei hochqualifizierte Vollzeitpflegekräfte beschäftigt. Mit Urlaubsansprüchen und Krankheitstagen macht das 5,5 Pflegefachkräfte pro Patient. Deutschlandweit werden etwa 20.000 Patienten ambulant intensivpflegerisch betreut.

    M.M.n ist dieses System der Pflege zu Hause, wenn man die Zahlen ganz nüchtern betrachtet, nicht zu halten. Ich finde es tatsächlich auch unsolidarisch, wenn einigen Patienten eine so personalintensive Pflege ermöglicht wird während an allen anderen Ecken des Systems das Personal fehlt.


    Gesundheitsminister Spahn will die Intensivpflege zu Hause übrigens zur absoluten Ausnahme machen und zieht sich damit den Ärger der Pflegedienste und Angehörigen auf sich.


    https://www.bundesgesundheitsm…intensivpflegegesetz.html

  • Du müßtest bei Deiner Rechnung aber den Bau und Unterhalt von Pflegeheimen und Krankenhäusern mitberechnen. Dann kommt die Pflege zu Hause billiger weg, oder zumindest nicht so teuer, wie Du meinst.

  • Du müßtest bei Deiner Rechnung aber den Bau und Unterhalt von Pflegeheimen und Krankenhäusern mitberechnen. Dann kommt die Pflege zu Hause billiger weg, oder zumindest nicht so teuer, wie Du meinst.


    Meinst du mit Bezug auf die "ambulante Intensivpflege" oder Pflege zu Hause allgemein? Denn es geht wohl nur um ersteres.

  • Meinst du mit Bezug auf die "ambulante Intensivpflege" oder Pflege zu Hause allgemein? Denn es geht wohl nur um ersteres.

    Ambulante Intensivpflege.

    Ich denke, in den allermeisten Fällen wird die auf einer Krankenhausintensivstation nur notfallmäßig sein und von kurzer Dauer.

    Also sind beim Sparen und verrechnen eher teure Pflegeheime gemeint, die wegen der baulichen Vorgaben ein Heidengeld kosten + Strom und so.

    Meine persönliche Meinung dazu ist, daß die Gesellschaft sich die ambulante Pflege leisten sollte, weil die Betroffen außer der Familie und deren Umfeld vermutlich kaum Sozialkontakte pflegen können. Es ist ein Ausweis für eine Gesellschaft, die unproduktive kranke Mitglieder nicht wegspart. Abgesehen davon erleichtert man vielen Familien das gewünschte Miteinander.


  • Die Betroffenen lehnen das Gesetz im Großen und Ganzen ab, weil es nicht einhergeht mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Es gibt viele Menschen die durch Erkrankung oder Behinderung langzeitbeatmet sind und auf professionelle Pflege angewiesen sind. Diese Menschen müssen ihren Wohn- und Lebensraum frei wählen dürfen. Das die Betroffenen zwangsweise in ein Heim oder eine Klinik abgeschoben werden ist nicht in Ordnung. Geld, das ist ja die Argumentation, darf dabei keine Rolle spielen.

  • Ambulante Intensivpflege.

    Also sind beim Sparen und verrechnen eher teure Pflegeheime gemeint, die wegen der baulichen Vorgaben ein Heidengeld kosten + Strom und so.


    Ja, wobei ich annehme, dass diese Gruppe nicht so groß ist (korrigiere mich) und die Pflegeheime oft schon existieren bzw. für das ansteigende Durchschnittsalter der Bevölkerung sowieso nachgebaut werden muss.


    Die Betroffenen lehnen das Gesetz im Großen und Ganzen ab, weil es nicht einhergeht mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Es gibt viele Menschen die durch Erkrankung oder Behinderung langzeitbeatmet sind und auf professionelle Pflege angewiesen sind. Diese Menschen müssen ihren Wohn- und Lebensraum frei wählen dürfen. Das die Betroffenen zwangsweise in ein Heim oder eine Klinik abgeschoben werden ist nicht in Ordnung. Geld, das ist ja die Argumentation, darf dabei keine Rolle spielen.


    Nun die knappe Ressource sind hier aber Arbeiter mit der richtigen Ausbildung. Also ich bin offen für die Überlegung, dass man zuerst die Intensivversorgung in Einrichtungen der Krankenversorgung und Pflege sicherstellen muss. Vielleicht sollte man da eher überlegen den Standard für die ambulante Pflege abzusenken und keine so hohen Anforderungen zu stellen, wenn es stimmt, dass spezielle Qualifikation die Voraussetzung ist:


    Diese Arbeiten dürfen nur von Pflegekräften mit Intensivausbildung gemacht werden.

  • äh das ja echt nen wichtiges Thema und bitte lasst das weiter diskutieren. Aber ist das hier der richtige Thread um das zu vertiefen?


    Andererseits wenn wir schon dabei sind aufzuzeigen wo uns Corona nun den Finger in die offene Wunde legt:


    - Totgespartes und unterbesetztes Gesundheitswesen, insb. sichtbar nun bei Krankenhauspersonal (nicht dass es nicht schon die ganze Zeit sichtbar war. Aber quasi offiziell standardmäßig 60h Wochen, dauerhaft ist schon nen volles KO)

    - Totgesparte und unterbesetzte Pflege.

    - Totgespartes und unterbesetztes Bildungssystem.


    Die ersten beiden Punkte besprecht ihr ja quasi gerade. Und ich muss sagen, dass mir echt sauer aufschlägt, dass hier der Weg des, "müssen sich die Leute halt mal wieder bissl zurücknehmen, sei mal solidarisch" eingeschlagen wird... Die geforderte Solidarität ist hier dann nämlich nicht mit den Patienten und/oder den Pflegekräften und dem Personal im Gesundheitswesen, sondern mal wieder mit dem Großkapital (haben sie ja echt gut in die Leute eingepflanzt mitlerweile...)

    Wobei bissl zurücknehmen hier dann sogar schon soweit ist zu fordern, dass das letzte bisschen würdiges Leben ja wohl für geringere Kosten aufgegeben werden kann.

    Schöne Lösung...lasst uns alle Alten, Kranken, Pflegebedürftigen, ... lass es uns Aussätzige nennen, ... zusammenpferchen und in maximal durchökonomisierte Anstalten stecken. Alles für die Wirtschaft! Economy first!

  • Ja, wobei ich annehme, dass diese Gruppe nicht so groß ist (korrigiere mich) und die Pflegeheime oft schon existieren bzw. für das ansteigende Durchschnittsalter der Bevölkerung sowieso nachgebaut werden muss.



    Nun die knappe Ressource sind hier aber Arbeiter mit der richtigen Ausbildung. Also ich bin offen für die Überlegung, dass man zuerst die Intensivvorsorgung in Einrichtungen der Krankenversorgung und Pflege sicherstellen muss. Vielleicht sollte man da eher überlegen den Standard für die ambulante Pflege abzusenken und keine so hohen Anforderungen zu stellen, wenn es stimmt, dass spezielle Qualifikation die Voraussetzung ist:

    Das wird noch ein Riesenthema und ich hab wenig lust, das auseinanderzunehmen.

    Vermutlich werden nur wenige Leute wollen, daß Ungelernte an einer Maschine für die Atemluft herumpfuschen oder im Falle eines Versagens derselben doof dastehen, während jemand erstickt.

    Andererseits wird das früher oder später so kommen. Zumindest für Leute ohne Privatversicherung.

    Und wenn ich vor die Wahl gestellt werde, ob man für den teuren Aufwand bei der Ausbildung der Jungen spart, wäre ich auch dagegen. Ist ne Abwägungsfrage, denn im Pflegeheim machen solche Patienten die wenigste Arbeit und werden hoch abgerechnet.

    Das größere Problem sind die Demenzkranken. Die können recht lange leben, oft unter üblen Bedingungen.

    Ich hab viel mitgekriegt über Pflege zu Hause. Da ist es oft ein Geldfaktor, daß zu Hause gepflegt wird. Und es waren immer und ausschließlich Frauen, die sich um Eltern, Schwiegereltern oder Großeltern gekümmert haben.

    Aus diesem Grund würde ich sagen, auch wenn das heute manchmal anders ist, sollte die Pflege zu Hause nicht unbedingt im Vordergrund stehen, auch, wenn es billiger wäre. Es gibt tatsächlich Arbeiten, die berechnen, daß die Pflege zu Hause immer billiger ist, wegen der Kosten für die Bauten und deren Unterhalt.

    Also: Pflegeheim umsonst, gute Unterstützung für Kranke daheim und der Blitz soll sie beim Scheißen treffen, wenn das wieder mal auf Kosten der Bildung geht.

    Tatsächlich wird es im Notfall für den gesellschaftlichen Diskurs zu spät sein und wir kriegen, wie üblich, eine neoliberale Frühableben- Variante. Tja, selbst schuld, wenn man 40 Jahre die falsche Partei wählt.

  • Vermutlich werden nur wenige Leute wollen, daß Ungelernte an einer Maschine für die Atemluft herumpfuschen oder im Falle eines Versagens derselben doof dastehen, während jemand erstickt.


    Klar, das Risiko ist größer, aber das ist es auch schon dadurch, dass man zu Hause ist und nicht in einer Pflegeeinrichtung, wenn die halbwegs funktioniert.

  • Klar, das Risiko ist größer, aber das ist es auch schon dadurch, dass man zu Hause ist und nicht in einer Pflegeeinrichtung, wenn die halbwegs funktioniert.

    Ich vermute, die allermeisten Kranken würden ein Risiko vorziehen, wenn es um Lebensqualität geht.

    Aber diskutiert ihr das, mich macht das Thema aggressiv.

  • Hab mal nen bericht gelesen über nen "Locked In" patienten, der zuhause betreut wurde. Die pflegekräfte wechselten häufig und wurden immer schlechter (bis zu "nicht dem deutschen mächtig"). Der wollte am schluss lieber sterben (suizid ) als weiterhin solchen leuten ausgeliefert zu sein. Ein wechsel in eine stationäre betreuung, in eine klinik, wurde ihm verwehrt.

    Kann man sich ja nun ausrechnen welches modell wohl das teurere ist.

  • Nochmal deutlich über hunderttausend Neuinfektionen in den USA und die Belegung der Krankenhäuser ist schon fast wieder auf dem Niveau der beiden vorherigen Epidemiegipfel. Vom Gesamtbild noch nicht so schlimm, weil die Inzidenz wie bei uns gleichmäßiger verteilt ist. Kann man zum Beispiel hier sehen:


    https://www.beckershospitalrev…ate-by-state-july-15.html


    Aber das ist, denke ich, immer noch der Anfang und es ist wahrscheinlich, dass man - so überhaupt noch Interventionen erwogen werden - sich lange in Sicherheit wägt, weil man den Puffer in der Krankenversorgung sieht und zu linearer Fortschreibung der Entwicklung neigt. Punktuell ist man schon wieder an der Kapazitätsgrenze.

  • Es lohnt sich auch wieder auf EuroMOMO zu schauen, in Belgien, Italien und Spanien steigt die Übersterblichkeit leider schon wieder auf das Niveau einer größeren Grippewelle und das sind noch die vorläufigen Daten.


    https://euromomo.eu/graphs-and-maps


    Dazu noch die aktuelle ECDC-Übersicht:


    https://www.ecdc.europa.eu/en/cases-2019-ncov-eueea


    w43_44_COVID_subnational_Last_2week.png


    Und man sieht, dass auch Schweden in seinem dichteren Siedlungsbereich dem europäischen Trend nicht mehr entgeht.

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