Der SARS-CoV-2-Thread

  • Es gibt vielerorts auch einen größeren Fokus auf die Behandlung, statt auf die Impfung und Restriktionen. Bei manchen notgedrungen, bei anderen aus pragmatischen Gründen.



    Mal etwas anderes, das nur indirekt mit Corona zu tun hat. Aktuell gibt es wohl eine Häufung von diversen Infektionskrankheiten bei Kindern. Manche schieben das auf die wegen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite ausgerufenen Regeln.


    Bei mir löste das ein kleines Brain Storming aus. Auf der einen Seite ein RKI-Chef, der sich freut, dass die Grippe mal ein Jahr lang gar keine Rolle spielte. Auf der anderen Seite kam mir dann dieser wirklich ausgezeichnete Vortrag wieder in den Sinn, den hier irgendwann jemand verlinkt hatte. Vielleicht erinnert sich noch jemand.


    Zwei wesentliche Punkte hatte ich daraus mitgenommen hatte.


    1. Der natürliche Kontakt mit Viren im Kleinkindalter hat einen erheblichen Einfluss auf die lebenslange Immunisierung gegen Krankheiten. Dabei spielt das Timing eine wesentliche Rolle. Keine neue Erkenntnis, aber deren Bedeutung wird an dem Beispiel besonders gut deutlich.

    Mit diesem Hintergrund sollte man vielleicht auch Prechts Haltung bewerten, warum er Kinder nicht impfen würde. Und wenn Lothar Wieler über die nicht vorhandene Grippe schmunzelt oder Fefe bei jeder Gelegenheit die Schulen schließen will, haben sie die Rechnung evtl. ohne den Wirt gemacht.


    2. Eine (auch teilweise) Immunisierung nur eines Teils der Bevölkerung wirkt schützend auf den Rest. Die spanische Grippe und ihre Konstellation von Voraussetzungen liefern sozusagen den perfekten Versuchsaufbau. Man muss vermutlich den Vortrag gesehen haben, um zu verstehen, was ich meine.

    Mit diesem Wissen macht die aktuell vorangetriebene Isolierung der Ungeimpften, die ja zwangsläufig mehr unter sich bleiben, keine große Hoffnung. Einzig die durch G2 beschleunigte Durchsuchungsgeschwindigkeit bliebe als Vorteil. Die allerdings ist ja nicht der offizielle Grund für deren Einführung.


    Will sagen. Alles, was wir tun, hat möglicherweise auch Konsequenzen, an die wir überhaupt nicht denken.


    Und jetzt von der Makro-Ebene zurück zu den RKI-Zahlen, die aus meiner Sicht gar nicht so schlecht aussehen.

  • Jetzt könnte man doch eigentlich mal über eine Schongrenze für die Intensivmedizin nachdenken.

    Wir füllen die ITS ja gerade auch wieder mit Patienten aus dem Rest Europas auf. Ich meine, hier sollte man mal klären, ob die Belegungszahlen entsprechend bereinigt werden oder die Kennzahlen beeinflussen.


    Du steckst doch tief im RKI-Zahlendjungel @Wemir. Wird für die Hospitalisierungsinzidenz die Einweisung aus dem Inland herangezogen, oder zählt man anhand der Belegungsmeldung der Krankenhäuser? Außerdem gibt es Berichte darüber, dass dafür mal wieder gar kein kausaler Zusammenhang existieren muss.

  • Also ich schaue ehrlich gesagt gar nicht auf die Hospitalisierungen - weiß nicht mal, wo die veröffentlicht werden - sondern orientiere mich weiterhin an der Inzidenz. Aber ich würde sagen, wenn die Krankenhäuser voll sind, sind sie voll. Wo die Leute herkommen ist egal.


    Ich wäre bloß dafür, dass man einen bestimmten Teil der real verfügbaren Kapazität sperrt, um das System zu schonen.

  • Na egal ist das nicht, wenn du da ein Maß aus Belegung im Verhältnis zur Bevölkerung zur entscheidenden Größte für Grundrechtseinschränkungen machst, solltest du das natürlich auch auf die betreffende Solidargemeinschaft beschränken. Vor allem, wenn man gleichzeitig Kapazitäten abbaut.

    Also ich will gar nicht sagen, dass wir keine Nachbarschaftshilfe leisten sollen. Aber wir müssen dann schon aufpassen, dass wir deswegen nicht falsche Schlüsse ziehen.


    Die Inzidenz ist aber alleine recht wertlos geworden. Ich dachte, die sei auch gar nicht mehr der Gradmesser für irgendwas. Wenn du eine ITS-Schongrenze forderst, geht das ja auch weg von der Inzidenz.

  • Ich meine, ich persönlich schaue nur auf die Inzidenz, um mich zu orientieren. Die Meldung, wenn die Krankenhäuser dicht sind - das ist natürlich auch für mich und die Familie relevant - werde ich schon mitbekommen. Ansonsten habe ich mich in die nicht-kommerzielle/nicht-institutionelle Freizeitgestaltung ganz gut eingelebt, auf irgendwelche Hygienekonzepte habe ich sowieso keine Lust, und bin bereit das durchzuziehen, bis die Epidemie vorbei ist.


    Meine Sorge ist allerdings die Langzeitperspektive für das Krankenversorgungssystem. Der Ausfall bei den Arbeitern ist jetzt schon hoch. Es gibt weiter ein großes Potential notwendiger Behandlungen. Ein großer Schub an Erkrankungen könnte eine Entlastung bringen, insofern sich dann doch mehr Leute impfen lassen, aber das ist unsicher.


    Ich denke, die meisten Ungeimpften sind in der Tendenz jünger, selbst in der Gruppe ab 60 Jahre finden sich Impfverweigerer vermutlich am jüngeren Ende. Die haben also sicherlich eine schlechtere CoViD-19-Prognose ohne Behandlung aber immer noch ganz gute Chance, es allein zu überstehen. Die Geimpften haben ihren Schutz aus der Impfung und wenn die schon länger her ist, gibt es im Prinzip die Möglichkeit sich eine Auffrischimpfung zu holen. Alle wissen, dass sie ihr persönliches Risiko durch Kontaktbeschränkung senken können.


    Das wäre also der richtige Moment, um die nutzbare Kapazität zu begrenzen, damit die Arbeiter im Krankenversorgungssystem die Perspektive haben, dass die maximal mögliche Belastung nicht ausgereizt werden wird. Begrenzen nur für CoViD-19-Behandlungen oder allgemein, ist dann vielleicht noch die interessante Frage.

  • https://twitter.com/c_drosten/status/1456519388316700677



    Welche Wahl? Wir haben uns doch längst entschieden, den Tod der Ungeimpften in Kauf zu nehmen. Ich glaube, die Leute machen sich da was vor. Die Impfung für die Kinder dauert noch und viele Eltern werden ihre Kinder sowieso nicht impfen lassen. Wenn man bei den Erwachsenen noch auf 85% kommen will, braucht man nochmal 5 (x2) Millionen Impfungen. Mit verringter Zahl von Impfzentren neben Auffrischimpfungen und Grippeimpfungen durchaus schon eine Herausforderung. Aber um Anreize zur Erhöhung der Impfrate zu schaffen oder sogar eine Pflicht zur Impfung einzuführen, braucht es erstmal eine entsprechende politische Debatte, die durch die laufende Regierungsbildung gerade schwierig ist. Vielleicht ist das schon zu optimistisch, aber bis da was Wirksames rumkommt, sind wir doch längst am Jahresende. Und selbst, wenn man die ersten 5 Millionen Impfungen im Januar macht, braucht es dann nochmal 5 Millionen Impfungen für den vollen Schutz im Februar.

  • Sind nur einzelne Erfahrungsberichte aus der Kommentarspalte von Zeit Online, dementsprechend mit Vorsicht zu genießen, aber nun gut:


    »Ich hatte vor einer Woche ne rote Meldung in der Corona-Warn-App und hab mich beim Gesundheitsamt gemeldet.
    Die meinten, ohne Symptome müsste ich den PCR Test selbst bezahlen.
    Was soll das?«


    »Kenne auch so einen Fall in meinem Dunstkreis

    Geimpft, mit (leichten) Symptomen und ein positiver Selbsttest im Gepäck

    Zitat Gesundheitsamt "Geimpfte bekommen keine Tests"«

    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

  • Der zweite Fall entspricht wohl nicht der Nationalen Teststrategie:


    https://www.bundesgesundheitsm…e/faq-covid-19-tests.html


    Zitat

    Welche Personen erhalten in jedem Fall einen kostenlosen PCR-Test?


    Fällt ein Schnelltest positiv aus, kann die getestete Person einen kostenlosen PCR-Test zur Bestätigung des Schnelltestergebnisses machen. Das gilt auch nach einem positiven Selbsttest. Von dieser Möglichkeit sollte unbedingt Gebrauch gemacht werden. Vorsichtshalber sollte man sich zu Hause in Isolierung begeben, bis das Ergebnis vorliegt.


    Der erste Fall schon eher:


    Zitat

    Welche Personen können grundsätzlich auch einen kostenlosen PCR-Test erhalten?


    Darüber hinaus haben folgende asymptomatische Personen nach der Coronavirus-Testverordnung grundsätzlich Anspruch auf eine kostenlose Testung. Diese Testung kann auch durch eine Diagnostik mittels Nukleinsäurenachweis des Coronavirus SARS-CoV-2, also zum Beispiel eine PCR-Testung, erfolgen. Ein strikter Anspruch auf eine PCR-Testung besteht jedoch nicht, da auch eine Diagnostik durch Antigen-Tests möglich ist.

    • Kontaktpersonen von Menschen, bei denen durch einen Arzt oder den öffentlichen Gesundheitsdienst eine Infektion mit SARS-CoV-2 festgestellt wurde. Kontaktpersonen sind zum Beispiel Mitglieder desselben Haushalts, Personen mit engem räumlichen Kontakt zu einer infizierten Person oder Personen, die über die Corona-Warn-App eine Warnung mit der Statusanzeige „erhöhtes Risiko“ erhalten haben.


    Aber da wird jetzt viel runterfallen. Wir haben zuletzt immer über die Arbeiter in der Krankenversorgung gesprochen, aber die Leute beim Gesundheitsdienst sind auch fertig. Und mit den hohen Inzidenzen, die wir gerade haben und die zweifellos andauern werden, kann man da keine gute Abdeckung mehr erwarten.

  • In meiner Familie sind Leistungssportler, da will jetzt ein kerngesunder junger Hippstermann in "Kur", weil er nach einer Corona-Infektion (ohne Krankheitssymptome) denkt nur noch 95% seiner vorherigen Kraft zu haben ... Horst Seehofer Mode: "Kerngesunde! ... Gesunde!".


    Also kerngesunde Hippster demnächst millionenfach in Kururlaub aufgrund von unkonkreten Gefühlen? Da können wir das Gesundheitssystem gleich irgendwo in einem alten Tagebau vergraben : )




    Das ist ein Erschöpfungszustand!


  • Ganz ehrlich, wir können froh sein, dass das Berufsfeld sowas wie das Helfersyndrom ausbeuten kann. Hier sind ein paar Ausschnitte aus einem Artikel zu den gegenwärtigen Umständen:


    https://twitter.com/f_karig/status/1456592574219755522


    Zum Beispiel:


    FDbbT31WEAMVU_7?format=png&name=large



    Wer tut sich sowas an?


    Ganzer Artikel - gibt es aber nicht gratis:


    https://www.sueddeutsche.de/le…ik-erschoepfung-1.5455802

  • Nur mal so für den Vollpfosten hier und als Allgemeininfo für das verehrte Publikum:


    Es gibt Intensivstation wo probiert wird mit möglichst wenig Sedierung zu fahren. Das gilt auch für beatmete Patienten. Und ja, die sind demnach wach, kriegen alles mit und ja, die sind stellenweise deutlich schwieriger in der Pflege als praktisch leblos vollkommen zugedröhnte Patienten.

  • https://de.m.wikipedia.org/wiki/Beatmung


    Vielleicht hilft der Artikel. Ich war ja auch mal in der Pflege tätig Süßer. Kranke Menschen entwickeln mitunter enorme Kräfte, je nach dem in was für eine Situation man sie bringt. Ich hoffe ja echt immer noch für dich, dass du nicht in diese Situation kommst, denn der Film, den du dir da fahren würdest, auf den kämest du mir deinem mentalen Zustand nicht klar. Und von hier an Löschzug.

  • Das Essen im Krankenhaus schmeckt in aller Regel nicht, Fakt. Dass die Ärzte und Pfleger das nicht zubereiten und da wenig ausrichten können, sollte jedem klar sein. Eine Fußreflexmassage auf einer ITS zu verlangen, ist ja schon fast Satire.


    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man nicht alles glauben sollte, was in der Zeitung steht.

  • Nun, ich denke viele der Querdenker kann man als "charakterlich schwierige[] Menschen" beschreiben und wenn sie in diesem Fall auch noch eine mehr oder weniger tief verankerte Alternativsicht auf den Gegenstand der Behandlung haben, fällt es mir nicht schwer zu glauben, dass sie als Patienten sehr anstrengend und herausfordernd sind.

  • Die Grenze bei der vollständigen Impfung zwischen den Ländern, wo die Inzidenz im Moment eher stabil ist oder moderat ansteigt und dort wo sie deutlich nach oben geht, scheint eine Impfquote von 2/3 zu sein. Von den deutlich darunter liegenden Ländern, haben Brandenburg und Sachsen-Anhalt bisher nur moderaten Anstieg. Liegt vermutlich vorallem an der Bevölkerungsdichte. Brandenburger Fälle werden vielleicht teilweise in Berlin registriert oder umgekehrt Brandenburger Geimpfte wurden vielleicht in Berlin gezählt, denn die liegen wiederum ein bisschen hoch.


    Die Grenzgebiete sind nehme ich an ein Grund, warum es in Bayern so abgeht, wenn man sich die Verteilung anschaut:


    https://www.rki.de/DE/Content/…df?__blob=publicationFile




    Gibt bestimmt eine Impfquotenkarte auf Landkreisebene, müsste man mal schauen, vielleicht gibt es in Südbayern auch einfach eine niedrigere Impfquote.


    Ich denke, die Bundesländer über 2/3 haben ganz gute Chancen, richtig starke Anstiege zu vermeiden, aber die Grundlast wird anhaltend sein. Ich glaube auch nicht, dass man die Restdurchseuchung dort mit diesem Winter abschließen wird, aber wir brauchen natürlich nur ein ausreichend bremsendes Niveau.


    Gehen wir von 67% Impfquote für vollständige Impfung aus. Mit der Abschätzung von 15% Durchseuchung, wobei ich mal die Hälfte davon unter den Ungeimpften verorten würde - möglicherweise zu viel, aber man hat ja auch noch ein, zwei Prozent Erstgeimpfte - wäre man bei rund 75% der Bevölkerung mit vorheriger Immunisierung, was auch immer die im Einzelfall an Schutzniveau bedeutet. Bis zur angenommenen Herdenimmunitätsschwelle wären es dann noch 10%. Man müsste also auf eine kumulative Inzidenz von 10 K (pro 100 K EW) kommen. Bei einer realen 7-Tage-Inzidenz von 100 unter den Ungeimpften bräuchte man 100 Wochen, also fast zwei Jahre, um auf den Wert zu kommen.


    Gleichzeitig kann man sich überlegen, wieviel die Bundesländer mit niedriger Impfquote gerade gutmachen. Wenn Sachsen oder Thüringen auf einer 7-Tage-Inzidenz von 400 in den acht Wochen bis Ende des Jahres bleiben, können sie 3% der Bevölkerung infizieren, mit einer Unterschätzung der Fälle, die bei hoher Inzidenz sicherlich vorhanden sein wird und gegenwirkend eine Verteilung auf Geimpfte und Ungeimpfte, sind das dann vielleicht tatsächlich 3% der Ungeimpften. Damit würden sie nach gemeldeter Impfquote noch nicht mal auf die 2/3 kommen, die die Mehrzahl der Bundesländer erreicht oder beinahe erreicht hat.

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