Diskussionen zu Interessanten News, Sendungen, Links und sonstigen Aufregern des Tages

  • Erinnert sich eigenltich noch einer an das "Planspiel Börse" Projekt auf der Schule? Ich weiß ja nicht wie der Altersdurchschnitt hier so ist, aber zurückblickend war das ziemlich schräg :/

    Das ist einfach nur ein Testdepot als Werbung. Krass, jetzt wo du es sagst, ich erinnere mich. Das gibt es immer noch. Vor allem lernt man dabei eben nicht, wie Börse funktioniert, sondern schwimmt nur zufällig kurz mit dem Markt mit. Das mit der Nachhaltigkeit wirkt auf mich auch wenig überzeugend.

  • Achtung. Das Identitärium schlägt zurück.



    Das hör ich heute zum einschlafen.

    In der ersten Hälfte beschreibt Frau Passmann eigentlich sehr gut und durchaus kritisch, was ich immer meine, wenn ich vom "(links-)liberalen Bildungsbürgertum" herum polemisiere und mich über meine Nachbarn im (nahezu) durchgentrifizierten Berliner Altbau-Szenekiez beschwere, wenn sie mit dem E-SUV vor der Bio-Supermaktkette im Halteverbot parken, um vergammeltes Gemüse zu überteuerten Preisen zu kaufen und sich dabei als besonders verantwortungsvolle und ethische KonsumentInnen vorkommen, und was Passmann - offenbar ein bisschen auf ihren eigenen bessergebildeten Freundes- und Bekanntenkreis horizontverengt - etwas sehr pauschal als "Mittelschicht" bezeichnet.


    Ihre Interpretation von kritischer Betrachtung der eigenen Identität nicht nur als Bewusstwerdung des eigenen Daseins als Individuum, welches "am Ende des Tages nur mich selber" habe - was für Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit einer im weitesten Sinne künstlerischen Entäußerung ihres eigenen Innenlebens verdienen, natürlich auch irgendwie zum Handwerkszeug gehört - , sondern auch ihre beschreibung dieser Selbstfindung als "ganz schöne Leistung", sowie die Empfehlung der (Psycho-)Therapie als probates Mittel zu dieser Selbsterkenntnis (und z.B. nicht als letzte Hilfe für ein Scheitern des Selbst an seinen eigenen Ansprüchen), ist allerdings auch wieder bezeichnend dafür, was ein von neoliberaler Ideologie induzierter Selbstoptimierungswahn selbst in den Köpfen solcher Menschen anrichten kann, die sich ansonsten durchaus kritisch mit dem herrschenden bürgerlichen Zeitgeist befassen.

    Im weiteren Verlauf macht sie es dann eigentlich noch schlimmer, indem sie den moralischen Anspruch des Individuums an sich selbst - und z.B. an seinen "ethischen" Konsum - quasi als Gegenposition zu einer - gleichfalls moralischen - Forderung nach kollektiver Veränderung der Gesellschaft und natürlich zur radikalen Kapitalismuskritik aufstellt.


    Sie beschreibt damit natürlich auch genau einen springenden Punkt, der so manchen "Altlinken" immer wieder sauer aufstösst, wenn sie den Eindruck haben, dass sich der öffentlich wirksame Teil der politischen Linken, mehr mit indivduellen Identitätsfindungs-, Anerkennungs- und moralischen Optimierungsprozessen befasst, als mit dem kapitalistischen Produktions- und Verwertungsprozess, der überhaupt erst die gesellschaftlichen Verhältnisse dafür schafft, dass sich die arbeitende (und publizierende) Bevölkerung lieber darum kümmert, ihre individuellen Ärsche an die Wand zu bekommen und dafür Schutz und Anerkennung zu fordern, als sich solidarisch mit anderen Individuen zu vernetzen um diese Verhältnisse so zu ändern, dass Freiheit von Unterdrückung und/oder Ausbeutung eben kein Privileg einer bestimmten Identität mehr ist, sondern für alle Menschen gleichermaßen gilt.


    Das gesellschaftliche Sein bestimmt leider auch hier wieder das individuelle Bewusstsein. Und als Folge dieser Zentrierung auf sich selbst, entsteht dann auch - jedenfalls meiner küchenpsychologischen Ansicht nach - gleichsam die Übersteigerung von identitätspolitik als Ausdruck eines individuellen Freiheitsanspruches nicht nur gegen den Staat und seine Institutionen - wo er ja absolut berechtigt ist - sondern auch gegen den Teil der Zivilgesellschaft, dessen eigene gefühlte Identitäten man als (links)liberale Bildungsbürgerin dann halt doch irgendwie nach wie vor dem latent bis offen rassistischen, sexistischen, homo- und transphoben Patriarchat der "alten weißen Männer" unterworfen sehen muss, um seinen eigenen gelebten "Liberalismus" dagegen abgrenzen zu können.

  • Ich fand's ganz aufschlussreich. Bin tatsächlich nicht eingeschlafen, sondern hab's bis zum Schluß gehört.


    Die Passmann ist ja, im deutschsprachigen Raum, eine der prominentesten VertreterInnen der sogenannten Identitätspolitik. Und sie erfüllt sozusagen jedes Klischee. Jung, Frau, feministisch, SPD Parteibuch, akademisch, im Kulturbereich beschäftigt, Twitter Fame.


    und dennoch erlebe ich sie nicht als eine völlig auf ihre eigene Minderheit fixierte, monothematische und andere ausschließende Person.


    ich erkenne da auch fruchtbare ansätze von verbindender Klassenpolitik, wo sie anerkennt, dass ein studienabschluss und die damit einhergehende bildung heute nicht mehr automatisch zur mitgliedschaft in der mittelschicht führt.

    diese haushalte sind heute mitunter wesentlich prekärer als der vermeintliche malocherhaushalt mit zwei IG BCE einkommen. dann zieht auch das schöne, weil so gut vor dem inneren auge visualisierbare, argument mit dem suv vorm bioladen nicht mehr.

    der ig bce haushalt ist in seinem konsumverhalten keinen deut besser als ein finanziell vergleichbar ausgestatteter akademikerhaushalt.




    und diese menschen mit hohem bildungsgrad und hoher Lohnabhängigkeit, die einen nicht unwesentlichen teil des elektorats ausmachen, müssen nunmal auch angesprochen werden.

    man darf nicht davon ausgehen, dass die aus lauter selbstreflektiertheit von alleine das kreuz an der richtigen stellle machen.


    ihr kleines Plädoyer für die Psychotherapie würde ich da gar nicht im sinne der selbstoptimierung im neoliberalen sinne überbewerten. erstens möchte ich ihr nicht absprechen, dass sie einen ernsten grund für die teilnahme hatte und zweitens hat sie nicht behauptet, dass sie ihre selbsterkenntnis beim yoga mit anschließendem systemischen coaching gewonnen hat.

    außerdem taugt populärwissenschaftliche psychoanalytische literatur wie Fromms haben oder sein allemal zur bewusstseinsbildung.


    ich möchte auch einer 27jährigen gar nicht vorwerfen, dass sie sich nicht völlig von verhaltensweisen und hart antrainierten ideologischen fetzen freimachen kann. vielleicht kann schon ich mit gerade mal einem dutzend Jahren mehr, also theoretisch noch zur selben millenial generation gezählter, nicht mehr nachvollziehen, was es mit jugendlichen macht, wenn sie schon mit dreizehn jahren unter dem einfluss von social media aufwachsen.

    vor allem möchte ich einer 27jährigen auch nicht vorwerfen, dass sie ihre politische bewusstseinsentwicklung zuallererst anhand von themen entwickelt, die ihr persönlich nahe sind.

    man muss sich einfach mal fragen, was man selbst mit mitte zwanzig so gemacht hat und was man noch für interessen, träume und wünsche hatte und das dann mal auf Kompatibilität mit den eigenen politischen vorstellungen im jahr 2021 abklopfen.



    Aber am Ende frage ich mich ernsthaft nochmal: DAS soll jetzt der grund sein, wegen dem linke politik sich nicht durchsetzen kann? über sowas ärgert sich fabio so sehr, dass er lieber die Politik verlässt?

    Darüber muss man ein buch schreiben, mit dem man die halbe partei vor den Kopf stößt?

    ist nicht eigentlich das, was fabio und sahra zeigen, genau die form von ausschließender politik, die sie anderen vorwerfen? nämlich der ansatz, wenn du nicht 100% hinter meinen themen stehst, kann ich nicht mit dir zusammenarbeiten.




    edit


    ob Konsum nun aus überzeugung oder darstellerei besonders nachhaltig und bewusst ist, korreliert dabei sicher mit dem bildungsgrad, aber das ist keine Voraussetzung für bewussten konsum. Sicher bin ich mir aber, dass der bewusste konsum von einigen nur fur diejenigen ein problem darstellt, die sich bewusst(!) gegen einen nachhaltigen konsum entschieden haben. man lässt sich halt nicht gerne seine unzulänglichkeiten aufzeigen. wer sich allerdings noch nie über seinem eigenen konsum Gedanken gemacht hat, der stört sich auch nicht am konsum anderer.


    so stören sich an gendergerechter sprache nur diejenigen, die sich bewusst dagegen entscheiden. allen anderen ist das egal.


    und an der individuellen moral einzelner stören sich diejenigen, die es sich einfach machen und unter verweis auf die umstände diese lästige moral für sich selbst ablehnen. da bin ich allerdings ganz bei sophie passmann.

    ohne sich selbst hohen moralischen ansprüchen zu unterwerfen kann ich mir einen einsatz für eine gerechte gesellschaft ehrlich gesagt gar nicht vorstellen.

  • und an der individuellen moral einzelner stören sich diejenigen, die es sich einfach machen und unter verweis auf die umstände diese lästige moral für sich selbst ablehnen. da bin ich allerdings ganz bei sophie passmann.

    ohne sich selbst hohen moralischen ansprüchen zu unterwerfen kann ich mir einen einsatz für eine gerechte gesellschaft ehrlich gesagt gar nicht vorstellen.

    Das Problem, das ich mit ihren Aussagen hatte war da allerdings auch eher darauf bezogen, dass sie aus dem Einsatz für eine sozialere Gesellschaft einen Gegensatz zum Ansatz des individuell moralischen Verhaltens gemacht hat - so wie Du es hier ja auch ein bisschen tust, und daraus den Vorwurf ableitest, man wolle sich damit um eine Beschäftigung mit dem eigenen Verhalten drücken.


    Es ist ja überhaupt nicht falsch, nicht den billigsten Scheiss zu kaufen, sofern man es sich leisten kann, darauf zu achten wo die Ware herkommt und wie sie produziert wurde. Aber das alleine reicht halt leider nicht - vor allem wenn es nur das informierte Bildungsbürgertum tut, und allen die es nicht tun daraus dann einen moralischen Vorwurf macht.

    Und wenn man das eine - also die Kapitalismus- und Gesellschaftskritik - gegen das andere - die Beschäftigung mit der eigenen moralischen Identität - ausspielt, dann hat man zwar vielleicht sich selbst und seiner Peer-Group ein einigendes Identifikationsmerkmal gegeben, aber Leute die nicht bereits die selben, oder zumindest ähnliche moralische Überzeugungen haben, wird man damit nicht eines besseren überzeugen können. Im gegenteil. Man schreckt sie dadurch ab, dass man sie erstmal als unmoralisch einstuft und ihnen damit eigentlich die Diskursfähigkeit abspricht.


    (Jetzt kommt sicher gleich der Vorwurf, dass ich das hier ja auch ständig täte. Aber ein Forum ist halt kein Wahlkampfstand, und ein schriftlicher Beitrag ist keine politische Rede und auch kein öffentlich-rechtliches Fernsehinterview.)


    Das mit den "E-SUVs" war natürlich eine Übertreibung. Macht Passman laut eigener Aussage in ihrem neuen Buch ja auch. Aber ich finde es schon interessant, dass Du auf die bildungsbürgerlich-liberalen Schichten als Zielgruppe für deine Partei solchen Wert legst - obwohl die ja eigentlich bei den Grünen bestens aufgehoben sind und sich für Linke Ideen halt leider oft (natürlich nicht immer!) nur dann begeistern können, wenn sie daraus ein "Statement" ihrer Aufgeklärtheit gegen den weniger gebildeten Teil der Gesellschaft machen und sich das dann auf social media an die Brust heften können.


    Und die Anzahl der mittlerweile relativ gut verdienenden (sofern sie nicht als LeiharbeiterInnen beschäftigt sind) "Malocher" mit IG BCE- oder IG-Metall- Tarifvertrag ist ja nun seit Jahren rückläufig und wird durch die Automatisierung sicher nicht mehr anwachsen. Das neue "Proletariat" ist heute natürlich im Dienstleistungssektor unterwegs, und bringt den AkademikerInnen die Bestellware an die Wohnungstür.

  • Man schreckt sie dadurch ab, dass man sie erstmal als unmoralisch einstuft und ihnen damit eigentlich die Diskursfähigkeit abspricht.

    der Punkt den ich eigentlich machen möchte ist


    ich glaube nicht, das zb eine Sophie Passmann irgendjemanden als unmoralisch abstempelt, weil derjenige es sich nicht leisten kann im bio supermarkt einkaufen zu gehen.


    ich glaube aber das einige wenige sich ganz bewusst und wider besseren wissens umoralisch verhalten und deswegen von anfang an eine verteidigungshaltung gegen die vermeintlichen moralisten einnehmen.


    und weil schlechte menschen vor allem kolumnen für faz, cicero und welt schreiben, wundert es mich nicht, dass vor allem dort an der geschichte von der Identitätspolitik geschrieben wird und die linke kritik daran vor allem dort begeistert aufgenommen wird. von der bürgerlichen presse wird den leuten eingeredet, man würde sie moralisch verurteilen.


    in der bürgerlichen presse hat man aber kein interesse an Solidarität zwischen den lohnabhängig beschäftigten aller milleus. deswegen wird dort jedes thema dankbar aufgegriffen, das sich als spaltpilz eignet.


    und der begriff der Identitätspolitik ist in meinen augen genau so ein spaltpilz, der unfrieden stiften soll, wo einheit notwendig wäre.

    Aber ich finde es schon interessant, dass Du auf die bildungsbürgerlich-liberalen Schichten als Zielgruppe für deine Partei solchen Wert legst -

    ich lege wert auf die lohnabhängig beschäftigten, die sich für solidarische politik begeistern können, ganz unabhängig von liberalität und bildungsstand.

  • Das neue "Proletariat" ist heute natürlich im Dienstleistungssektor unterwegs, und bringt den AkademikerInnen die Bestellware an die Wohnungstür

    Nur den AkademikerInnen mit gut bezahlten Arbeitsstellen! Im Reihenhaus nebenan klingelt der Paketbote aber auch bei Manni, der von seiner IG Metall 28 Stunden Woche schon zurück ist und sich auf den neuen Rasenmähroboter freut.


    Letztlich können allerdings sowohl Manni als auch sein akademischer Nachbar trotz toller Einkommen lohnabhängig bleiben, wenn kein dickes Erbe in Aussicht steht.

    Solange sich beide also für mehr Solidarität mit ihrem Pakete austragendem Mitmenschen begeistern können, bemühe ich mich gerne um ihre stimmen.

  • Man fixt Kinder an ....

    In NRW gibts jetzt gleich ein ganzes Schulfach Wirtschaft. Danke Laschet.


    Zitat

    Schulfach Wirtschaft

    Junge Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben und einen erfolgreichen Berufseinstieg in einer globalisierten Welt vorbereiten – das ist eine zentrale Aufgabe von Schule in Nordrhein-Westfalen. Die Schülerinnen und Schüler sollen befähigt werden, die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in unserer Gesellschaft verantwortungsvoll mitzugestalten. Vor diesem Hintergrund begreift die Landesregierung ökonomische Bildung als einen unverzichtbaren Bestandteil der Allgemeinbildung. Denn Wirtschaft bildet nicht nur das Fundament unseres gesellschaftlichen Wohlstands, sie ist auch ständiger Begleiter im Alltag. Ein solides Grundwissen darüber, wie unser Wirtschaftssystem funktioniert, oder Kenntnisse über Rechte und Pflichten als Verbraucher sind Alltagskompetenzen. Mit dem an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulformen neu zu etablierenden Schulfach Wirtschaft will die Landesregierung die Vermittlung solcher Kompetenzen und ökonomischer Zusammenhänge an Schulen in Nordrhein-Westfalen deutlich stärken.

    Ab dem Schuljahr 2020/21 wird Wirtschaft als neues Pflichtfach in der Sekundarstufe I an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen eingeführt.

  • In NRW gibts jetzt gleich ein ganzes Schulfach Wirtschaft. Danke Laschet.


    Ich bin da auch gespaltener Meinung, es macht ja prinzipiell Sinn Kinder mit Konten/Sparbücher(lol) vertraut zu machen, ist ja nicht ganz verkehrt ab einem gewissen Alter. Das man ihnen erklärt was Verträge und Kleingedrucktes ist scheint mir auch sinnvoll, angesichts der Verschuldung bei vielen Jugendlichen/Berufseinsteigern ... aber Börsenzockerei (da ging es ja nicht um langfristige Anlagen, es ging um kurzfristigen Gewinn).


    Meiner Meinung nach hätte man im Ersten vor der Tagessschau gar nicht mit Börsennachrichten anfangen müssen (gibts die noch?), die meisten Zuschauer haben damit nichts zu tun und interessieren sich kaum dafür.


    Bei uns hieß das glaube ich Wirtschaft und Soziales. Ich habe eben gesehen heute heißt es: "Wahlpflichtfach Ernährung, Wirtschaft und Soziales" : )

  • Bei uns in Hessen ein Pflichtfach "Politik und Wirtschaft"

    Wenn ich meine Thesen zum besten gab,rang die Guteste,die mich unterrichten musste, oft ihre Hände und sagte "aber Anja,so dürfen sie nicht denken"


    (Das erste mal, weiß ich noch- weil ich ihr erklärt hab, jeder Mensch hat nur ein Leben, also ist jede Lebenszeit gleich wertvoll, also darf das Verkaufen der Lebenszeit in Arbeit nicht so derart unterschiedlich bezahlt werden 😁)

  • Mehr Wirtschaftliches Grundwissen - vor allem über volkswirtschaftliche Zusammenhänge - in der Schule zu vermitteln wäre ja an sich nicht so verkehrt.


    Aber ich bin mir leider ziemlich sicher, dass Lehrpläne und Unterichtsmaterial mit eilfertiger Unterstützung von Bertelsmann, INSM & Co. erstellt werden, und dass da ganz bestimmt keine kritische Analyse des Kapitalismus Teil des Curriculums sein wiird.

  • und der begriff der Identitätspolitik ist in meinen augen genau so ein spaltpilz, der unfrieden stiften soll, wo einheit notwendig wäre.

    Das stimmt natürlich.


    Aber der Spaltpilz wird halt leider von Teilen beider Seiten voran getrieben.


    Ich hab' ja schon geschrieben, dass ich Identitätspolitik nicht für grundsätzlich falsch halte.

    Auch de Masi hat das in dem Interview gesagt, das Du neulich verlinkt hast.


    Es scheint da aber leider sehr große Unterschiede zu geben, zwischen der selbstwahrnehmung in der Partei und dem, was davon dann in der Öffentlichkeit ankommt. Und da muss man leider auch feststellen, dass viele Linke - besonders die lautstarke twitteria - nur zu gerne über jedes Stöckchen springt, das ihnen von rechts hingehalten wird.

  • Ich bin da auch gespaltener Meinung, es macht ja prinzipiell Sinn Kinder mit Konten/Sparbücher(lol) vertraut zu machen, ist ja nicht ganz verkehrt ab einem gewissen Alter. Das man ihnen erklärt was Verträge und Kleingedrucktes ist scheint mir auch sinnvoll, angesichts der Verschuldung bei vielen Jugendlichen/Berufseinsteigern ... aber Börsenzockerei (da ging es ja nicht um langfristige Anlagen, es ging um kurzfristigen Gewinn).

    Genau darauf wollte ich gestern hinaus, als ich vom "Planspiel Börse" schrieb.

    Das anfixen, wie Du richtig meintest, aber auch den Eindruck zu vermitteln, dass es ganz normal wäre, an der Börse zu handeln, schreckt mich rückwirkend sehr ab.

    Ist so ein bisschen wie mit dem rauchen. Das machen erwachsene, also muss es "cool" sein.


  • P.S. Lest sein neues Buch!

    Will gar nicht sagen, dass Lüders das mit Absicht macht, hab das jetzt aber mehrfach in Diskussionen über Identititätspolitik gelesen. Oft wird nahe gelegt, linke Identitätspolitik und rechte Identitätspolitik seinen das gleiche.

    Rechte Identitätspolitik ist aber rassistisch motiviert. Es geht dabei um die Hegemonie einer ethnischen Mehrheit. Deswegen war Trump so beliebt bei den Neonazis von der altright und deswegen ist die IB so eng mit der AFD verbandelt.

    Bei dem was als linke Identitätspolitik verstanden wird geht es um die Wahrnehmung von Minderheiten in der öffentlichen Debatte und um Minderheitenrechte.


    Der Unterschied ist wichtig. Deswegen ist es eigentlich schade, dass der Begriff so unglücklich aus dem englischen Übernommen wurde.


    Edit2: Okay. Am Ende wird leider klar, dass er den Unterschied nicht sehen will.




    Edit: Lustig finde ich seinen Versuch die gegenderten Worte zu sprechen, weil man keinen Unterschied zu seinem immer sehr abgehackten Sprachstil hört ^^

  • Wobei ich breit wäre da gewisse Zusammenhänge anzuerkennen ... wie bei den Raketenangriffen auf US-Basen im Irak, da starb letztens ein GI im Bunker an einem Herzinfarkt, Pentagon besteht auf keinen Zusammenhang mit dem Angriff - kann man so sehen, muss man nicht : )

    Kann schon sein, dass er keinen Schlaganfall bekommen hätte, wenn da nicht ein Haufen Irrer das Kapitol "gestürmt" hätte.


    Der entscheidende Punkt ist aber, dass er nicht, wie wochenlang in den US-Medien behauptet, von den Irren in blinder Wut mit einem Feuerlöscher totgeschlagen wurde.


    Der einzige der das von Anfang an öffentlich und lautstark angezweifelt hat, weil es dazu keinerlei Beweise gab, war Glenn Greenwald. Und dafür hat ihn der "liberale" twitter-mob dann zum Trumpisten und Faschismus-Apologeten erklärt, während Präsident #NotTrump den armen officer Sicknick mit feierlichem Staatsbegräbnis zum Nationalhelden hochfeiern ließ, der sein Leben für die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gegeben habe.


  • Obwohl die fragen manchmal mindestens sonderbar sind..

    Das hatte ich mir neulich auch nochmal angesehen.


    Ich finde, sie macht da eigentlich ziemlich klar, dass sie nicht die Absicht hat, eine "Querfront" mit den Rechten aufzustellen.


    Blöd ist allerdings, dass sie als ehemalige Vorsitzene der kommunistichen Plattform heute offenbar unter "Kapitalismus" nur noch Konzern- und Finanzmarktkapitalismus versteht - also in dieser Frage durchaus ganz ähnlich argumentiert, wie (rechts)libertäre Marktradikale und Anarchokapitalisten, die immer behaupten, wir hätten gar keinen echten Kapitalismus, weil kein allumfassender freier Wettbewerb herrsche - , und da ein bisschen sehr darauf abstellt, dass fleissige Unternehmer im Gegensatz dazu ja eine "Leistung" erbrächten.


    Kann ja sein, dass der Oskar und die Sahra privat mit UnternehmerInnen in den Wanderurlaub fahren, die nett zu ihren Angestellten sind und es sich leisten können, sie nicht komplett auszubeuten, aber da muss man die Kapitalismuskritikerin dann schon fragen, ob Unternehmen, die in Deutschland auch schon mal mehrere tausend abhängig Beschäftigte haben können und trotzdem noch als "mittelständisch" durchgehen, ihren Gewinn tatsächlich nur aufgrund der Leistung ihrer UnternehmensfürstInnen erwirtschaften, oder ob die paar tausend Leute die bei ihnen angestellt sind nicht auch einen wesentlichen Anteil an der wachsenden privaten Wertschöpfung haben, der ihnen dann jedoch nicht in Form von steigenden Löhnen ausgezahlt wird, sondern der direkt ins Betriebs- und damit häufig ins Privatvermögen der BetriebseigentümerInnen übergeht.


    Außerdem findet sie, dass ohne marktwirtschaftlichen Wettbewerb kein Fortschritt und kein Wachstum stattfinden könne, und dass man denselben daher auch weiter betreiben solle.

    Was sie dabei leider ausblendet ist der Umstand, dass diese Konkurrenz zwar eigentlich nur unter Anbietern gleicher Waren besteht, die noch keine Konzerne sind und noch nicht die Märkte so dominieren können, dass damit der Wettbewerb weitgehend ausgeschaltet wird, dass diese "Kleinen und Mittelständischen Unternehmen" aber zum Einen häufig Zulieferer jener Konzerne, und somit indirekt sehr wohl von deren wettbewerbsfeindlicher Marktdominanz abhänig sind, und dass es andererseits ja gerade diese Konkurrenz - nicht nur um die Gunst von EndverbraucherInnen, sondern z.B. auch um lukrative Zulieferverträge - am Markt ist, die aufstrebende Unternehmen dazu zwingt, Lohnstückkosten zu senken, und sich am Finanzmarkt Geld für investitionen in die dazu nötige Produktivitästssteigerung zu besorgen.


    Jetzt kann man einwenden, das sie ja die Kapitalmärkte stark regulieren, Spekulation verbieten, und die Banken verstaatlichen würde, aber letztendlich wären die privaten Unternehmer und ihre Leistungsfähigkeit ja trotzdem weiter davon abhängig, dass Geldgeber von außerhalb des Unternehmens ihnen das unternehmerische Wachstum vorfinanzieren, und am Ende würden die verstaatlichten Banken dann auch nicht anders agieren, als es heute die Privaten tun und die LeistungsträgerInnen in der Unternehmensspitze wären auch weiterhin dazu genötigt, ihre Warenproduktion und -vermarktung primär darauf auszurichten, dass Investitionskredite beglichen werden können, und dabei trotzdem noch was übrig bleibt, was sie sich selbst als "Unternehmerlohn" auszahlen können, und somit den Druck der Gewinnerzielung an ihre abhängig Beschäftigten weiterzugeben.

    Damit hätte sich dann allerdings am eigentlichen Verhältnis zwischen Kapital und Lohnarbeit nichts Grundsätzliches geändert. Man hätte dann halt nur einen privat finanzierten - und von Staat subventionierten - gegen einen von der Finanzierung durch verstaatlichte Banken abhängigen Kapitalismus ausgetauscht und damit im Grunde nur eine weitere Variante des Staatskapitalismus eingeführt, ohne den Beschäftigten dabei demokratische Mitsprache darüber eizuräumen, was mit den Erträgen ihrer Arbeit geschieht. Und die Staatsführung, bzw. die ihr unterstellten Finanzierungsinstitute, wäre damit nicht bloß politische Vertretung diverser privater Kapitalinteressen, sondern sie würde selbst zum buchstäblichen "ideellen Gesamtkapitalisten" gemacht, der dann eben mit anderen Staatsführungen um die höchsten Anteile am globalen Wirtschaftswachstum konkurrieren müsste.


    Nun kann man durchaus sagen "besser als nix", vor allem wenn der Staat demokratisch legitimiert ist und keine Einparteienherrschaft wie die DDR oder China, aber eine philosophische Sternstunde ist das leider nicht unbedingt.

    Andererseits ist sie ja auch keine Philosophin sondern Politikerin und muss natürlich öffentlich Positionen vertreten, die der bürgerlichen Mitte nicht die nackte Verlustangst ins Gebein fahren lassen.


    P.s.: Bevor jetzt gleich wieder die Hämmer und Sicheln fliegen: Vermutlich wäre das was Wagenknecht da vorschlägt das einzige, was man heutzutage als linke Partei noch irgendwie als Vision eines demokratischen Sozialismus im Programm haben könnte, ohne damit komplett in der politischen Bedeutungslosigkeit zu versinken.

    Und wahrscheinlich wäre es auch der einzige friedliche(!) Weg, um den Druck aus dem völlig überhitzten Finanzkessel zu nehmen, und kapitalistische Volkswirtschaften überhaupt erstmal in die Lage zu bringen, sich vom privaten Investitionsmonopol der Finanzmärkte zu befreien, und von dort aus dann eine echte Transformation aus dem Kapitalismus und seinem klimazerstörerischen Wachstumszwang einzuleiten. Aber als visionäres Endziel wäre es einfach viel zu kurz innerhalb des herrschenden Denkhorizontes gedacht.

  • Blöd ist allerdings, dass sie als ehemalige Vorsitzene der kommunistichen Plattform heute offenbar unter "Kapitalismus" nur noch Konzern- und Finanzmarktkapitalismus versteht - also in dieser Frage durchaus ganz ähnlich argumentiert, wie (rechts)libertäre Marktradikale und Anarchokapitalisten, die immer behaupten, wir hätten gar keinen echten Kapitalismus, weil kein allumfassender freier Wettbewerb herrsche - , und da ein bisschen sehr darauf abstellt, dass fleissige Unternehmer im Gegensatz dazu ja eine "Leistung" erbrächten.

    Joar, obwohl die Libertären ja jegliche Verantwortung ihren Arbeitnehmern bzw der Gesellschaft gegenüber ablehnen.

    Wenn man es ganz streng betrachtet, agieren Großkonserne ja durchaus libertär. Steuern werden vermieden, Nachhaltigkeit ist auch nicht so ihr "Fachgebiet", was wiederum darin mündet, dass die Allgeimeinheit dafür aufkommen muss. Stichwort Infrastruktur, Umweltschäden usw.

    Ich denke nicht, das Sahra Wagenknecht tatsächlich so drauf ist.

    Du hast da allerdings durchaus einen Punkt, an dem man feststellen könnte, das ihr VWL Studium vielleicht doch nicht so Spurlos an ihr vorbei ging..


    Nun kann man durchaus sagen "besser als nix", vor allem wenn der Staat demokratisch legitimiert ist und keine Einparteienherrschaft wie die DDR oder China, aber eine philosophische Sternstunde ist das leider nicht unbedingt.

    Andererseits ist sie ja auch keine Philosophin sondern Politikerin und muss natürlich öffentlich Positionen vertreten, die der bürgerlichen Mitte nicht die nackte Verlustangst ins Gebein fahren lassen.

    Das es keine Sternstunde wurde, lag aber auch in nicht unerheblichem maße an der Moderatorin..

    Ansonsten stimme ich zu.

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