Mord an Samuel Paty: Versäumnis nichtrassistischer Islamismuskritik der Linken?

  • Die Religion die momentan tatsächlich die EU und die Gesellschaft allgemein zersetzt ist der Neoliberalismus. Politik und Wirtschaft sind unterwandert von den Anhängern dieser Religion. Dieser vermeintliche Kulturkampf gegen den Islam den sich die Rechte herbeifantasieren lenkt von den Machenschaften der Neoliberalen ab und schadet damit dem Land das die Rechten angeblich so sehr lieben und verteidigen wollen.

    Die Linken sind so sehr damit beschäftigt den Bullshit der Rechten abzuwehren und das bereits erkämpfte neu zu verteidigen, dass sie kaum noch dazu kommen sich für sozialen Fortschritt einzusetzen. Wir sollten dieses Spiel nicht mitspielen sondern uns auf das wesentliche konzentrieren.

  • Na, Du sagst, wir sind in einem Kulturkrieg und die Gründe dafür spielen jetzt auch keine Rolle mehr. Ich sagte in meinem Eingangskommentar, dass genau diese Denke – die dazu noch völlig falsch ist, denn wir sind in keinem Kulturkrieg – gefährlich ist und abgelehnt gehört, weil sie nur den Zweck hat, einen Konflikt weiter zu kultivieren, nicht jedoch zu lösen.


    Im Prinzip ist das auch meine Antwort, auf Deine andere Frage.

    Einen Konflikt siehst Du also, willst das aber nicht Kulturkampf nennen, na wegen mir.

    Das ist sicher nicht der Punkt, an dem ich argumentatorisch hänge.

    Was ich nicht erkennen kann, ist irgendein Ansatz, diesen Konflikt zu lösen.


    Ich sehe einen möglichen Ansatz (zumindest einen Schritt in Richtung einer Problemlösung zu gehen) darin, eine gemeinsame Stimme des französischen Volkes öffentlich zur Schau zu stellen. Die Gründe, warum das nicht stattfindet, sind sicher vielschichtig.


    Im Zuge der afd-Debatte wurde immer wieder im Podcast darüber geredet, wie die Repräsentanz der Kaputten absurd überproportional in den Medien stattfindet, selbiges passiert hier ebenso. Wie lange musste F4F demonstrieren, bis sich die Presse nicht mehr einer nicht auflagenfördernden Skandallosigkeit verschließen konnte? In den aktuellen Fällen in Frankreich, heute geht ja u. A. Nizza durch die Presse, sehe ich ein ähnliches Phänomen. Es ist der Medienpraxis geschuldet, dass etwas "Gutes" sehr viel mehr Aufwand erfordert, als etwas "Schlechtes", um gleiche Repräsentanz zu erlangen.


    Utan

    Das kannst Du alles gern so schreiben und ich würde Dir da auch nicht widersprechen, es geht an einer Problemlösungsorientierung allerdings völlig vorbei. Deshalb habe ich an anderer Stelle auch geschrieben, dass mir die Gründe erstmal egal sind. Die Gründe liegen zum Teil in jahrhundertelangem Gebahren Europas im Rest der Welt, zum Teil in verfehlter Stadtplanung, zum Teil in nichtexistenter oder fehlgeleiteter Integrationspolitik und in diversen anderen Feldern auch noch. Dabei handelt es sich aber um Gründe/Probleme, die über Jahrzehnte und mehr gewachsen und gediehen sind. Die aufzuarbeiten ist sicher notwendig, aktuell hilft das aber kein Stück weiter und die aktuelle Problematik radikalisiert sich - natürlich auch durch die Medien, aber die können wir ja auch nicht einfach abschaffen oder ihre Funktionslogik umkehren - ganz von alleine selbstwirksam weiter.

    Ja.

    Manche Dinge halte ich für derart aus sich heraus und an und für sich offensichtlich, dass sie keinerlei Erwähnung bedürfen. Dazu zähle ich die Ablehnung grundlosen Menschenhasses oder eben des Kopfabschneidens. Wem ich erklären muss, dass ich das blöd finde und warum, dem sag ich lieber "Wenn dir das nicht selbst klar ist kannst du mich gern haben."

    Du hältst Antifaschismus für lächerlich.

    Aha.

    Vielleicht solltest Du nicht einfach von Dir auf andere schließen. Dass Du grundlosen Menschenhass oder Kopfabschneiden blöd findest ist schön. Andere tun das offensichtlich nicht und in einer Gesellschaft kann man sich nunmal nicht aussuchen, mit wem man diese bildet. "Du kannst mich gern haben" ist da gesellschaftspolitisch schon ein sehr merkwürdiger Ansatz (den ich zwischenmenschlich natürlich vollkommen nachvollziehen kann).


    Durchaus eine schöne Vorstellung. Es wäre großartig, wenn das passieren würde.

    Meine frage wäre: Wie sicher kann man sich sein, dass das nicht bereits der Fall ist ?

    Man (ich nicht) könnte doch sicher mit Marx oder Chomsky argumentieren, dass gewisse Filtereffekte die Sichtbarkeit des Phänomens stark beeinträchtigen.

    Dazu kommt noch das es sich auch innerhalb der Gesellschaft um eine Minderheit handelt, [innerhalb der, mit Sicherheit ein hohes Maß an Heterogenität vorhanden ist, *(ich führe dieses Argument nicht weiter aus)*] sodass Aufgrundessen die Sichtbarkeit leidet ?(kann ich nicht belegen ist nur ein gefühl).

    Ich scheitere ein wenig daran, genau zu erkennen, worauf Du Dich beziehst. Was ist evtl. bereits der Fall?

    Der Vergleich mit Deutschlands Antifaschismus/ Antirassismus hinkt denke ich, diese Einstellungen sind zwar mehrheitsfähig und werden durch die Medien auch transportiert, jedoch ist diese Entwicklung eben durch die besonderen Umstände die in De nach WK2 vorlagen zu erklären. Was in dem Sinne hinreichend erklären könnte warum ein "Anti fundamentalismus" aus muslimischen Communities mMn sich eher nicht in kürze Entwickeln wird.

    Mit politischen Anstrengungen könnte sich ein solcher Grundkonsens definitiv langfristig gefördert werden oder wahrhaft aufblühen.

    Klar ist der Rahmen in Deutschland nochmal ein anderer, aber das (Wirk-)Prinzip ist doch trotzdem das Gleiche.

  • Einen Konflikt siehst Du also, willst das aber nicht Kulturkampf nennen, na wegen mir.

    Wäre ja auch a bissl deppert jeden Konflikt zu einem Kulturkrieg hochzujazzen, wa.


    Was ich nicht erkennen kann, ist irgendein Ansatz, diesen Konflikt zu lösen.

    Ist ja auch schwierig, wenn einem die Problemanalyse zu anstrengend ist.


    ch sehe einen möglichen Ansatz (zumindest einen Schritt in Richtung einer Problemlösung zu gehen) darin, eine gemeinsame Stimme des französischen Volkes öffentlich zur Schau zu stellen.

    Guter Ansatz. Dabei sollte man mMn aber eben auch das ganze Volk mitnehmen und nicht spalten. Ein Teil wird durch die Rhetorik eher weiter isoliert anstatt integriert. Das ist mein Kritikpunkt.

  • Wäre ja auch a bissl deppert jeden Konflikt zu einem Kulturkrieg hochzujazzen, wa.

    Wie man es nennt und wie man es empfindet, ist sicher auch für verschiedene Menschen nochmal unterschiedlich. Aber wie gesagt, man muss es nicht Kulturkrieg nennen, ein ernsthaftes Problem ist es, egal wie man es nennt. Oder würdest Du auch an der Stelle widersprechen?

    Ist ja auch schwierig, wenn einem die Problemanalyse zu anstrengend ist.

    Es ist auch schwierig, beim brennenden Haus erstmal nach den Brandursachen zu forschen. Eine Frage der Prioritäten, wie mir scheint.

    Zudem könntest Du Dir Deine Selbstgerechtigkeit gern auch sparen, ich habe an keiner Stelle geschrieben, dass mir die Problemanalyse zu anstrengend sei.

    Guter Ansatz. Dabei sollte man mMn aber eben auch das ganze Volk mitnehmen und nicht spalten. Ein Teil wird durch die Rhetorik eher weiter isoliert anstatt integriert. Das ist mein Kritikpunkt.

    Soetwas kann man aber nicht verordnen, sowas muss von unten kommen.

  • Wie man es nennt und wie man es empfindet, ist sicher auch für verschiedene Menschen nochmal unterschiedlich. Aber wie gesagt, man muss es nicht Kulturkrieg nennen, ein ernsthaftes Problem ist es, egal wie man es nennt. Oder würdest Du auch an der Stelle widersprechen?

    Wörter haben Bedeutungen. Das sollte man schon ernst nehmen, finde ich.


    s ist auch schwierig, beim brennenden Haus erstmal nach den Brandursachen zu forschen. Eine Frage der Prioritäten, wie mir scheint.

    Sicher, solange die Priorität nicht ist, Benzin als Löschmittel zu benutzen.


    Soetwas kann man aber nicht verordnen, sowas muss von unten kommen.

    Auch richtig. Bei einer Rede an Volk kommt der Impuls aber von oben und wirkt in eine bestimmte Richtung.

  • Wörter haben Bedeutungen. Das sollte man schon ernst nehmen, finde ich.

    Die Bedeutung von Wörtern ist ein gesellschaftlicher Prozess, sie sind keine physikalischen "Wahrheiten". Das sollte man auch ernst nehmen. Und Wörter haben immer auch einen Auslegungsspielraum, der eine sieht ein Fußballspiel, der andere eine Rasenschlacht, der nächste wieder Rasenschach.


    Sicher, solange die Priorität nicht ist, Benzin als Löschmittel zu benutzen.

    Wenn man damit kontrolliert eine Brandschneise einzieht, um den Rest der Stadt zu schützen vielleicht eben doch. Und was in diesem Konflikt als Benzin zu betrachten ist und was nicht, das ist wohl Auslegungssache.

    Auch richtig. Bei einer Rede an Volk kommt der Impuls aber von oben und wirkt in eine bestimmte Richtung.

    Ich habe glaube ich an keiner Stelle von einer Rede ans Volk gesprochen.

  • Utan

    Die Gründe liegen zum Teil in jahrhundertelangem Gebahren Europas im Rest der Welt, zum Teil in verfehlter Stadtplanung, zum Teil in nichtexistenter oder fehlgeleiteter Integrationspolitik und in diversen anderen Feldern auch noch. Dabei handelt es sich aber um Gründe/Probleme, die über Jahrzehnte und mehr gewachsen und gediehen sind. Die aufzuarbeiten ist sicher notwendig, aktuell hilft das aber kein Stück weiter

    Also das mit der Stadtplanung finde ich einen sehr triftigen, äußerst stichhaltigen Punkt, über den ich mir schon lange Gedanken mache.

    Das dt.Wort Bausünde ist dabei eines der treffendste Worte was die dt. Sprache zu bieten hat.


    In Montpellier hat man vor 30 Jahren oder so einen Stadtteil mit Sozialen Wohnungsbau errichtet (mit Hochhäusern mittlerer Höhe). Den Stadtteil nannte nannte man Antigone.


    Dies war ein geniales sozialistisches Projekt. Denn dieses Hochhäuser wurden im Stil der griechischen Antike gebaut. Also klassisch-zeitlos schöne Formen/Architektur.


    Du kannst dir nicht vorstellen, was für Häme, Niedertracht und links-intellektuelle Scheissargumente dem damaligen Bürgermeister der Stadt entgegenflogen.

    Auch deutsche Professoren und Architekten schmähten das Projekt.


    Grund: Die Architektur gefiel ihnen nicht. Sie war altbacken und "Nichts Neues".


    Aber der Bürgermeister behielt recht: die klassische Architektur wurde beherzt von den Bewohnern angenommen. In dem sozialen Brennpunkt am Rande der Stadt wurde nachweislich wesentlich weniger randaliert und zerstört als in allen anderen Projekten des Sozialen Wohnungsbaus im Land.


    Stadtplanung ist natürlich mehr als Architektur. Aber es gibt Architektur, die Vandalismus fördert.

    Mich wundert nur, dass man trotzdem so gebaut hat, wie in den 60ern und 70ern.

    Denn mMn war diese Architektur schon damals hässlich.

  • Die Bedeutung von Wörtern ist ein gesellschaftlicher Prozess, sie sind keine physikalischen "Wahrheiten". Das sollte man auch ernst nehmen. Und Wörter haben immer auch einen Auslegungsspielraum, der eine sieht ein Fußballspiel, der andere eine Rasenschlacht, der nächste wieder Rasenschach.

    das bringt so viele Probleme, welche wir Gesellschaftlich, mit Medien, Politisch einfach insgesamt haben wunderbar auf den Punkt....

    Worte haben keine festen Bedeutungen. Mehr? Das eröffnet(e) ungeahnte Möglichkeiten


    Ich habe glaube ich an keiner Stelle von einer Rede ans Volk gesprochen

    Worte...

  • ch habe glaube ich an keiner Stelle von einer Rede ans Volk gesprochen.

    Aber ich. Das war mein Einstieg. Und du hast dich ja auf meine Aussage bezogen.


    Bei den anderen Aussagen habe ich das Gefühl, du willst einfach nur irgendwas schreiben. Das ist ok, aber bringt uns nicht weiter.


    Ich teile deine Meinung jedenfalls nicht. Ein Problem löst sich nicht, wenn man oberflächlich an den Symptomen rumschraubt. In diesem Fall schadet es nichtmal mehr nur langfristig sondern schafft ganz kurzfristig neue Probleme, was wir bei der Wahl wohl bald schon sehen könnten.

  • das bringt so viele Probleme, welche wir Gesellschaftlich, mit Medien, Politisch einfach insgesamt haben wunderbar auf den Punkt....

    Worte haben keine festen Bedeutungen. Mehr? Das eröffnet(e) ungeahnte Möglichkeiten


    Worte...

    Worte wie auch Wörter hatten nie "feste" Bedeutungen, Sprache an sich ist ein gesellschaftliches Konstrukt und Wörter dessen Bausteine. Bei vielen Wörtern ist die Bedeutung relativ eindeutig, bei vielen allerdings auch nicht und da kommt es dann noch mehr auf den Kontext im weiten Sinne an, wie sie verstanden werden.

    Nimm als Beispiel mal das Wort konservativ, dann fragst Du vor Deinem geistigen Auge Maaßen, Seehofer und Merkel, was die so darunter verstehen.

    Aber ich. Das war mein Einstieg. Und du hast dich ja auf meine Aussage bezogen.


    Bei den anderen Aussagen habe ich das Gefühl, du willst einfach nur irgendwas schreiben. Das ist ok, aber bringt uns nicht weiter.

    Dein Einstieg war die "Emotionalisierung" der französischen Bevölkerung, die Du problematisch fandest.


    Ich will nicht irgendwas schreiben, ich habe geschrieben bzw. beschrieben, was ich als essentiellen Teil der Problemlösung ansehe und dass mir das aktuell völlig abgeht (Solidarisierung des muslimischen Teils der französischen Bevölkerung im großen Stil mit Frankreich an sich (Werte) und dem Staatsvolk in Gänze).

    Ich teile deine Meinung jedenfalls nicht. Ein Problem löst sich nicht, wenn man oberflächlich an den Symptomen rumschraubt. In diesem Fall schadet es nichtmal mehr nur langfristig sondern schafft ganz kurzfristig neue Probleme, was wir bei der Wahl wohl bald schon sehen könnten.

    Ja, schön. Musst Du nicht. Warten wir halt, bis sich die koloniale Geschichte Frankreichs irgendwie auflöst, bis die Banlieus verschwinden etc.

    Niemand argumentiert gegen Problemlösung im ganzheitlichen Sinne, ich schon gleich gar nicht. Aber wir haben jetzt ein Problem und wenn man die (Staats-)Bevölkerung nicht halbwegs unter einen Hut bekommt, dann wird man auch keinen Ansatz für ganzheitliche Problemlösung finden, denn dann wird daraus immer nur ein wir gegen die, egal in welcher Zusammensetzung und zu welchem Problem jetzt konkret.

    Den Zeit-Artikel von dem ehemaligen Ditib-Typen fand ich dazu ganz passend.

    In Gesellschaften kann man Probleme eben nicht einfach nur als Sachfragen begreifen, die man technokratisch von oben lösen kann, es sind fast immer auch Fragen der gefühlten Wahrnehmung.


    Aber gut, das führt hier zu nichts.

  • Es geht darum ein Zeichen zu setzen, sich zum Teil der Gesellschaft eines Staates zu erklären, wenn man so will. Wenn das nicht passiert, und ich sehe das schlicht nicht [...]

    Durchaus eine schöne Vorstellung, dass jemand ein Zeichen setzen könnte. Es wäre großartig, wenn ein Zeichen setzen würde. Meine frage wäre: Wie sicher kann man sich sein, dass das nicht bereits der Fall ist ?

    Man (ich nicht) könnte doch sicher mit Marx oder Chomsky argumentieren, dass gewisse Filtereffekte die Sichtbarkeit des Phänomens stark beeinträchtigen.

    Dazu kommt noch das es sich auch innerhalb der Gesellschaft um eine Minderheit handelt, die dementsprechend weniger Sichtbarkeit erlangen kann.

  • Durchaus eine schöne Vorstellung, dass jemand ein Zeichen setzen könnte. Es wäre großartig, wenn ein Zeichen setzen würde. Meine frage wäre: Wie sicher kann man sich sein, dass das nicht bereits der Fall ist ?

    Man (ich nicht) könnte doch sicher mit Marx oder Chomsky argumentieren, dass gewisse Filtereffekte die Sichtbarkeit des Phänomens stark beeinträchtigen.

    Dazu kommt noch das es sich auch innerhalb der Gesellschaft um eine Minderheit handelt, die dementsprechend weniger Sichtbarkeit erlangen kann.

    Relativ sicher.
    Bei diesem Ausmaß an Berichterstattung (über die Anschläge (ja, so nenne ich das jetzt mal)) hätte man mit Sicherheit in den Medien gehört vom Aufruf muslimischer Verbände zu Demonstrationen für Menschenrechte, freie Meinungsäußerung und generell Grundrechten, denen tausende Muslime gefolgt wären.

    Hier ist mal ein phänomenaler Anschlusspunkt für Ökumene, denn einem solchen Aufruf könnten sich auch die anderen Kirchen kaum verschließen.

    Ich habe davon absolut nichts gehört. Du? Wird das totgeschwiegen? Ich wage zu zweifeln.

    Selbst in Polen wird über die Demos gegen den moralischen Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten (Abtreibung) berichtet. Die Art und Weise ist bei den Staatsmedien natürlich eine eigene Diskussion wert, aber totschweigen kann man das nicht, zumindest nicht mehr im Jahr 2020 (ok, in China vielleicht noch/wieder...).

    Was Du mit der Minderheit meinst, erschließt sich mir nicht.

  • Utan

    Das kannst Du alles gern so schreiben und ich würde Dir da auch nicht widersprechen, es geht an einer Problemlösungsorientierung allerdings völlig vorbei.

    Die Diskrepanz zwischen unseren Ansichten scheint mir allerdings darin zu liegen, dass wir offenbar unterschiedliche Auffassungen davon haben was dabei eigentlich das zu lösende Problem sei.


    Nochmal: Wir reden hier über mittlerweile zwei Ereignisse bei denen fundamentalistische Fanatiker auf offener Straße grausame Morde an insgesamt vier Menschen begangen haben. in Frankreich leben derzeit ca. 67 Millionen Menschen.


    Für sich betrachtet sind diese Morde natürlich furchtbar und für die Betroffenen sicher eine absolute Katastrophe. Im gesellschaftlichen Kontext sind das aber - vor allem verglichen mit all dem was an täglich Mord und Totschlag im Rest der Welt außerhalb des goldenen Wertewestens geschieht - einfach nur besonders Klickzahlen- und Einschaltquotenträchtige Produkte des Medienapparates, die von allen möglichen Seiten (von staatsragenden PolitikerInnen, über prominente KommentatorInnen, bis hin zu rechtslastigen Agitatoren und besorgten BürgerInnen im Nachbarland, die den Anlass nutzen, um ihre paranoiden Umvolkungsängste mal wieder als Triggerbait in ein Forum voller Linker Realitätsverweigerer™ zu pushen) - inklusive fundamentalistischer Hassprediger - dazu genutzt werden um ihre jeweiligen politischen und ideologischen Agenden zu verbreiten.


    Selbstverständlich liegen diesen Taten soziale Konflikte zugrunde, die schon seit langem vor sich hin schwelen und nicht erst letzte Woche immer wieder zu gewalttätigen Ausbrüchen geführt haben. Das gleiche gilt aber auch z.B. für das Entstehen von rechten Terrornetzwerke weißer, christlich sozialisierter Menschen, oder von mir aus auch für gezielte Gewalt gegen Menschen die mittlerweile leider auch bei einem zwar sehr kleinen, aber doch immer kompromissloser werdenden Teil der westlichen Linken salonfähig wird.


    Ich plädiere nicht dafür, so zu tun, als hätten wir diese Probleme nicht. Ich bin allerdings - wie immer - sehr dafür, hier nicht Ursachen und Wirkungen zu verwechseln. Wer nun allerdings fordert, die Gemeinschaft der nicht-mordenden und nicht-hasspredigenden Muslime solle sich gefälligst von diesen Gräueltaten distanzieren, mit denen sie erst mal überhaupt nichts verbindet, außer dem nicht von ihnen selbst verschuldeten Umstand, dass sie in die selbe Religionsgemeinschaft hinein geboren wurden wie die Attentäter, der fragt nicht nach den gesellschaftlichen Verhältnissen, die solche Radikalisierungen begünstigen, sondern er sucht nach Schuldigen die sich dafür zu rechtfertigen haben und gegebenenfalls dafür bestraft werden können, wenn sie es nicht tun.


    Das ist keine Debatte über gesellschaftliche Probleme oder ihre Lösungen, sondern Die hilflose Suche nach Projektionsflächen für irrationale Ängste und nach einem Gemeinschaftsgefühl, das sich ausschliesslich auf die kollektive Ausgrenzung von Menschen gründet, denen man damit unterstellt, sie seien nicht willens oder in der Lage, sich wie anständige Mitglieder der Gesellschaft zu benehmen. Und an der Förderung solcher tribalistischen Tendenzen - die das eigentliche Problem nur weiter verschärfen - sollten sich gerade Linke die sich noch für etwas anderes als oberflächliche Identitätspolitik interessieren ganz sicher nicht beteiligen.

  • Das ist natürlich ein furchtbar kluger und sprachlich gewandter Essay, mit allen intellektuellen und - ich will mal sagen - raffiniert durchdachten Argumenten, denen selbst der braunste Intellektelle zustimmen muss, weil die Analyse durchweg klar und vollkommen richtig ist.

    Leider hört dein gelungener Beitrag dort auf, wo er das ideologische 'ClaudiaRoth-Modell' von Gesellschaft selbst reflektieren müsste.

    Das mag der Zeit und auch des Umfangs geschuldet sein.


    Was du also geschrieben hast, - - dem stimme ich voll zu.


    Der Mainstream - eher von links - bezeichnet es als rassistisch, wenn Bewerbungen mit bestimmten Nachnamen oder Postleitzahlen von Unternehmen gar nicht erst angenommen werden.

    Der Vorwurf des Rassismus berücksichtigt dabei überhaupt nicht, den Grund für diesen angeblichen Rassismus, der mMn auf empirischen Erfahrungen beruht, weil Vorgänger oder Vertreter aus diesem Gebiet oder mit ähnlichen Namen sich vollkommen gesellschaftlich daneben benommen haben.

    Das 'Gesellschaftsmodell ClaudiaRoth' bezeichnet es als rassistisch, wenn Menschen aus bestimmten Regionen oder Gebieten oder mit bestimmten Nachnamen weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt, dem Wohnungsmarkt etc. haben. Das klingt zunächst aufgeklärt, modern und plausibel. So ein Denken unterschlägt vehement die Frage nach dem Grund für diesen angeblichen Rassismus - ! Wo liegt der Ursprung der Jahrzehnte gewachsenen Vorurteile?


    Wieso lässt man es aus arabisch-muslimischer Perspektive überhaupt dazu kommen, dass Respekt und Akzeptanz der europ.-westlichen Gesellschaft fehlt, - bereits in den Schulen sichtbar, wo doch gerade die muslimisch geprägten Länder ein viel restriktiveres, auf Anstand und Benehmen, hierarchisches Schulsystem haben und auch die Erziehung innerhalb der Familie auf patriarchalen Strukturen und Gehorsam beruht?


    Haben nicht alle Gesellschaften, weltweit und gleich welcher Religion, das Verständnis, sich möglichst stark und in den Gesellschaften einzugliedern, in die man einwandert? - Weil man ja nicht als Randgruppe oder Fremde betrachtet werden will? Und weil man ja weiß in welche laizistischen, säkularisierten, westlich-konsumorientierten Gesellschaften man einwandert, um Chancen für sein Leben und seine Familie zu bekommen und ein besseres Leben zu führen?


    Wieso braucht es sog. Integrationskurse in Westeuropa?

    Wir tun so, als würden Muslime von einem anderen Planeten kommen und nicht wissen, wie man sich in Gesellschaften, in die man einwandert, verhält. Als wären Muslime Barbaren und müssten lernen, wie man sich gegenüber einer Gesellschaft verhält, die einem viele Möglichkeiten der Entfaltung bietet; mit einem Sozialsystem, das man von woanders her nicht kennt.


    Wie werden die ausschlaggebenden Karikaturen nun in den nächsten Jahren in arabisch-muslimisich geprägten Teilgesellschaften und Moscheen betrachtet werden?


    Wieso findet Identität, zumal in zweiter und dritter Generation, fast manisch über die Religion (Islam) statt?

    Wieso findet Identität nicht über die neue Gesellschaft, in die man ja bewußt und nicht zufällig eingewandert ist, statt?


    Man könnte weiter duzende Fragen stellen - wie ist das nun, deiner Meinung nach, mit der Debatte um Ursachen und Wirkungen, und der Verwechselungsmöglichkeit?


    Die Linke um 'ClaudiaRoths'Gesellschaftsmodell' von "wir sind Kunterbunt und backen fröhlich Pfannkuchen, trommeln und singen Halal-Liedchen" muss sich dringend von der völlig kindischen und gescheiterten Ideologie lösen, dass Zuwanderung grundsätzlich Goldschätzchen sind und ein Gewinn für Deutschland oder Europa ist.

    Einwanderung, das zeigt die Erfahrung in Deutschland seit 50 Jahren und das machen die anderen grossen Einwanderungsländer deutlich braucht akzeptableres Reglement.


    Das rechte Modell, wer hier herkommen will muss bestimmte Bereitschaften mitbringen oder erfüllen, finde ich, ist noch nicht gescheitert.

    Dass (viel) Geld glücklich macht, wer nicht viel hat....das weiss man schon. Aber was kommt, nachdem man genügend Geld hat? Die Gier oder das gesellschaftliche Engagement?


    Zuletzt noch eines: Die immer wieder vorgebrachten angeblichen mehr oder weniger irrationalen ÄNGSTE sind ein Strohmann. Es geht nicht um Ängste, jedenfalls nicht substantiell.

    Vor was soll man Angst haben? Nein es geht darum, was Gesellschaften zusammenhält.

    Das von dir vorgebrachte << hilflose Suchen...nach einem Gemeinschaftsgefüh l>>, das würde ich nicht so blöde darstellen. Das scheint mir essentiell bei der überwiegenden Mehrheit.

  • Es sind mittlerweile über 300 Franzosen die durch den islamistischen Terror getötet wurden. Und zum Glück wurden einige Anschläge verhindert.

    Dieses gegenseitige abwägen von Toten ist albern. Wenn es nur einer ist, ist es einer zuviel. Verstehe nicht, wie man da so reagieren kann. Dieser Versuch Tote zu Rationalisieren ist zwar schön und gut, lässt sich aber ja auf jede Form der Tötung oder Ermordung anwenden und wird ja leider auch oft genug getan. (corona zum Beispiel ja ständig "Es sind ja nur die Alten", Soviele sterben ja nicht dran" und und und)


    Probleme sollten diskutiert und nach Möglichkeit behoben werden. Hier fordert auch keiner den Islam abzuschaffen (wobei ich mir auch Religionen gut ohne ihren politischen Charakter vorstellen kann, sie haben und sorgen heute noch für viel Leid und Terror in der Welt, siehe Bush, Indien usw.), sondern die islamistischen Tendenzen innerhalb des Islams. Genau das geht auch aus der Rede von Macron hervor. Die Reaktion vieler Menschen in der muslimischen Welt war eindeutig.


    Was sind an Forderungen verkehrt, dass die Imame innerhalb Europas ausgebildet werden und nicht mehr aus der wahabistischen Welt eingeflogen werden, wie es Macron vorschlägt. Statt über die spezifischen Ansätze die Macron genannt hat zu diskutieren, wird sich hier ebenfalls darüber aufgeregt, dass er sich diesem Thema überhaupt widmet und ihm direkt rassistische Tendenzen unterstellt und er als Steigbügelhalter der Rechtsextremen defamiert.


    Statt dem gegenüber Rechtsextremismus oder Kreuzrittertum zu unterstellen, sollte man vielleicht einfach mal anfangen, über die spezifischen Problemlagen zu diskutieren, statt sich auf Nebenschauplätze zu verlieren.

  • Nochmal: Wir reden hier über mittlerweile zwei Ereignisse bei denen fundamentalistische Fanatiker auf offener Straße grausame Morde an insgesamt vier Menschen begangen haben. in Frankreich leben derzeit ca. 67 Millionen Menschen.

    Dass es hier erstens nicht um zwei Ereignisse geht, sondern es da irgendwie schon etwas mehr gab, sollte doch wohl klar sein. Charlie Hebdo und so...

    Für sich betrachtet sind diese Morde natürlich furchtbar und für die Betroffenen sicher eine absolute Katastrophe. Im gesellschaftlichen Kontext sind das aber - vor allem verglichen mit all dem was an täglich Mord und Totschlag im Rest der Welt außerhalb des goldenen Wertewestens geschieht - einfach nur besonders Klickzahlen- und Einschaltquotenträchtige Produkte des Medienapparates, die von allen möglichen Seiten (von staatsragenden PolitikerInnen, über prominente KommentatorInnen, bis hin zu rechtslastigen Agitatoren und besorgten BürgerInnen im Nachbarland, die den Anlass nutzen, um ihre paranoiden Umvolkungsängste mal wieder als Triggerbait in ein Forum voller Linker Realitätsverweigerer™ zu pushen) - inklusive fundamentalistischer Hassprediger - dazu genutzt werden um ihre jeweiligen politischen und ideologischen Agenden zu verbreiten.

    Jetzt brauchen wir doch hier keinen Kindergarten aufmachen. Du weißt so gut wie ich, und das kritisieren wir ja alle hier im Forum leider gezwungenermaßen viel zu oft, dass nicht hier, nicht wir idR dasBewertungsmotto von Gesellschaften ist. Was irgendwo im Rest der Welt passiert (an dem wir möglicherweise auch direkt schuld sind) ist für gesellschaftliche Prozesse hier leider relativ irrelevant.


    Und wenn Du die veränderungsmächtige Brisanz dieser Entwicklungen nur aufbauschenden Medien unterjubeln willst, mag das vielleicht sogar stimmen, ändert aber am Umstand schlicht: nichts.

    Ich plädiere nicht dafür, so zu tun, als hätten wir diese Probleme nicht. Ich bin allerdings - wie immer - sehr dafür, hier nicht Ursachen und Wirkungen zu verwechseln. Wer nun allerdings fordert, die Gemeinschaft der nicht-mordenden und nicht-hasspredigenden Muslime solle sich gefälligst von diesen Gräueltaten distanzieren, mit denen sie erst mal überhaupt nichts verbindet, außer dem nicht von ihnen selbst verschuldeten Umstand, dass sie in die selbe Religionsgemeinschaft hinein geboren wurden wie die Attentäter, der fragt nicht nach den gesellschaftlichen Verhältnissen, die solche Radikalisierungen begünstigen, sondern er sucht nach Schuldigen die sich dafür zu rechtfertigen haben und gegebenenfalls dafür bestraft werden können, wenn sie es nicht tun.

    Dafür, Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln, bin ich auch. Nur scheint mir, dass hier im Forum gern mal vergessen wird, dass auch Irrationalität reale Folgen hat. Es ist schlicht egal, ob die Ursache für eine Reaktion auf Ratio beruht oder nicht, die Reaktion ist. Daraus kann man evtl. für die Zukunft lernen, ja (und das sollte man selbstverständlich immer versuchen). Aber was heißt denn das konkret in der hier diskutierten Sache? Können wir die Sensationslogik der Medien irgendwie verändern? Vielleicht kann man sie abschwächen mit mehr Medienkompetenz im Bildungssystem, aber da reden wir von Jahrzehnten Entwicklung. Mehr Spielraum sehe ich da nicht, wir werden also mit ihr umgehen müssen.


    Der Unterschied zwischen Mord und Totschlag in der Welt (und auch Mord und Totschlag durch beliebige Kriminelle hierzulande) und Mord und Totschlag durch Vertreter einer Gruppe vor Ort ist nunmal, dass man vor einer Gruppe vor Ort leicht Angst haben kann und das macht etwas mit einer Gesellschaft. Psychologisch betrachtet verstärkt sich alles, was nur oft genug wiederholt wird und wir leben heute in einer 24/7 Mediengesellschaft. "Die Muslime" sind nach solchen Anschlägen nunmal diese Gruppe, ob sie wollen oder nicht und ob das gerecht ist oder nicht.


    Und nochmal: Ich fordere von Muslimen gar nichts. Ich hielte es nur aus gesellschaftspolitischer Sicht für sinnvoll, da eine gemeinsame Front aus moderaten Muslimen und der restlichen Bevölkerung gegen Extremisten aufzustellen. Das menschliche Gehirn denkt nunmal gern in Schubladen und wenn man sich das (und die oben beschriebene Medien(rezeptions)logik) zunutze macht, kann auch mal etwas Gutes dabei herumkommen.

  • Dafür, Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln, bin ich auch. Nur scheint mir, dass hier im Forum gern mal vergessen wird, dass auch Irrationalität reale Folgen hat. Es ist schlicht egal, ob die Ursache für eine Reaktion auf Ratio beruht oder nicht, die Reaktion ist.

    Verstehe ich nicht.


    Wenn Du damit sagen willst, dass Religion irrational ist, dann kann ich da als Atheist nur zustimmen.


    Allerdings überzeugt man damit keine religiösen Leute. Wie bei jeder Ideolgie ist das innerhalb der eigenen Weltanschauung alles vernünftig. Irrationale Ideologen sind immer nur die anderen.

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